Naios Begierde (Hüter der Elemente) (German Edition)
oder ich verliere sie für immer. Und nicht nur sie. Ich verliere mein Element. Es … es ist eine lange Geschichte.“
„Wir haben Zeit. Und ich liebe lange Geschichten. Erzähl!“
„Ich bin der Hüter des Elements Wasser. Es gibt vier Hüter, einen für jedes Element. Ich gehöre zum Volk der Apollus. Wir leben unterhalb des Meeresbodens in Aquanien. Es ist ein wenig wie hier. Wir leben an Land in unserer humanoiden Form, den Fischschwanz bekomme ich nur im Wasser.“
„Soll das heißen, wenn du in die Badewanne hüpfst, dann passiert das auch?“, unterbrach Sue neugierig.
Naios lachte.
„Nein, es passiert nicht automatisch, nur weil ich nass werde. Das wäre sehr unbequem. Ich muss die Verwandlung wollen, doch ich kann den Fischschwanz nicht an Land behalten. Er bildet sich automatisch sofort zurück.“
„Erzähl weiter, was hat Michelle mit dem Ganzen zu tun?“
„Für jeden Hüter kommt die Zeit, wenn er seine Auserwählte trifft. Sie werden von den Allwissenden Mächten nach bestimmten Kriterien ausgesucht. Ein Kriterium ist, dass sie, wenn sie das Alter von einundzwanzig erreichen, keine Verwandten mehr haben dürfen, die sie vermissen könnten. Michelle ist eine Waise. Sie hinterlässt hier niemanden, wenn sie mit mir nach Aquanien geht. Im Moment sieht es nur leider nicht danach aus. Wenn sie mir nicht bis zum Tag der Zeremonie ihre Liebe gesteht, dann kann ich sie nicht zu meiner Gefährtin machen, dann fällt mein Element an die Dunklen Mächte. Das wäre desaströs für die Menschen hier, aber auch in anderen Welten, dann würde es viel mehr Tsunamis und andere Katastrophen geben. Ich wäre der erste Hüter seit Anbeginn der Zeit, der sein Element verliert.“
„Moment! Andere Welten? Es gibt andere Welten, als unsere hier und deine Unterwasserwelt?“
„Ja, es gibt viele verschiedene Welten.“
„Wow! Das muss ich erst mal verdauen. Das ist stark.“
„Es ist eine große Verantwortung, und wenn ich versage, wenn ich Michelle nicht zu meiner Gefährtin machen kann, dann ...“
„Kannst du keine andere Gefährtin finden?“, warf Sue ein. „Ich meine, nicht dass ich mir nicht wünschen würde, dass Michelle ...“
„Nein! Michelle ist die Auserwählte. Sie kann nicht ersetzt werden. Sie wurde auserwählt bei ihrer Geburt. Als sie sechs Jahre alt wurde, haben wir uns in ihren Träumen getroffen. Ein halbes Jahr habe ich sie in ihren Träumen besucht, dann habe ich sie getroffen und ihr meinen Anhänger gegeben. Alle Auserwählten bekommen von ihrem zukünftigen Gefährten einen Anhänger. Nachdem ich ihr den Anhänger überreicht habe, wurde ihre Erinnerung gelöscht und man gab ihr die falsche Erinnerung, dass ihr Vater ihr den Anhänger geschenkt hat.“
„Du meinst den Anhänger, den sie immer trägt. Den, der aussieht wie ein Fisch mit dem wunderschönen Stein drin?“
„Genau den. Er ist meine Verbindung zu ihr. Über den Anhänger kann ich fühlen, wenn sie in Gefahr ist oder wenn es ihr schlecht geht. Ich kann sie auch anhand des Anhängers finden.“
„Als sie den Unfall hatte ...“
„Ja. Und als sie in das Becken mit den Haien fiel.“
„Aber wenn sie den Anhänger nicht tragen würde, dann ...“
„Dann könnte ich sie nicht fühlen. Aber das kommt für gewöhnlich nicht vor. Als ihre Erinnerung gelöscht und durch eine falsche ersetzt wurde, haben die Allwissenden Mächte ihr den Glauben eingepflanzt, dass der Anhänger ihr Talisman ist, den sie nie ablegen darf. Es ist wie ein Instinkt für sie. Sie würde sich automatisch unwohl fühlen, wenn sie den Anhänger ablegt.“
***
Michelle stand hinter der Tür und lauschte dem Gespräch. Ihr Herz klopfte wie wild. Auserwählte! Das bedeutete, sie hatte gar keine Chance, ihr Schicksal war von irgendwelchen Mächten schon verplant. Dann waren die Gefühle, die sie empfunden hatte auch nichts weiter, als eine Art implantierter Befehl. Sie hatte nicht so empfunden, weil sie sich zu ihm hingezogen fühlte, sondern weil diese Allwissenden Mächte es so gewollt haben. Und Naios Gefühle waren auch nicht echt! Nichts war echt in diesem miesen Theaterstück. Sicher saßen diese … diese Mächte jetzt irgendwo in ihrem Himmel oder Olymp oder wo auch immer, und amüsierten sich über die Komödie, die sie selbst geschrieben hatten. Nicht mit ihr! Sie war kein verdammter Spielball in irgendjemandes Spiel. Mit Tränen in den Augen wandte sie sich ab und lief zurück ins Schlafzimmer. Dort kletterte sie aus dem Fenster
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