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NAM-Tech: Maschinenbrut (German Edition)

NAM-Tech: Maschinenbrut (German Edition)

Titel: NAM-Tech: Maschinenbrut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Heracles
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intakte Familie, die an genau dem Tag zugrunde ging, an dem Christine starb. Wie hätte er sich damals anders entscheiden können?
    Es hatte zwei Träume gegeben. Gemeinsame Träume. Nicht vereinbare Träume. Es war keine leichte Entscheidung gewesen, aber nun hatte er den wissenschaftlichen Traum wahrgemacht und den von der Familie jemand anderem übergeben.
    Der glatte, gutgekleidete Mann mit dem haarlosen Haupt zog die leere Schale zurück und setzte sich kraftlos auf das weiche Polster. Die weißgekleidete Frau, die kurz hereinkam, um den Raum wieder herzurichten, sah sie ihn dort sitzen, machte kurz »Oh« und verschwand sehr schnell und unauffällig wieder aus seinem Blickfeld.
    Der Mann blieb sitzen.
    Als die Sonne schließlich im Zenit stand und keine ihrer Strahlen mehr das Herz von NAM-Tech erreichte, schimmerte das Oval in einem kühlen, weißen Glanz. In dem leeren Konferenzraum erhob sich Nathan Aether Marksman erneut und mit frischer Kraft. Vergangenes war vergangen. Geschehenes war geschehen. Er würde nicht nach hinten blicken, sondern nur nach vorn.

04 _ Bern [Alter Pfade Neue Schritte]
     
    Als sie die ersten Ausläufer der Zivilisation entdeckte, war Sara nicht ganz sicher, ob sie sich freuen sollte oder nicht. Vor ihr lag der letzte, steil abfallende Hang, der ihren Wandel auf dem Grat der Berge endgültig beendete. Unten glänzten die Felder in frischem Tau, und die Rapidwege, die sich als dünne Linien in die Natur gefressen hatten, leuchteten wie pulsierende Röhren, immer wenn ein neues Paket von Pendlern mit atemberaubender Geschwindigkeit in die große Stadt geschossen wurde. Die fernen Glastürme von Bern schimmerten kunstvoll steril und spiegelten das kalte Blau des Himmels in alle Richtungen.
    Hinter Sara kam das künstliche Wesen, das einst Solomon Switche gewesen war, in seltsam fließenden Bewegungen über karge Felsen und winzige, grüne Gräser heran. Von Kopf bis Fuß hatte Sol sich verändert, und von dem schlaksigen, leicht verwilderten Äußeren war nicht mehr viel übrig geblieben. Das Haupt des Wesens war langgezogen und nach unten zulaufend. Sara kam es wie eine schimmernde Maske vor, durch die zwei Punkte hindurch funkelten, die eine Art Ersatz für seine Augen sein mochten. Arme, Beine und Rumpf hatten ihre menschenähnliche Form behalten, bestanden aber nicht aus Fleisch und Knochen, sondern aus einer Art Plattenkonstruktion, die sich schützend über die Kabel, Platinen und Gelenke gelegt hatte.
    Bis zu den Füßen hatte die Integration offenbar die Ästhetik respektiert, doch an dieser Stelle scheiterte jeder Vergleich mit anderen, aus der Natur bekannten Fortbildungen. Die zusammengesetzte Gestalt bewegte sich auf einem Wust wurmartiger Schlauchsegmente vorwärts, die sich wie Schlangen am Boden wanden, in ihrer Länge rollten oder zur Stabilisierung mit ihren Spitzen in die Erde stießen.
    Ohne, dass sich der Körper mehr bewegte als ein Grashalm in einer leichten Brise, trieben die silbernen Gelenke das Wesen vorwärts und erinnerten Sara an Spinnenbeine, mutierende Wurzeln und Greifwerkzeuge zugleich.
    Sol bewegte sich auf sie zu, blieb ein paar Schritte vor ihr stehen und schwankte langsam im frischen Zug der Bergluft. Seine Stimme drang klar und rein aus den Sprachmodulen, als könne niemand perfekter reden.
    »300 Prozent Präzisionssteigerung in den Gleichgewichtsberechnungen seit dem Einschalten. 100 Prozent Effizienz in der Verarbeitung der Sensordaten. 99,999 Prozent Verlässlichkeit im Gesamtsystem.«
    »99,999?«, fragte Sara.
    »Mehr ist nicht möglich«, sagte er sanft. »Die berühmten
five nines
.« Sein Kopf drehte sich nach hinten. »Es war ein langer Weg.«
    Sara antwortete nicht. Irgendetwas hinderte sie daran, das Gespräch zu beginnen, das sie schon die ganze Zeit beginnen wollte. Das über Sie und Ihn. Das über die Zukunft. Das über NAM-Tech. Sie konnte es einfach nicht beginnen. Einsam setzte sie sich auf einen Stein, das schaukelnde Wesen hinter sich und das große, weite Tal vor sich.
    Vor ihrem geistigen Auge spielten sich erneut die Szenen ab, die sie in der schrecklichen Station durchgemacht hatte und in ihrem Geist erlebte sie den wilden Schock erneut, den sie bei seinem ersten Anblick erfahren hatte. Nach ihrer Flucht und seinem selbständigen Einschalten in der Höhle, hatten sie sich auf den Weg gemacht, um eine möglichst große Distanz zwischen sich und Marie Jouvance zu bringen. An eine Rettung durch NAM-Tech hatte sie nicht zu

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