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Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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paar Anfragen im Parlament, Leach. Aber vermutlich kümmert sich kein Mensch darum. Manche werden der Ansicht sein, daß ein Transport von Verbrechern das Land schon zu viel Geld kostet, besonders jetzt, da wir wieder im Kriege mit Frankreich sind. Diese Leute werden es für durchaus vernünftig halten, daß die Sträflinge ihre Überfahrt sozusagen abarbeiten.«
    Jedoch Leach war eigensinnig. »Aber Sie – halten auch Sie es für richtig?«
    Bolitho verschränkte die Finger unterm Ti sch. »Das geht Sie nichts an, Leach!« Er sprach schärfer als beabsichtigt und wußte, daß Leach seine innere Unsicherheit daran so deutlich erkannte, als hätte er seine wahren Gedanken laut ausgesprochen.
    Tudor sah zu Boden. »Wenn das so ist…«
    Auf einmal wurde Bolitho wütend. »Wenn das so ist, dann wollen wir die Sache unverzüglich in Angriff nehmen, nicht wahr, Tudor?«
    »Soll ich den Kapitän der
Justice
informieren, Sir? « versuchte Leach die Spannung zu lockern. »Er ist ein schwieriger Mann und hat für die Marine nicht viel übrig.«
    »Ich werde es ihm selbst sagen«, erwiderte Bolitho und schritt zum Fenster. »Keine angenehme Aufgabe.«
    Leach wechselte das Thema: »Ich höre, Sie brauchen einen Ersten Offizier, Sir? Mein eigener ist ein guter Offizier, bei dem längst ein Avancement fällig wäre.«
    Bolitho starrte zum Sträflingsschiff hinüber, als sähe er es zum erstenmal. »Danke, Leach, das ist anständig von Ihnen. Sowohl mir gegenüber als auch Ihrem Leutnant, den Sie vermutlich nicht gern verlieren würden.« Er schüttelte den Kopf. »Aber damit müssen wir noch eine Weile warten. Der Wind krimpt die ganze Zeit und frischt immer mehr auf. Wir müssen bald weg, sonst kommen wir nicht mehr raus und müssen den Sturm auf Reede abwettern.«
    Leach nickte. »So weht es schon seit Tagen vom Atlantik.« Er stand auf und griff nach seinem Hut. »Ich bin ganz Ihrer Meinung. Wir müssen möglichst bald in See gehen.«
    Bolitho geleitete die beiden Offiziere an Deck. Als sie in ihren Booten waren, befahl er: »Meine Gig, bitte! Ich will zur
Justice
hinüber.«
    Am kurzen Blickwechsel seiner Offiziere merkte er, daß sie ganz genau wußten, was vor sich ging. Neuigkeiten liefen auf irgendwelchen geheimnisvollen Wegen schneller von einem Schiff zum anderen als durch das ausgeklügeltste offizielle Signalsystem.
    »Haben Sie Befehle, Sir?« fragte Rooke.
    »Besorgen Sie mittlerweile so viel frisches Obst, wie die Boote tragen können. Aber um acht Glasen gehen wir ankerauf, verstanden?«
    Damit kletterte er ins Boot und wickelte sich in seinen Mantel, als wolle er seine Gedanken vor den Blicken der neugierigen Matrosen verbergen.
    »Ablegen! Zu-gleich!« blaffte Allday. Leise sagte er über Bolithos Schulter: »Komischer Name für ‘n Sträflingsschiff, Sir. Aus dem Bodmin-Gefängnis sind ein paar Leute deportiert worden, die haben bloß mal ‘n Brot gestohlen. Ist das vielleicht
Gerechtigkeit

    Bolitho duckte sich vor dem Sprühwasser, das wie Hagel über ihn wegpeitschte. Seltsam, daß Allday und seinesgleichen, die selber gewaltsam zur Marine gepreßt worden waren, so viel Mitgefühl für diese Leute, aber keines für ihre Kameraden empfanden, die wie sie selbst Heimat und Familie entrissen worden waren. Doch genau wie Allday wußte er, daß es da Unterschiede gab; und auch wenn er sich nicht daran stören durfte, würden sie ihm doch ständig bewußt bleiben.
    »Boot ahoi!« ertönte eine grobe Stimme vom verwitterten Deck des Transporters herab.
    Laut und deutlich antwortete Allday: »Kommandant Seiner Majestät Linienschiff
Hyperion
kommt an Bord!«
    Bolitho erschauerte unter seinem Mantel. Die
Justice
stank nach menschlichem Zerfall, nach Verwesung.
    Kapitän Hoggan von der
Justice
stand mit verschränkten Armen mitten in seiner unordentlichen Kajüte und betrachtete Bolitho unverhohlen amüsiert. Er war ein muskulöser Mann mit dickem, ungekämmtem Haar; sein schwerer Rock, der für den Nordatlantik besser geeignet gewesen wäre, sah aus, als hätte er darin geschlafen.
    »Wenn Sie dachten, ich hätte was dagegen, haben Sie sich getäuscht.« Er deutete auf eine Schnapsflasche. »Möchten Sie ein Glas, bevor Sie gehen?«
    Bolitho blickte sich in der Kajüte um. Seekisten und Gepäckstücke aller Art türmten sich an den Wänden; es gab auch ein blankes Gestell mit Musketen und Pistolen. Wie kam ein ehrlicher Seemann dazu, so einen Posten anzunehmen? Ein Schiff zu befehligen, das sein Geld verdiente,

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