Namibia
des Bruttoinlandsproduktes bis 2010. Nach offiziellen Angaben ist jeder fünfte Namibier mit dem HI-Virus infiziert, innerhalb der arbeitenden Bevölkerung (19–49-Jährige) ist es sogar jeder vierte.
Aids ist die Todesursache Nummer eins in Namibia. Schätzungen zufolge wäre die durchschnittliche Lebenserwartung im Jahr 2010 ohne Aids auf 65 Jahre gestiegen, durch die Seuche ist sie auf 51 Jahre gefallen.
Die rasante Ausbreitung von HIV/Aids
In Afrika wird die Aids-Krise durch die extreme Armut verschärft. In den Städten Namibias gelten 22 % der Haushalte als verarmt, in den ländlichen Gebieten erschreckende 60 %. Begünstigend auf die Ausbreitung der Seuche wirken sich außerdem die instabilen Familienverhältnisse aus, die durch die immer noch weit verbreitete Spaltung der Familien hervorgerufen werden: Die Frauen bleiben mit den Kindern in den Dörfern, während die Männer versuchen, in den Städten Arbeit zu finden. Nur durchschnittlich zweimal pro Jahr können sie ihre Familien besuchen. Hinzu kommen Alkoholismus und eine Arbeitslosenrate von 50 %, all dies fördert Promiskuität und Prostitution.
Hauptursache der erschreckend schnellen Ausbreitung des HI-Virus ist jedoch die mangelnde Aufklärung. Laut der UNICEF-Studie zum Aids-Gipfel 2001 weiß die Hälfte aller Mädchen in Entwicklungsländern nicht, dass ein gesund aussehender Mensch HIV-infiziert sein kann. Das namibische Gesundheitsministerium konstatierte in seiner Analyse 2005, dass (nur) etwa 50 % der Bevölkerung über ein ausreichendes Wissen über die Krankheit, Ansteckungswege und Behandlungsmöglichkeiten verfügt. Vielen Namibiern sind die Übertragungswege des Virus und die Möglichkeiten, sich davor zu schützen, nach wie vor unbekannt. Der Zusammenhang zwischen ungeschütztem Sex und der Ausbreitung der Krankheit wird teilweise noch nicht verstanden. Dadurch fallen Mystifizierungen und Scharlatanerie auf fruchtbaren Boden. Exemplarisch ist die tragische Geschichte eines elfjährigen Mädchens, das von einem Aids-Kranken vergewaltigt wurde. Ein Medizinmann hatte dem Täter gesagt, dass er, wenn er mit einer Jungfrau Geschlechtsverkehr hätte, von allem Übel reingewaschen würde. Das Mädchen ist jetzt HIV-positiv und lebt im Bernhard Nordcamp Centre, einem Aids-Hilfe-Projekt mit Suppenküche für Aids-Waisen in Katutura. Ähnliche Geschichten hört und liest man in Abwandlungen immer wieder, dieser Glaube scheint erschreckend weit verbreitet zu sein.
Die steigende Anzahl der Aids-Waisen ist eine besonders traurige Auswirkung der verheerenden Krankheit. 2005 hatten bereits 14 % (rund 150 000) der Kinder unter 15 Jahre einen oder beide Elternteile durch Aids verloren. Laut UNICEF-Sprecherin Namibias, Khin-Sandi Lwin, werden 2020 ein Drittel aller namibischen Kinder Aids-Waisen sein, wenn es nicht gelingt, die Seuche vorher in den Griff zu bekommen. Viele der Kinder sind selbst infiziert.
Therapie und Aufklärung
Das Stigma, mit dem HIV/Aids auch in Afrika behaftet ist, wirkt sich verheerend sowohl auf die Neuinfektionsrate als auch auf die Betroffenen aus. An Aids Erkrankte werden mitunter sogar von ihren Familien verstoßen.
Namibia ist jedoch eines der Länder, in denen die Regierung vergleichsweise offen mit der Aids-Problematik umgeht. Die namibische Regierung, insbesondere das Gesundheitsministerium, arbeitet sehr eng und konstruktiv mit NGOs (Non-governmental organisations), Kirchen undgemeinnützigen Organisationen zusammen. In den letzten Jahren wurden umfassende, flächendeckende Programme zur Bekämpfung der Seuche ins Leben gerufen.
Das Gesundheitsministerium hat beispielsweise bereits 2001 die HIV/Aids-Medienkampagne
take control!
gestartet. In fast jeder Tageszeitung finden sich seitdem kleine oder ganzseitige Anzeigen, in denen für
Safer Sex
geworben wird. An vielen Teerstraßen, besonders auf der Hauptroute in den Norden, weisen große Plakate auf die Notwendigkeit des Gebrauchs von Kondomen hin. Kondome sind vielerorts kostenlos erhältlich.
Seit 2003 gibt es in fast allen Krankenhäusern die antiretrovirale Therapie (HAART – „Highly Active Anti Retroviral Therapy“). Die Einführung dieser entscheidenden, lebensverlängernden Therapie auf breiter Ebene wurde erst möglich durch die finanzielle Unterstützung mehrerer kirchlicher Organisationen und einiger Industrieländer, beispielsweise Deutschland, sowie die Senkung der Preise für die ARV-Medikamente auf dem internationalen Markt. Bislang kommt die
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