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Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Aber die
Hyperion
reagierte. Gott mag wissen wie, dachte er verwundert, aber dieser alte Kasten scheint zu verstehen, wie wichtig es für den Captain ist – sogar besser als wir.
    Und doch brauchte die
Hyperion
zwei volle, nervenzermürbende Tage bis St. Clar, denn sie mußte fast gegen den Wind segeln, und keiner an Bord kam zur Ruhe. Wenn die Matrosen nicht beim Segelsetzen waren oder an den Pumpen werkten, hatten sie es mit einer immer länger werdenden Reparaturliste zu tun: es gab zu flicken und zu spleißen, als hinge das Leben davon ab – und das war auch der Fall. Denn obwohl der Wind ständig in den strapazierten Segeln heulte und die
Hyperion
so gefährlich krängte, daß die See über die unteren Stückpforten wusch, knüppelte Bolitho das Schiff ohne Rast oder Rücksicht auf Verluste voran. Es war ein Kampf, in dem Schiff und Kapitän miteinander wetteiferten; der wütende Wind und die grollende See waren beider gemeinsame Feinde.
    Weder Offiziere noch Matrosen beobachteten mehr die gefährlich gebogenen Rahen oder hörten das schmerzliche Jaulen des Rigges. Darüber waren sie hinaus. Wer noch Zeit und Kraft zum Nachdenken hatte, sparte sie für Bolitho auf, der das Schiff durch eine Krise nach der anderen führte und wunderbarerweise weder Essen noch Schlaf zu brauchen schien.
    Während der Vormittagswache des zweiten Tages rundete die
Hyperion
den nördlichen Arm der Bucht und kreuzte dankbar in die Hafeneinfahrt. Aber jede Hoffnung auf eine Atempause schwand sofort bei dem Anblick, der die müde Mannschaft erwartete; und angstvolle Minuten vergingen, bis der Anker ganz vorn, noch zwischen den Armen der Hafeneinfahrt, fiel. Hier, im tiefen Wasser, wo sie vor der vollen Kraft des Windes geschützt waren, hörten sie deutlich das bedrohliche Donnern der Artillerie und gelegentlich auch das Krachen einstürzenden Mauerwerks, wenn eine wohlgezielte Kanonenkugel ein Haus in der Stadt getroffen hatte.
    Bolitho suchte mit dem Glas die Uferfront ab und sah den großen Rauchpilz hinter den geduckten Häusern, die wüsten Narben und Löcher. Er hatte so weit draußen ankern müssen, weil der innere Hafen voller Schiffe lag, die das Geschützfeuer von draußen hereingetrieben hatte. Die
Tenacious
und die
Princesa,
das spanische Schiff, lagen am nächsten bei der Stadt; zwei Transporter schwo jten an den Ankertrossen und hatten kaum genug Zwischenraum, um nicht zu kollidieren, wenn der Wind plötzlich umsprang. Bolitho schob das Glas heftig zusammen. Zusammengetrieben. In der letzten Zuflucht, die ihnen noch blieb und im Angesicht des Feindes zusammengedrängt. Keine Rückzugsmöglichkeit mehr. Nur noch die See im Rücken.
    »Mein Boot!« befahl er scharf. »Ich fahre ins Hauptquartier zum Admiral.« Er hatte sofort gesehen, daß die Admiralsflagge nicht mehr auf der
Tenacious
wehte.
    Herrick kam raschen Schrittes nach achtern. »Soll ich mitkommen, Sir?«
    Bolitho schüttelte den Kopf. »Sie übernehmen das Schiff, bis ich zurückkehre. Passen Sie gut auf die Ankertrosse auf, damit sie sich nicht losreißt und zu ihrer alten Feindin an die Küste treibt.« Trübe starrte er auf die verkohlten Reste der
Saphir
unterhalb des Leuchtfeuers. »Anscheinend sind wir gerade zum letzten Akt der Tragödie zurechtgekommen. «
    Allday kommandierte die Männer an den Davits, die sein Boot über die Leeschanz abfierten. »Ich nehme Mr. Inch und zwölf gute Männer, bewaffnet und in anständigen Uniformen. Ganz gleich, wie es steht, meine Leute sollen nicht wie ein Haufen Zigeuner aussehen.«
    Gossett sagte in die Luft hinein: »Wie ich sehe, ist die
Vanessa,
das Transportschiff, ausgelaufen. Kann froh sein, daß sie weg ist.« Bolitho ließ sich von Gimlett in den Uniformrock helfen. Daß die
Vanessa
St. Clar verlassen hat, dachte er grimmig, ist noch der einzige Lichtblick an diesem Wolkenhimmel. Er hatte Ashby ausdrücklich angewiesen, das Mädchen auf das erste Schiff zu setzen, das nach England auslief, hatte Cheney Geld und einen Brief an seine Schwester in Falmouth mitgegeben. Wenn sie es tatsächlich bis nach Falmouth schaffte, würde sie gut versorgt sein.
    »Boot ist klar, Sir.« Leutnant Rooke sah ihn gespannt an. »Sieht so aus, als sei alles umsonst gewesen, Sir, nicht wahr?«
    Bolitho zog den Dreispitz fest in die Stirn und entgegnete: »Ein kalkuliertes Risiko ist niemals völlig umsonst, Mr. Rooke. Als Kartenspieler müßten Sie das doch wissen.« Dann kletterte er eilends ins Boot, wo Inch und seine Abteilung

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