Namibische Nächte (German Edition)
Kräutern aufgestellt, die alle vor sich hin räuchern.« Sie lachte, als würde sie jetzt schon die Vorstellung genießen, wie Vanessa hustete und fast erstickte.
»Das stört mich nicht.« Vanessa stand auf. Sie ging auf die Tür zu, die Isolde ihr angezeigt hatte.
Insgeheim erwartete sie, dass Isolde sie zurückhalten würde, eine weitere Ausrede finden, warum Vanessa hierbleiben musste, aber Isolde sagte nichts. Jedenfalls nicht zu Vanessa. Sie befehligte nur ihre Küchenmädchen.
Vanessa ging durch die Tür, die auf einen langen Gang führte. Rechts und links davon gingen weitere Türen ab. Die ersten Räume dahinter schienen Lager für die Küche zu sein. Sie sah aufgestapelte Kisten mit Zucker und Mehl, auch Konserven und haltbare Milch, wohl für den Notfall, dass nichts Frisches zur Verfügung stand und die Touristen trotzdem versorgt werden mussten.
Einige der Türen waren geschlossen. Sie öffnete sie nicht, weil sie für den Moment auf Isoldes Beschreibung vertraute, dass sie die richtige Tür am Rauch erkennen würde. Dicht waren die Türen und Fenster hier alle nicht. In dieser Hitze waren dreifach verglaste Energiesparfenster wohl auch überflüssig. Die Türen dienten eher nur als Sichtschutz.
Ihr Herz klopfte laut, als sie den Gang durchschritt. Wie lang war er denn noch? Plötzlich drang ein Geruch in ihre Nase. Sie verzog das Gesicht. Das roch ungefähr so, wie Vaandas Trank geschmeckt hatte. Anscheinend heilten dieselben Kräuter Sonnenstich und Schusswunden.
Immer mehr verstärkte sich der Geruch, dann musste sie plötzlich husten. Es stand Qualm im Gang, als ob es brennen würde. Wenn sie nicht vorgewarnt gewesen wäre, hätte sie jetzt wohl »Feuer!« geschrien.
Die letzte Tür ganz am Ende des Ganges musste es sein. Sie trat darauf zu, zögerte. Das Bild von Kian, wie er mit blutdurchtränkter Brust ins Haus getragen wurde, erschien vor ihrem inneren Auge. In ihrer eigenen Brust wurde es eng. Sie hatte Angst.
Entschlossen überwand sie sich und klopfte, trat ein. Das Zimmer stand so voller Rauch, dass sie zuerst nichts sehen konnte. Es war dunkel, die Fensterläden waren geschlossen. Nur schmale Lichtstreifen drangen hindurch, warfen durch den Rauch wabernde Schatten in den Raum.
Neben dem Bett saß Vaanda auf dem Boden. Sie wandte Vanessa den Rücken zu, drehte sich um, als sie hereinkam, sagte etwas zu ihr.
Vanessa hob die Hände. »Es tut mir leid. Ich verstehe nicht.«
Vaanda legte eine Hand auf Kians Brust, nickte, als wollte sie Vanessa versichern, dass es ihm gut ging.
Kian lag auf dem Rücken. Durch das fehlende Licht konnte Vanessa die Farbe seiner Haut kaum erkennen. Sie trat neben das Bett, hockte sich hin, legte eine Hand auf seine Wange. Obwohl die Luft warm war, fühlte Kians Haut sich kalt an.
Sie warf einen verzweifelten Blick auf Vaanda. Die Runzeln in Vaandas Gesicht bewegten sich, ihre Lippen verzogen sich zu einem Ausdruck, der vielleicht ein Lächeln sein sollte. Sie nahm Vanessas Hand und legte sie auf Kians Brust.
Vanessa fühlte Kians Herz kräftig schlagen. Gleichmäßig. Beruhigend.
Vaanda nickte mehrmals und sagte etwas.
»Ja«, erwiderte Vanessa. »Jetzt bin ich beruhigt.«
Das traf nur zum Teil zu, denn solange Kian nicht die Augen aufschlug, nicht mit ihr sprach, waren ihre Sorgen nicht vollends beseitigt. Doch sein Herz zu spüren, das gleichmäßig schlug und nichts von einer Verletzung zu wissen schien, beruhigte sie schon gewaltig.
Kians Kopf bewegte sich leicht. Er stöhnte.
»Brauchst du etwas?« Vanessa beugte sich über sein Gesicht.
Kian antwortete nicht. Seine Augen blieben geschlossen.
Obwohl sie sein Herz so beruhigend schlagen fühlte, erfasste die Angst sie wieder. Was würde sie tun, wenn er nie wieder aufwachte?
Er stöhnte erneut. Seine Lippen zitterten.
Sie wusste nicht, wie die Gepflogenheiten hierzulande waren, aber sie hatte den Eindruck, dass Vaanda Schlimmeres gewohnt war. Also beugte Vanessa sich vor und küsste ihn sanft.
Sie fühlte sein Zittern an ihren Lippen. Es war, als würde es schwanken, nachlassen. Dann hörte es auf.
Für einen Moment dachte sie, er wäre fort. Sie richtete sich auf und starrte ihn mit aufgerissenen Augen an. Der Rauch drang ihr in jede Pore, ihre Augen wurden davon verschleiert, begannen zu brennen, zu tränen.
»Kian«, flüsterte sie. »Oh, mein Liebling . . .«
Auf einmal begannen Kians Augenlider zu zittern, viel stärker, als zuvor seine Lippen gezittert hatten. Die langen,
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