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Nahe Null: [gangsta Fiction]

Nahe Null: [gangsta Fiction]

Titel: Nahe Null: [gangsta Fiction] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathan Dubowitzki
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weißt, du weißt ... Also dann mach, nimm die Knarre und Abmarsch, und komm mir erst zurück, wenn du den Richtigen getroffen hast. Vorwärts ... wer ist da noch? Lass ihn vorbei.« Ktitor legte schwungvoll auf und wandte sich wieder an Jegor. »Ja, also, hör zu. Du drehst mir altes Zeug an, Bruder, hältst mich für blöd.«
    »Wovon redest du, Ktitor?«
    »Ebendavon. Hast du Gedichte mitgebracht?«
    »Ja.«
    »Nalos ...«
    »Das hier ist nicht düster:
     
    >Dort war eine Zeit.
    Dort war auch ein Ort.
    Dort trafen sich, über das Schöne zu reden
    Engel in Weiß
    Dämonen in Schwarz
    Götter, himmlisch gewandet,
    Kinder in Kunterbunt.
    Dort war es sehr laut.
    Dort war es seltsam.
    Der Ort zertrampelt, die Zeit ist verloren.
    Die Engel sangen,
    Die Dämonen heulten,
    Die Götter lachten,
    Und die Kinder - wussten.<«
     
    »Ich hab's doch gewusst!« Als hätte Stas genau das erwartet. »Das hab ich mir gedacht! Das hab ich vermutet! Wieder Metrik! Wieder gebundene Form!«
    »Ich verstehe nicht, wovon du redest.« Jegor verlor die Geduld.
    »Davon, dass schon lange keiner mehr Metrik benutzt. Heute sind
vers libres
modern, freie Verse. Ich hab jetzt einen neuen Lieferanten, der kennt die neuesten Trends. Er kommt gleich, dann siehst du mal echte Klasse. Und von dir, Jegor, will ich mich trennen. Schluss mit unseren Geschäften. Du bist veraltet, hinter der Zeit zurückgeblieben.«
    »Freie Verse sind ganz und gar nichts Neues«, widersprach Jegor. »Die gab's schon bei Whitman. Und vor ihm. Und die Psalmen, die du den ganzen Tag grölst - das sind genauso freie Verse, ohne Metrik und Reim ...«
    »Cheval blanc für mich, Cheval blanc«, rief ein zur Banja hereinflatternder und affektiert gestikulierender nackter Mann, öffnete den Kühlschrank, griff sich, ohne hinzusehen, eine angebrochene Flasche und ein Glas, schenkte sich Wein ein und schaltete den Fernseher an.
    »Ktitor, he, Ktitor, bist du da? Ich komme gleich im Fernsehen. Im Kulturkanal. Wo ist die Fernbedienung? Tag. Jegor? Sehr angenehm. Gennadi. Ach, schon fast zu Ende.«
    Dem nackten Gennadi lächelte von dem beschlagresistenten Bildschirm sein in Brioni gehüllter Doppelgänger zu, noch den letzten Zipfel eines kurz vor dem Einschalten begonnenen deftigen Wortes im Mund, richtete einen zufriedenen Blick auf Jegor und verschwand, verdrängt von einer zerzausten Moderatorin, die grunzte: »Seine Meinung über Albert Mamajews neuen Film
Trügerische Dinge
äußerte schillernd und geistreich der bekannte Filmkritiker Gennadi Ustny.«
    »Schade, zu spät. Na, macht nichts, wird ja in der Nachtausgabe wiederholt.« Gennadi leckte etwas Wein.
    »Gena, lies vor, was du Neues mitgebracht hast«, meldete sich der Ktitor verbergende Dampf. »Und du, Jegor, hör zu, was und wie unsere jungen Genies heute schreiben. Gennadi ist mein neuer Lieferant. Vorwärts, Gena, leg los.«
    »>An diesem Abend, mit krankem Kopf durch die Gassen schlendernd und schüchtern zum Mond blickend, dachte ich an dich, Walt Whitman<«, legte Gena los.
    »Whitman, klar, da hörst du's«, sagte Ktitor.
    »>Hungrig, müde ging ich, mir Heiligenbilder zu kaufen. Und trat unter den Neonbogen eines Supermarktes. Und erinnerte mich an die Aufzählung von Gegenständen in deinen Gedichtem«, fuhr Gena fort.
    »Sie brauchen nicht weiterzulesen«, unterbrach ihn Jegor. »Von wem ist das?«
    »Super«, heulte Stas im Thymian- und Minzenebel.
    »Super, trotzdem, von wem ist das?«
    »Das kann ich nicht sagen«, Gennadi wandte kokett und affektiert die Augen ab. »Ein junger aufstrebender Autor.«
    »Der Autor ist gestorben. In hohem Alter, nebenbei bemerkt. Er heißt Allen Ginsberg. Das ist eine Übersetzung des berühmten Gedichts >A supermarket in California<. Geschrieben vor fünfzig Jahren, glaube ich«, stürzte sich Jegor in den Konkurrenzkampf. »Wenn ich mit altem Zeug handele - dein Gennadi jedenfalls handelt mit Gestohlenem.«
    »Nein!«, riefen Ktitor und sein neuer Lieferant gleichzeitig.
    »Du kannst es überprüfen, ruf jemanden an, der sich auskennt. Oder guck ins Internet«, sagte Jegor, einen leichten Sieg davontragend, nun wieder ruhig und leise.
    »Ist das wahr?«, fragte Ktitor nach kurzer Pause.
    »Erbarmen.« Gennadi brach der Schweiß aus.
    »>Supermarket< also, ja?«, beharrte Ktitor.
    »Ja. Ich wollte das nicht. Ich brauche Geld. Mama ist krank. Für Medikamente. Teure. Mama ... Meine liebe ...« Vor Angst war Ustny schon fast wieder trocken.
    Der herbeigerufene Abakum

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