Namibische Nächte (German Edition)
Nase zu bekommen, aber mit seiner Jacke um die Schultern war das unmöglich. »Es war sehr gut. Nur die Leute haben mich genervt.«
»Sie sind als Touristen hier, wie du«, bemerkte Kian ausdruckslos.
Vanessa empfand das eher als eine Frage denn als eine Aussage. »Ja«, bestätigte sie. »Aber sie wollen das Land bereisen. Jedes Mal, wenn ich antworte, dass ich hierbleiben will, komme ich mir vor, als hätte ich gegen ein ungeschriebenes Gesetz verstoßen.«
»In vierzehn Tagen durch Namibia.« Kians Mundwinkel zuckten. »Wie in achtzig Tagen um die Welt. Als ob es nur darauf ankäme, in möglichst kurzer Zeit möglichst viel zu sehen.«
»So ist es wohl. Sie haben Angst, etwas zu verpassen. Namibia ist so groß.«
Eine Spannung erfüllte die Luft, als müsse gleich etwas geschehen. Sie unterhielten sich über alltägliche Dinge, doch in Wirklichkeit lag da etwas auf der Lauer, das nicht alltäglich war. Wie ein Raubtier, das auf Beute wartete.
Sie versuchte, sich durch ein Lachen von der Spannung zu befreien, aber es klang nervös. »Ich habe ja auch wirklich noch nicht viel vom Land gesehen. Kaum angekommen, hole ich mir schon einen Sonnenstich.«
»Das war allerdings sehr dumm von dir.«
Vanessa zuckte zusammen. Sie spürte es wie einen Schlag, und sie hätte ihn am liebsten zurückgeschlagen. War denn ein ganz klein wenig Mitgefühl zu viel verlangt? Sie presste die Lippen aufeinander. »Damit sind wir dann ja wieder beim Thema«, quetschte sie wütend hervor.
Sie hätte schwören können, dass er sich über sie amüsierte. Sie kannte dieses Gefühl, das er in ihr hervorrief, wenn er sie nicht ernstnahm. Sie hatte es damals gehasst, und sie hasste es jetzt. Schnell griff sie an ihre Schulter. »Hier, deine Jacke. Ich brauche sie nicht mehr. Ich gehe in mein Rondavel zurück.«
Er schien ihren ausgestreckten Arm nicht zu bemerken, mit dem sie ihm die Jacke hinhielt. »Schon gut«, sagte er. »Behalt sie. Die Maid kann sie morgen mitnehmen, wenn sie saubermacht.«
»Nimm schon.« Vanessa trat heftig auf ihn zu. »Ich will nichts von dir!« Sie drückte ihm die Jacke gegen das Hemd.
Das hätte sie nicht tun sollen. Durch den Stoff hindurch spürte sie Kians Wärme, sein pochendes Herz in der breiten Brust. Der Gedanke daran, wie oft sie an dieser Brust gelegen hatte, wie er sie beschützend mit seinen Armen umfangen hatte, bis die Geborgenheit ganz tief in ihr ruhte, machte sie schwach. »Nimm sie doch endlich«, flüsterte sie.
Er hob eine Hand, legte den Arm um sie und zog sie zu sich heran. Mit der anderen Hand legte er ihr die Jacke erneut um die Schultern. »Du zitterst ja«, sagte er leise. »Du solltest sie lieber behalten.«
Nun pochte Vanessas Herz so laut, dass sie es bis in den Hals hinauf spürte. Sie konnte nichts dagegen tun. Seine Wärme ging auf ihren ganzen Körper über. Sie lag nicht in seinem Arm, stand nur sehr nah vor ihm, aber sie wollte diesen Ort nicht verlassen, genauso wenig, wie sie damals das Bett hatte verlassen wollen, wenn sie an ihn gekuschelt dalag.
»Ich halte dich nicht auf.« Seine Stimme klang ruhig. »Ich wollte nur nicht, dass du frierst.« Er rührte sich nicht.
»Du bist unmöglich!« Vanessa riss sich nun doch los und lief ein paar Schritte von ihm weg in die Schwärze hinein.
Unvermittelt blieb sie stehen. Hier konnte sie nicht weiter. Auch wenn sie jetzt in der lichtlosen Schwärze nichts sah, aber sie wusste, dass vor ihr nur noch Busch lag.
Hinter ihr lag das Haus. Da, wo sie zuerst an Kian vorbeimusste, wo er wie ein Fels in der Wüste stand.
Sie drehte sich um. »Lass mich einfach in Ruhe, ja?« Entschlossen ging sie auf ihn zu, um an ihm vorbei wieder in den erleuchteten Bereich zu gelangen.
»Ich wusste nicht, dass ich das nicht tue«, sagte er.
Vanessa erstarrte mitten in der Bewegung, als wäre sie gegen eine Wand gelaufen. »Und ob du das weißt.« Sie drehte sich ruckartig um und funkelte ihn an, auch wenn er das wahrscheinlich gar nicht sehen konnte. »Was hattest du in meinem Zimmer zu suchen, während ich nackt war?«
Er lachte leise. »Ich wusste nicht, dass du nackt sein würdest. Und ich musste die Wasserleitung reparieren.«
»Du hättest wieder gehen können.«
»Dann hättest du dich als nächstes garantiert beschwert, dass du nicht mehr duschen kannst.« Kian schien das alles nicht zu erschüttern. »Als ich dir das Tuch auf die Stirn legte, habe ich darüber nachgedacht, ob ich dich zudecken soll –«
»Du? Du hast mir das
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