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Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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näherte. Noch eine Viertelstunde, dann mußte er wenden. So oder so. Mit eiserner Beherrschung sprach er weiter: »Die Frogs können uns zu Kleinholz hauen, Sir. Und wenn wir wirklich bis zur anderen Seite des Hafens kommen und einen Landeversuch machen, dann warten sie schon am Ufer auf unsere Boote.«
    Er sah Moresbys verzweifelte Miene und konnte seine Erwägungen nur ahnen. Was der Admiral zu diesem Zeitpunkt auch unternahm, es mußte zum Ruin seiner Laufbahn führen. Ein AchtzigKanonen-Schiff vernichtet, seine Mannschaft verbrannt oder gefangengenommen, und dazu noch die französische Flagge über Cozar, unberührt, unerreichbar! Schließlich verdrängte Bolitho sein Mitleid und sagte rauh: »Um Gottes willen, Sir! Gegen diese Geschütze können wir nicht an!«
    Da blickte Moresby zu seinem Admiralswimpel hoch, der am Vormast flatterte, und sagte mit seiner alten Entschlossenheit: »Führen Sie Ihr Schiff, wie Sie wollen, Bolitho! Aber wir werden vor diesen verräterischen Hunden nicht kneifen!« Kirschrot vor Wut schrie er: »Jetzt nicht – und niemals! Das ist mein letztes Wort!«
    Bolitho blickte ihm fest und kalt ins Gesicht und trat zur Reling.
    »Steuerbordbatterie feuerklar, Mr. Quarme! Volle Elevation! Wir feuern, sobald wir die Landzunge gerundet haben.« Flüchtig sah er hoch: noch verdeckte ein Berggrat das Schiff vor den feindlichen Kanonieren. Aber es war nur eine Frage der Zeit, bis die
Hyperion
ins Schußfeld von mindestens sieben Geschützen schwersten Kalibers geriet.
    Auf allen Decks pfiffen die Bootsmannsmaaten den Befehl aus, und die Geschützmündungen beider Batterien hoben sich mit metallischem Kreischen himmelwärts. Als dann der Schatten des Schiffs beinahe den Fuß der Klippe streifte, senkte sich tiefes Schweigen über alle Decks; sogar das Dröhnen der feindlichen Kanonen war verstummt.
    Ashbys Marine-Infanteristen, die in dichtem Pulk im Achterschiff in Bereitschaft gestanden hatten, verteilten sich jetzt auf Deck und in den Netzen, die geladenen Musketen schußbereit. Leutnant Shanks, Ashbys Stellvertreter, stand an der Kampanjereling, den schweren Schleppsäbel noch in der Scheide; trotzig schien er die hoffnungslose Unterlegenheit von Musketenfeuer gegenüber glühenden Kanonenkugeln zu ignorieren.
    »Sir!« rief Caswell eben, »die
Princesa
dreht ab!«
    Tatsächlich. Ob der Anblick der auf die Küste zuhaltenden
Hyperion
den spanischen Kapitän erschreckt oder geängstigt hatte – jedenfalls entschied er sich dafür, dem eigenen Urteil zu gehorchen und nicht dem letzten verzweifelten Signal Moresbys.
    »Dieser feige Hund!« murmelte der Admiral heiser. »Den lege ich für diese Schweinerei in Eisen!«
    Bolitho ignorierte ihn, was angesichts des nahen Todes für sie alle nicht auffiel. Seine Angst vor Verwundung und Qualen unter dem Messer des Schiffsarztes, die ihn sonst jedesmal vor einer Seeschlacht befiel, war einer dumpfen Resignation gewichen. Seltsam – wäre er nicht so eigensinnig und hartnäckig gewesen, hätte er jetzt noch in Kent Rekruten anwerben können. Er dachte an Moresbys Starrköpfigkeit und wurde plötzlich wütend. Daß seine Leute – mochten sie nun aus Vaterlandsliebe aufs Schiff gekommen sein oder weil der blinde Zufall sie einem Preßkommando in die Fänge getrieben hatte – ihr Leben einem Mann wie Moresby anvertrauen mußten, der, wenn alles schiefgegangen, wenn bewiesen war, daß er falsch gehandelt hatte, keinen anderen Rat wußte als einen sinnlosen Heldentod! Und wenn dann die alten Planken der
Hyperion
neben denen der
Märte
verrotteten, würde die französische Flagge immer noch über der Festung wehen!
    Ein breiter Strahl Sonnenlicht fiel über das Achterdeck, und mit Schrecken bemerkte Bolitho, daß sein Schiff bereits in das ruhigere Wasser der Hafeneinfahrt glitt. Dort drüben lag der fernere Landarm der Einfahrt, ein unvollendeter Wall, dessen Steine in der Sonne glänzten wie die Zähne eines Riesen. Er konnte jetzt die kleine Schaluppe ausmachen, die in einer Bucht zwischen hohen Hügeln wie im Schütze grüner Mauern vor Anker lag. Ein paar winzige Gestalten ruderten in einem Kutter an ihrem Bug vorbei, ohne sich um das zu kümmern, was sich unterhalb der Festung abspielte. Sie waren so unbekümmert, daß sie zu rudern aufhörten, als sich der Bugspriet der
Hyperion
in die Einfahrt schob; ja, ein Mann stand sogar auf und spähte herüber.
    Bolitho klammerte sich an die Reling, fühlte sein Herz wie mit Trommelschlegeln gegen seine

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