Namibische Nächte (German Edition)
die Löwin gesund gepflegt und konnte danach mit ihren Jungen in den Busch zurückkehren. Ich hoffe, die Wilderer haben sie kein zweites Mal erwischt.«
»Hoffentlich«, sagte Vanessa. »N!xau hat Kretschmer glaube ich angeschossen. Vielleicht merkt er so ja, was er den Tieren antut.«
»Er kam mir gleich komisch vor«, sagte Kian. »Aber ich dachte . . . na ja . . . du kennst ihn.«
»Ich habe dich gebeten, ihn nicht als Gast aufzunehmen«, erinnerte Vanessa ihn. »Deutet das darauf hin?«
»Hätte ja ein Liebhaber sein können, der dir gefolgt ist«, sagte Kian.
»Ein Liebhaber? Der?« Vanessa schüttelte irritiert den Kopf.
Als sie erneut in Kians Gesicht sah, bemerkte sie, dass die Unterhaltung ihn wohl mehr erschöpft hatte, als er zugeben würde. Er war eingeschlafen.
17
E r schlief sehr lange. Vanessa saß an seinem Bett und beobachtete ihn, achtete auf jede seiner Reaktionen, zuckte bei jedem Stöhnen zusammen.
Vaanda schien die Ruhe selbst zu sein. Manchmal ging sie im Zimmer herum, warf Kräuter in die Schalen, um sie weiter am Glimmen zu halten, betupfte Kians Wunde mit der Flüssigkeit aus dem Krug.
Bitte, dachte Vanessa. Werd gesund. Du bist so stark. Du schaffst das. Zwischendurch beugte sie sich zu ihm, horchte auf seinen Atem, der manchmal so flach war, dass sie ihn kaum noch wahrnahm, war immer wieder in Versuchung, seine Lippen zu küssen, die kalt und trocken wirkten.
Am liebsten hätte sie sich an ihn gekuschelt, ihm mit ihrem Körper Kraft gegeben, ihn in ihren Armen gewiegt, aber in Vaandas Gegenwart unterließ sie es lieber. Es musste nicht sein, dass Isolde noch mehr in ihrem Misstrauen bestätigt wurde.
Da sie ohnehin nichts tun konnte und da der Rauch im Zimmer ihren Atemwegen langsam Probleme bereitete, verließ sie es nach einer Weile, um nach draußen zu gehen und tief durchzuatmen. Auch wenn sie Vaandas Mittel fast erstickten, hatte sie doch das Gefühl, Kian war bei ihr in guten Händen.
Was sie jedoch wunderte, war, dass Isolde gar nicht auftauchte. Noch nicht einmal, um zu überprüfen, was Vanessa mit Kian tat. Nicht, dass sie viel mit ihm hätte tun können in seinem Zustand, aber so als Ehefrau . . .
Sie wunderte sich immer mehr über Isolde. Als sie von dem langen Gang aus wieder die Küche betrat, war Isolde nicht mehr zu sehen, nur die Küchenmädchen putzten Gemüse, schnitten Fleisch. Anscheinend sollte es heute Abend so eine Art Geschnetzeltes geben.
Vanessa war immer wieder erstaunt darüber, was alles in dieser Wildnis möglich war. Die Küche schien sich kaum von irgendwelchen anderen Urlaubsorten zu unterscheiden. Auch wenn das Fleisch so schmeckte, wie sie es noch nirgendwo erlebt hatte. Das lag wohl daran, dass es hier keine Ställe gab. Die Rinder lebten quasi im Busch, genauso wie die Antilopen. Das ganze Jahr über.
Sie entfernte sich ein Stück vom Haus und merkte, wie dankbar ihre Lungen für die frische, warme Luft waren. Ob es wirklich so gut war, wenn Kian in diesem Rauch lag? Aber er hatte sich nicht beschwert.
Trotzdem war sie doch sehr erleichtert, als sie nun eine Ambulanz den Schotterweg heraufkommen sah. Sie war zu sehr in der westlichen Medizin verhaftet, um sich vollständig auf Vaandas Zauberkräfte verlassen zu wollen.
Der weiße Wagen hielt vor ihr an. Ein Mann stieg aus. Er warf einen fragenden Blick auf sie. »Ist Isolde nicht da?«
Hier kannte wirklich jeder jeden.
Vanessa hob die Schultern. »Ich weiß nicht, wo sie ist, aber wenn Sie zu Kian wollen, er liegt im Haus.« Sie wies hinter sich. »Sie sind doch der Arzt?« Das war nicht eindeutig zu erkennen. Der Mann trug einen braunen Anzug aus weichem, seidenartigem Stoff.
»Ja, bin ich.« Er lächelte, und sein dunkles Gesicht erschien sehr freundlich. »Haben Sie einen Weißen erwartet?«
Vanessa schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe –« Sie räusperte sich. »Wollen Sie nicht nach seiner Wunde sehen?«
»Ja«, sagte er, wandte sich um und nahm eine Tasche aus der Ambulanz. Das war eindeutig eine Arzttasche. »Wie geht es ihm?«
»Vaanda hat ihn gut versorgt«, sagte Vanessa. »Ich glaube, es geht ihm gut.«
»Dieser Humbug!«, schimpfte er. Offenbar hielt er nichts von der Medizin seiner Landsleute.
Zwei weitere Personen stiegen aus dem Wagen, ein Mann und eine Frau. Sie trugen eine Art Uniform, allerdings sah die weniger wie eine für Sanitäter aus als wie für Angestellte einer Fluggesellschaft. Der Arzt gab ihnen Anweisungen, und sie luden eine Trage aus der
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