Nahkampf der Giganten
eine Fregatte. Hätte nie geglaubt, daß so was möglich wäre.«
Bolitho sah ihn ernst an. »Zu jeder anderen Zeit wäre ich dankbar, das zu hören, Captain Ashby. Aber jetzt scheuchen Sie um Gottes willen die Leute an die Arbeit!« Eilig schritt er nach Luv hinüber. Fast wäre er in einer glänzenden Blutlache ausgerutscht, als er das Fernglas hob, um nach dem Geleit auszuschauen.
Endlich kam die
Hyperion
von der treibenden Rauchwolke frei, und er konnte die
Justice
sehen. Sie lag ziemlich weit hinter den anderen Schiffen und dem heißen Gefecht dort vorn, das diese ebenfalls in eine Wolke wirbelnden Rauches hüllte. Darüber konnte er die Bramsegel die
Harvester
ausmachen – sie standen also noch, so unwahrscheinlich ihm das vorkam. Ihre meisten anderen Segel waren weg, und eine französische Fregatte schien fast längsseit zu liegen, Rah an Rah.
Dann wurde ihm beinahe schlecht: eine stetig wachsende Flammenwand erhob sich zwischen den beiden Fregatten, und als eine kurze Bö den Rauch wie einen Vorhang teilte, sah er die kleine
Snipe
brennend und wie eine Fackel hilflos vor dem Wind treiben. Sie war entmastet und hatte schon gefährlich Schlagseite. Die tiefen Geschoßspuren auf ihrem flachen Deck, die mit dem Seegang rollenden Leichen neben den zerschossenen, umgestürzten Kanonen verrieten ihm, daß sie bei diesem Gefecht nicht untätig zugeschaut hatte.
Die Transporter schienen, da sie von der kämpfenden
Harvester
geschützt wurden, noch intakt zu sein; doch als der Rauch sich wieder einmal lichtete, schor die zweite französische Fregatte aus und nahm deutlich Kurs auf die
Vanessa.
Die Fregatte hatte zwar ihren Besantopp eingebüßt, aber dem schwerfälligen Kauffahrer war sie noch mehr als gewachsen. Zwei Buggeschütze auf ihrem Vorschiff hatten das Feuer eröffnet; unbewegt sah Bolitho, wie von dem prunkvollen Heck der
Vanessa
Holzstücke absplitterten und hochflogen wie vom Wind gepflückt.
»Ein Strich Backbord!« befahl er heiser, und der Bugspriet der
Hyperion
fuhr suchend an der Reihe ferner Schiffe entlang wie ein stöbernder Jagdhund – hatte der Feind nicht bemerkt, daß sie sich von der
Saphir
gelöst hatten?
Erst als die Fregatte beinahe das Heck des Transporters gekreuzt hatte, wurde es drüben unruhig. Doch da war es bereits zu spät. Wegen der hilflosen
Vanessa
konnte sie nicht zurück, und wegen des Windes konnte sie nicht wenden. Verzweifelt holte sie die Brassen dichter, und mit fast mitschiffs gebraßten Rahen krängte sie in der frischen Brise so stark, daß die Beobachter an Deck der
Hyperion
das kupfern beschlagene Unterwasserschiff im dunstigen Sonnenlicht wie Gold glänzen sahen.
Zielbewußt strebte die
Hyperion
an den Heckaufbauten der
Vanessa
vorbei; ungerührt starrte das Titanenhaupt ihrer Galionsfigur zu dem rauchgeschwärzten Transporter hinüber.
Bolitho hob den Degen; seine Stimme hielt gerade noch einen übereifrigen Geschützführer zurück, der schon an seiner Reißleine zupfte. »Erst beim Abwärtsrollen feuern!« Die Klinge blinkte in der Sonne, und für manchen an Bord der verzweifelten Fregatte drüben war es das letzte, was er auf dieser Welt sah. »Jetzt!« Der Degen fuhr blitzend nieder, und als die
Hyperion
schwer in ein Wellental glitt und die Doppelreihe der Mündungen sich leicht der See zuneigte, barst die Luft unter einer wütenden Breitseite. Es war die erste Salve der Steuerbordbatterie, und die Wucht der Doppelladungen schmetterte mit der zerstörenden Kraft einer Lawine in den ungeschützten Rumpf der Fregatte.
Das feindliche Schiff schien sich taumelnd erheben zu wollen; Vor- und Hauptmast fielen gleichzeitig unter einem wüsten Gewirr von laufendem Gut und weiß aufsplitternden Spieren.
Nur wenige Minuten würde es dauern, bis die
Vanessa
hinderlich zwischen der
Hyperion
und der Fregatte liegen mußte, aber die Geschützbedienungen brauchten kein Antreiben. Als der Bugspriet mit flatterndem Klüver das zerschossene Heck des Transporters passierte, feuerte die gesamte Backbordbatterie nochmals; im Hagel der Geschosse fiel der letzte Mast des Franzosen, und damit war der niedrige Rumpf nur noch ein schwimmendes Wrack.
Wieder brüllten die Männer Hurra, und die Matrosen auf dem Achterdeck der
Vanessa
stimmten ein. Diese war, als die letzte Breitseite an ihr vorüberrauschte, etwas zurückgefallen. Mancher an Bord mußte befürchtet haben, die
Hyperion
könne in ihrer Kampfeswut nicht mehr zwischen Freund und Feind unterscheiden. Inzwischen
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