Naminé - Liebe Deinen Feind
Plan
Ein sternenklarer Nachthimmel überzog die kalte Tundra, während Naminé draußen am Feuer saß und sich daran wärmte. Nachdem Ravens Vater sie besucht hatte, hatte sie es in der Hütte nicht mehr ausgehalten. Die drückende Stille schlug ihr aufs Gemüt.
Britta hatte zwar versucht, alles zurecht zu biegen, doch vergebens. Bevor die Stimmung noch mehr in den Keller sank, hatte die Waldelbin es vorgezogen, für eine Weile frische Luft zu schnappen. Der Einzige, der sich von alldem nichts anmerken ließ, war Raven.
Naminé seufzte und schlang die von Britta erhaltende Decke enger um ihren Körper. In der Ferne sah sie zwei Dorfbewohner, die sich leise unterhielten. Sie waren jung. Äußerlich sahen sie kaum älter als einundzwanzig Jahre aus.
Naminé tippte, dass es sich bei einem der Mädchen um Amalia handeln könnte. Die Waldelbin hatte die zwei Töchter Brittas schon kennengelernt - Hanna und Elisa. Hanna war fünfzehn Jahre und Elisa dreizehn Jahre alt. Die beiden hatten Naminé eine Weile gemustert, bis sie sie dann begrüßt hatten.
Nach der Begrüßung waren die beiden in ihren Betten verschwunden, weswegen die anderen nun leise reden mussten, um sie nicht aufzuwecken. Die Waldelbin hatte sich langsam an das kalte raue Klima gewöhnt, solange eine Feuerstelle in der Nähe war. Hinter ihr ertönten plötzliche Schritte. Sie sah auf und erblickte Sias. Der Elbenjäger lächelte und sein Atem formte sich zu kleinen Wölkchen.
»Ist dir nicht kalt?«, fragte er sie und setzte sich neben seine Gefährtin. »Nein, hier nicht«, erklärte sie ihm. Sias hatte von Raven eine schwarze warme Jacke erhalten. Seine alte, die er erst kurz vor der Überfahrt gekauft hatte, war in einem Streitgefecht mit Efal kaputt gegangen. »Alle schlafen schon«, sagte er zu ihr und starrte in die Flammen.
»Und warum du nicht?« - »Ich habe gewartet bis du kommst«, erklärte er ihr. Naminé lächelte schwach. »Wie lange haben wir eigentlich bis hierher gebraucht?«
»Zwei Monate«, erklärte er ihr knapp. »Auf dem Festland müsste es auch bald Winter werden.«
»Ravens Vater war nicht gerade begeistert, ihn zu sehen«, flüsterte sie ihm leise zu und warf den beiden Eisbewohnern einen unsicheren Blick zu. Sias bemerkte die beiden und grüßte sie freundlich. Diese hoben ebenfalls die Hand, ignorierten die beiden dann aber.
»Sie mögen uns nicht«, sagte er leicht säuerlich zu der Waldelbin. »Wundert dich das? Britta und ihre Kinder scheinen die Einzigen zu sein, die nett sind.«
»Britta ist nicht so hinterwäldlerisch wie die anderen hier. Ihre Kinder sind schlau, vor allem Ryan scheint ein kluges Köpfchen zu sein. Efal spielt schon mit dem Gedanken, ihn zum Elbenjäger auszubilden.« Naminé wurde hellhörig und sah ihn aus großen Augen an.
»Wie bitte? Ryan ist ein kleines Kind?!« - »Ich war kaum älter als Ryan, als Efal mich aufgenommen und ausgebildet hat «, erklärte er ihr und war ein wenig entrüstet von ihrer Reaktion. »Efal hat dich auf der Straße gefunden?« Er nickte nur.
»Würdest du mir etwas darüber erzählen?«, fragte sie ihn zögerlich. »Nicht hier, Naminé. Wenn wir wieder zurück sind, können wir darüber reden. Ich traue hier niemandem so wirklich«, erklärte er und legte dann den linken Arm um ihre Schultern. »Und vielleicht werde ich dir dort auch noch etwas anderes erzählen«, sagte er breit grinsend. Naminé wurde leicht rot und räusperte sich.
»Sias, wer ist Cyons Mörder?«, fragte sie ihn plötzlich. Es war das erste Mal seit langem, dass sie wieder an ihrem Bruder gedacht hatte. Die Person, die sie so sehr liebte und vermisste.
Sias verkrampfte sich schlagartig, als ihn die Elbin danach fragte. »Ich will es dir nicht sagen«, sagte er und seine fröhliche Stimmung war verschwunden.
Er ließ Naminé los und rückte ein Stück von ihr weg. Naminé spürte die Kälte, die plötzlich von ihm ausging. »Weißt du überhaupt, wer es ist?«, fragte sie ihn zögerlich.
Die Waldelbin hatte sich diese Frage schon öfters gestellt, doch noch nie hatte sie sich getraut, ihn zu fragen. Der Elbenjäger stand nun auf und drehte ihr den Rücken zu. »Ja, ich weiß, wer der Mörder deines Bruders ist, doch ich kann es dir nicht sage n. Jetzt noch nicht«, sagte er, und verschwand im Iglu. Naminé saß noch eine ganze Weile vor der Feuerstelle, bevor sie ihm mit einem mulmigen Gefühl folgte.
Raven saß neben seinen beiden jungen Nichten. Sie sahen aus, wie jeder aus
Weitere Kostenlose Bücher