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Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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der
Fairfax
gar nicht zu verwechseln. Sie ist älter und kleiner!« Und mancher in seiner Nähe nickte dazu.
    »Eine gute Frage, Mr. Quarme.« Bolitho verschränkte die Hände hinter dem Rücken. »Dennoch weiß ich aus Erfahrung, daß die Menschen gewöhnlich das sehen, was sie erwarten.« Ganz langsam blickte er sich im Kreise um. »Und der Feind wird eine Schaluppe sehen, die von der
Hyperion
gejagt wird. Sie we rden auf uns feuern, um ihr Deckung zum Einlaufen zu geben. Wenn sie merken, was wirklich gespielt wird, ist die Schaluppe bereits im Hafen und so dicht am Pier, daß sie sich im toten Winkel der französischen Geschütze befindet.«
    Jeder hörte ihm jetzt mit gespannter Aufmerksamkeit zu. Selbst die Midshipmen reckten die Hälse, um ihn besser zu verstehen.
    »Es muß allerdings schnell gehen, meine Herren«, fuhr er fort.
    »Die Franzosen können jetzt jeden Moment Verstärkung senden. Und ein scharfäugiger Ausguck könnte den Unterschied zwischen den beiden Schaluppen erkennen, ehe wir im Hafen sind. Aber die Garnison hier besteht aus Landsoldaten. Brauche ich noch mehr zu sagen?« Überraschenderweise gab es tatsächlich hier und da Gelächter. Das war wenigstens ein Anfang.
    Bolitho blickte sich um. »Haben wir eine französische Flagge? Die neue, meine ich.«
    Mehrfaches Kopfschütteln.
    Bolitho suchte mit den Augen den grauhaarigen Segelmacher.
    »Schön, Mr. Buckle, Sie haben dreißig Minuten, um eine anzufertigen. Also fangen Sie an!«
    Er wartete die Antwort nicht ab, sondern wandte sich an den Stückmeister der
Hyperion
. »Mr. Pearse, Sie können sofort mit dem Verladen der Karronade beginnen. Suchen Sie eine gute Mannschaft aus und nehmen Sie das Boot, das Ihnen am geeignetsten scheint.«
    Er blickte ihm nach, der hinter dem Segelmacher die Kajüte verließ, und fuhr gelassen fort: »Bei unserem letzten Angriff waren wir minutenlang durch eine Landzunge vor der Batterie gedeckt. Wenn wir unser Schiff auf dem gleichen Kurs halten wie damals, wird der Gegner wahrscheinlich schnell ein paar Geschütze von der anderen Seite so verlegen, daß er besser feuern kann. Inzwischen werden sie ziemlich selbstsicher sein und voraussetzen, daß wir nicht direkt vor ihre Kanonen segeln. Dadurch bekommt die Schaluppe sogar noch bessere Chancen.«
    Erregtes Gemurmel. Das war zumindest ein Plan. Allerdings gab es noch vieles zu klären und zu erklären. Aber ein Plan war es immerhin.
    »Also schön, meine Herren, Sie können gehen. Fangen Sie an. Ich komme gleich an Deck und kümmere mich selbst um die erste Phase.«
    Als sie die Kajüte verließen, wandte sich Bolitho nochmals Lieutenant Bellamy zu. Von diesem hatte er irgendeine Äußerung, vielleicht sogar Protest erwartet; aber Bellamy hatte nichts gesagt, und Bolitho war keineswegs sicher, daß er auch nur die Hälfte von dem begriffen hatte, was da auf ihn zukam.
    »Danke sehr, Bellamy«, sagte er. »Sie waren mir eine große Hilfe.«
    Der Leutnant starrte ihn an und schluckte. »Tatsächlich?« Er schluckte nochmals. »Äh – vielen Dank, Sir.«
    Bolitho folgte ihm an Deck und sah ihm nach, wie er unsicheren Schrittes zur Fallreepspforte ging. Dann atmete er ganz langsam aus. Da hatte er sich allerhand geleistet, wirklich! Er hatte Lord Hood nicht gemeldet, daß das Unternehmen Cozar gescheitert war. Er hatte sich den Oberbefehl über eine Aktion angemaßt, die verlustreich und katastrophal enden konnte. Er hatte sogar eine Depeschen und Post befördernde Schaluppe widerrechtlich angehalten, für seine Zwecke eingesetzt und wahrscheinlich der Vernichtung preisgegeben.
    Er blickte zum Masttopp auf und sah, daß der Wimpel sich hob und in der auffrischenden Brise flatterte. Wenn es davor noch irgendein Argument gegen diese Aktion gegeben hätte – jetzt gab es keines mehr. Die Konsequenz seiner ersten Anweisungen machte jeden Widerruf unmöglich. Zweifeln hatte jetzt keinen Sinn mehr. Bolitho ging zur Wetterseite hinüber und schritt dort in tiefer Konzentration auf und ab.
    Mit einem heftigen Ruck erwachte Bolitho und starrte sekundenlang zu Allday hoch, der, einen schweren Krug in der Hand, über ihn gebeugt stand.
    »Tut mir leid, daß ich Sie wecken muß, Captain«, sagte er mit seiner gelassenen Stimme, »aber es wird schon hell.« Er hob den Krug und goß den heißen Trank ein, während Bolitho seine Gedanken sammelte und sich in der winzigen Kajüte der Schaluppe umsah. Oberhalb des Sessels, in dem er tief erschöpft eingeschlafen war, konnte er

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