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NAM-Tech: Maschinenbrut (German Edition)

NAM-Tech: Maschinenbrut (German Edition)

Titel: NAM-Tech: Maschinenbrut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Heracles
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persönlichen Daten, keine Anhaltspunkte über seinen jetzigen Aufenthaltsort, nicht einmal die hart codierte Geräteadresse des Terminals durften über die Leitungen gehen. Und dennoch eine glaubwürdige Identität – reale Daten, zusammengewürfelt aus unzähligen Einzelvorlagen anderer Avatare, so dass die Kontrollmechanismen des Anbieters keinen Verdacht schöpfen konnten. Seine Angaben wurden geprüft und gegen das Licht gehalten, ohne dass das System sich beschwerte. Als die nach Information gierenden Datenfelder ihn nach seiner gewünschten Identifikation fragten, überlegte er nicht lange und übermittelte ihnen dann: »Summer_Sun«.
    In den endlosen Sekunden, die das System benötigte, um seine falsche Identität anzulegen, schossen ganze Himmelsstürme von Gedankengängen durch den menschlichen Geist. Es war alles so einfach hier im Com-Netz. Eindeutige Datenstrukturen, vertraute Informationskanäle und klar definierte Kommunikationsprotokolle basierend auf zwei simplen Zuständen: an und aus. Die Schnittstelle, die das Terminal lieferte, gab ihm alle Möglichkeiten der Interaktion vor. Nach menschlichen Maßstäben eine unermesslich große Zahl, seinen eigenen Berechnungen zufolge jedoch: endlich.
    Das war es vielleicht, was ihn draußen so unsicher machte. Die endlose Anzahl an Möglichkeiten. Die Ungewissheit und die kläglichen Hilfsmittel, die er benötigte, um die Auswirkungen seiner Handlungen und Entscheidungen vorauszusehen. Hier im World-Com gab es Hindernisse und Gefahren – elektronische Wachhunde, Datenspione und Lauscher – aber gegen diese kannte er Mittel und Wege, Methoden und Algorithmen, um sie auf eine falsche Spur zu bringen und seine Präsenz zu verschleiern. Draußen in der Stadt sah das ganz anders aus. Die Gefahr war so groß gewesen, dass er sich tagelang damit beschäftigt hatte, von einer Ecke zur anderen zu kommen. Anfangs nur in Dunkelheit, dann hatte er die Seitenstraßen entdeckt, den Müll, die Abfälle, die Tonnen und Kartons. Und die Decken, die seinen schimmernden Körper bedecken konnten. So hatte er sich nach und nach vorwärts geschlichen. Durch die unwirtlichsten Gegenden und die dunkelsten Gassen. Nicht so wie sie. Nicht mit Hilfe der Röhren oder der übrigen Transportmittel. Langsam und beständig, denn er durfte nichts riskieren.
    In den Sekunden des Datentransfers kam er zu dem Schluss, dass die fremde Welt dort draußen gefährlich und unberechenbar war, während die weltweiten Netze sicher und vertraut waren. Solange er unerkannt seine Nachforschungen betreiben konnte, würde er in den Leitungen bleiben. Risiko minimieren. Ausfälle vermeiden.
    Die aus wenigen tausend Pixeln zusammengesetzte, blinkende Hülle seiner neuen Präsenz erschien auf dem Ausgabeschirm des Terminals.
    Schritt für Schritt folgte er den Knotenpunkten durch die baumartige Verzweigungsstruktur der Oberfläche des Anbieters, bis er eine Auswahl treffen konnte. Textnachricht verschicken. Sein Geist sandte Signale, die seine Finger früher einmal zum Zittern gebracht hätten.
    Das Ende lag vor ihm.
    »Marksman?«
    Mehrere Stunden vergingen, bis eine Antwort kam. Seltsamerweise beschränkte sich der Datenstrom, der durch seine menschlichen Zellen ging, in dieser Zeit auf nicht einmal ein Drittel der Menge, die ihm zuvor in den wenigen Sekunden seiner Anmeldung durch den Kopf gegangen war. Ruhende Bereitschaft.
    Es war nicht erforderlich, die Informationen noch einmal durchzugehen, die Erkenntnisse zu ordnen, oder sich ein neues Bild zu machen. Die Philosophie der Fraktion lag vor ihm, ihre Motivation, ihre Zielsetzung. Fünf Jahre schwelender Konflikte, verdeckter Sabotage und offenen Krieges. Technologische Herrscherkaste richtet die Welt zugrunde. Waffengewalt im Namen toter Nationen, unter dem Deckmantel von Freiheit, Gleichheit und Unabhängigkeit – gerechte Ressourcenverteilung eine propagierte Lüge. Bereicherung der Technokraten am Elend der Völker. Aufträge in Milliardenhöhe für Privatarmeen und Supersoldaten, um die letzten Reste der kostbaren Rohstoffe sicherzustellen und in den Rachen einer nostalgisch verblendeten Verbrennungsmaschinerie zu werfen.
    Dem entgegengestellt konnte es nur einen Weg geben, um die menschenverachtenden, brutalen Auseinandersetzungen und die grotesk steigende Anzahl an zivilen Opfern endlich zu stoppen. Keine Diplomatie, keine Verträge, keine Bündnisse, keine Abkommen. All das hatte es in den vergangenen Jahren zuhauf gegeben, ohne dass die

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