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Namibische Nächte (German Edition)

Namibische Nächte (German Edition)

Titel: Namibische Nächte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle van Hoop
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Schrank hinüberging, um sich anzuziehen, stellte sie fest, dass sie sich überschätzt hatte. Die kurze Erfrischung der Dusche war verflogen, und der Schwindel kehrte zurück. Sie rettete sich mühsam zum Bett und legte sich wieder hin. Sie musste wohl noch einige Zeit warten, bevor sie wieder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen konnte. Das war ihr nur recht. So blieb ihr der Anblick des heilen Familienglücks erspart.
    Sie machte sich nicht die Mühe, sich zuzudecken. Es war so warm, dass sie den leichten Luftzug, der über ihren nackten Körper strich, begrüßte. So dämmerte sie eine Weile vor sich hin und bekam gar nicht mit, dass sie wieder ganz in Morpheus Arme hinübersank.
    Irgendetwas weckte sie, und benommen öffnete sie die Augen. Sie war sich immer noch nicht sicher, ob sie tatsächlich wach war, als Geräusche, die an die Versuche der Paviane erinnerten, ins Haus zu gelangen, zu ihr drangen. Unwillkürlich richtete sie sich auf. Na wunderbar. Die Fliegentür stand offen. Tuhafeni musste vergessen haben sie zu verriegeln, als sie gegangen war.
    Dann durften sich die putzigen Kerlchen in diesem Moment im Bad an allem gütlich tun, was sie dort fanden. So hörte es sich jedenfalls an.
    Vanessa stand auf, bekämpfte den leichten Schwindel, der sie erfasste, und ging ins Bad hinüber.
    »Werdet ihr wohl –« Sie erstarrte.
    Vor ihr stand Kian, mit einer Rohrzange in der Hand.
    Vanessa hatte das Gefühl, dass das Dach plötzlich verschwunden war und die Sonne ihren ganzen Körper mit heißen Strahlen überzog. Sie musste von oben bis unten knallrot sein.
    Kian verzog überraschenderweise amüsiert das Gesicht. »Ich hab dich schon mal nackt gesehen, erinnerst du dich?« Er griff nach einem Bademantel, der auf einem schön geschnitzten afrikanischen Stuhl lag, und hielt ihn Vanessa hin. »Hier.«
    Vanessa musste mit Gewalt gegen die Erstarrung angehen, aber dann streckte sie ihren Arm aus und griff schnell nach dem Mantel, hielt ihn vor sich auf ihrer Brust fest, ohne ihn anzuziehen. »Danke«, murmelte sie.
    »Ich bin gleich fertig.« Kian zog noch einmal etwas mit der Zange an. »Du bist mich sofort los.«
    »Ich habe einen Sonnenstich«, stammelte Vanessa unzusammenhängend.
    »Ich weiß.« Kian legte die Zange in einen Werkzeugkasten zurück, der auf dem Boden stand. »Ich wollte das schon lange reparieren, aber es kam immer etwas dazwischen.«
    »Wie mein Verschwinden, meinst du?« Vanessa hatte den Eindruck, einen vorwurfsvollen Unterton in Kians Stimme gehört zu haben.
    »Ja, das auch.« Kian klappte den Werkzeugkasten zu. »Aber jetzt bist du ja wieder da.« Er nahm den Kasten und wollte an Vanessa vorbei aus dem Bad gehen.
    »Es tut mir leid, dass du die ganze Nacht nach mir suchen musstest.«
    »Wer hat das denn erzählt?«
    »Isolde.«
    »Du bist nicht die erste Touristin, nach der wir suchen mussten. Kommt immer mal wieder vor, dass sich jemand verirrt.« Er warf einen missbilligenden Blick auf sie. »Passiert natürlich nicht, wenn man sich richtig vorbereitet und richtig verhält.«
    »Ach, jetzt bin ich schuld?« Vanessa hatte ihre Verlegenheit überwunden, obwohl sie immer noch halb nackt vor Kian stand. »Was konnte ich denn dafür, dass sie mich einfach in die Werft gebracht haben?«
    »Sie wären nie auf den Gedanken gekommen, und es wäre nicht nötig gewesen, wenn du mit der Sonne aufgepasst hättest.«
    »Ja, natürlich, großer weißer Jäger, Massa«, erwiderte Vanessa spitz und neigte leicht den Kopf.
    »Mach dich nicht lächerlich.« Kian ging an ihr vorbei.
    »Fragt sich noch, wer sich hier lächerlich macht.« Vanessa warf schnell den Bademantel über, nun, da Kian sie nicht mehr beobachten konnte. Sie ging ihm nach.
    Kian drehte sich zu ihr um. »Du bist hier Gast, Vanessa. Ich habe die Verantwortung für meine Gäste. Also auch für dich. Ich würde es sehr begrüßen, wenn du dich in Zukunft entsprechend verhalten würdest.«
    »Du willst mir vorschreiben, was ich zu tun und zu lassen habe?« Vanessa spürte den alten Ärger in sich aufsteigen. »Das hättest du ja schon immer am liebsten getan.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Darum geht es nicht.« Kian musterte sie nun wieder mit diesem Graf-von-Monte-Christo-Blick. »Du bist hier nicht zuhause. Ich schon.«
    »In Deutschland war ich zuhause, du nicht. Trotzdem war’s dasselbe.«
    »Wenn du meinst.« Kian ging zur Tür.
    »Das konntest du ja schon immer am besten: weglaufen.«
    Kian blieb abrupt stehen.

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