NAM-Tech: Maschinenbrut (German Edition)
verwirrte sie.
»Hast du deshalb nach meiner Nummer gefragt und nicht nach meinem Namen?«
Amirah schaute betreten zur Seite.
»Warum sitzen wir hier, nachdem ich das getan habe, wozu du mich gebrauchen konntest?«
Sie schien nachdenklich zu werden. Dann sagte sie:
»Es gibt durchaus Elektronik hier. Aber Rafah versteckt sie, weil sie Angst vor ihr hat. Sie sagt, Vater benutzt sie, um alles zu kontrollieren.«
»Ist es so?«
Amirah lächelte.
»Ja, vielleicht. Aber ich bin nicht so wie sie, ich habe keine Angst.«
Rico spürte ihre weiche Hand, bevor er die Druckwerte auf seiner Hülle registrieren konnte. Ihre zarten Finger strichen über die wabernde Glut in seinen verspiegelten Wangen.
»Fühlst du das?«
Er hob seinen Arm und umschloss ihre Hand mit fünf glatten Gelenkstücken. Sie zuckte kurz zurück.
»Was fühlst
du
denn?«, fragte er. »Fühle ich mich an wie Eebo? Oder Toshi? Oder wie all die anderen Roboter, die dich unterhalten haben und die euren Haushalt führen?«
»Nein«, lachte sie, »du bist anders.«
Von da an kam es ihm so vor, als spüre er die Wärme auch in ihren Worten.
Der Spiegel bricht in der Mitte auseinander und lässt keine Scherben zurück, die ihn an die Liebe seiner Blume erinnern könnten. Gefühle lassen sich nicht halten. Die gespeicherten Bilder sind leblos und tot, und im grellen Licht der staublosen Herrscherresidenz wird das Feuer an seiner Seite wieder zu einem Körper, der sich langsam aus seiner Nähe löst.
Der weite Raum, der unscheinbares Kristall aufspannt, durch das die Grenzen der weiten Welt zu sehen sind, empfängt sie mit weißer, flächiger Marmorstruktur und dunklen, langgliedrigen Holzstatuen von Löwen und Elefanten. Die Decke wirft Glasblasen herab, deren Bäuche ihre Abbilder einfangen, wenn sie stehen bleiben, und wieder entfliehen lassen, sobald sie sich bewegen. Roter Seidenflor kriecht über den Boden, wird in der Mitte des Raumes zu einem sternförmigen Eiskristall und klettert die drei Stufen hinauf, die im offenen Halbkreis vor ihnen liegen. Am Ende des Aufstiegs beginnt ein breiter Tisch, geschwungen wie die Skulpturen und dennoch unendlich massiv, so dass der Mann, der dahinter sitzt – die Ellbogen auf das Holz gestützt und die Hände vor dem Kinn zusammengelegt – der Spitze einer Pyramide gleicht, die unter einer dunklen Masse schwarzen Sandes hervorschaut.
Der Fahrstuhl hinter ihnen schließt sich, und die Pyramide erhebt sich. Rasul bin Yunus al Wahed hat Zeiten gesehen, in denen Araber nicht mehr Araber waren. In denen ein gieriger Schlund voll dreckiger Dollar das schwarze Blut des Volkes getrunken hat. Er hat die Flagge der Habgier zerrissen und das Licht von fünfzig Sternen herab geschmettert, um den Wohlstand in die Wüste zu bringen. Seine Firma gleicht einem Imperium und seine Wirtschaft ist der Krieg. Er kennt Rachsucht und Mordlust, Feigheit und Stolz. Er hat alles gesehen. Aber was sich ihm in diesem Augenblick bietet, das hat er noch nicht erlebt, denn seine Tochter kommt mit der leblosen, heimtückischen Metallfigur zu ihm, in deren Arme sie sich geworfen hat, um die Würde seiner Familie und seiner Herrschaft in den Staub zu treten.
Rico sieht den Scheich von Quatai vor sich, den obersten Befehlshaber des Söldnerheeres von Trans-Humaine. Er sieht den funkelnden Zorn in seinen Augen und er hört die wütenden Worte, die der herrische Vater seiner Tochter vorwirft. Er sieht ihre Tränen und seine schillernden Augen. Und er weiß, dass er ihm zum Gehorsam verpflichtet ist. Vielleicht mehr als verpflichtet. Vielleicht konditioniert. Vielleicht programmiert.
Al Wahed wischt die Einwände seiner Tochter beiseite, überhört ihre Bekenntnisse von Zuneigung und Liebe und hat nur Hohn und Spott für sie übrig. Als sie schließlich beginnt, die reine Seele des künstlichen Wesens zu beschreiben, fährt er sie so heftig an, dass sie hastig schweigt.
»Du dummes Kind«, sagt al Wahed. »Sieh ihn dir an! Kannst du einen Haufen Drähte lieben? Ein Stück Blech? Ich habe dir Figuren gegeben, die schöner sind als diese. Roboter mit tausend Sprachen und tausend mal tausend Funktionen. Was ist mit ihnen? Willst du sie nicht mehr?«
Amirah weigert sich zu antworten.
»Von all dem Spielzeug musst du dir dieses aussuchen und es lieben! Wie einen Ehemann! Du bist dumm. Ich habe dich verwöhnt und verzogen. Dein Geist ist nicht mehr klar. Willst du mit ihm Kinder zeugen?« Sein schallendes Lachen füllt den Raum. »Ich zeige
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