Naminé - Liebe Deinen Feind
drei Tagen«, warf Techi ein und hustete wild. Außer Schnee, Felsen, zugefrorene Seen und ab und zu einem Polarfuchs, sah sie gar nichts. Sie verstand nicht, wie sich Raven hier auskennen konnte. Für die Hochelbin sah alles gleich aus.
»Wenn wir bis spätestens morgen früh nicht bei dir Zuhause sind, ramm ich dich mit dem Kopf voraus in ein Wasserloch der Robben!«, drohte sie ihm und jeder in der Reisegruppe wusste, dass sie das wahr machen würde. Raven ignorierte es und wandte sich stattdessen Naminé zu.
»Sag mal, hörst du auch so ein ohrenbetäubendes Pfeifen?«, fragte er sie breit strahlend. Die junge Elbin lächelte zerknirscht. »Ich nehme nichts wahr«, sagte sie kaum hörbar und warf Techi einen unsicheren Blick zu.
Efal hielt sich, genau wie Sias, aus dieser Unterhaltung raus. »Wo lebst du eigentlich, Raven?«, fragte Naminé ihn nun neugierig. »Ich lebe mit meinem Familienclan und dem meiner Schwester zusammen in einem kleinen Dorf. Es ist oft nicht leicht, vor allem wenn die Nahrung immer knapper wird. Kurz gesagt: Es ist ein einfaches Leben.«
»Und freust du dich schon auf deine Familie?«, löcherte Naminé ihn weiter. Raven lächelte still. »Ja, ich freue mich, doch ich glaube, dass sich einige in meiner Familie nicht besonders darüber freuen werden, wenn ich plötzlich wieder da bin; besonders mein Vater.«
»Oh.« Sie wollte ihn lieber nicht danach fragen. Es ging sie immerhin nichts an. »Raven!«, rief ein neunjähriger Junge laut, als er die Reisegruppe von weitem sah.
Er stürmte auf die fünf Gefährten zu und stolperte immer wieder über ein paar Eisblöcke, bevor er Raven endlich erreichte. Der junge Alchemist stieg von seinem Reittier, einem Widder, herunter.
Ihre Pferde hatten sie in der kleinen Wüstenhafenstadt zurücklassen müssen, da sie der Kälte unmöglich hätten widerstehen können. Naminé trauerte ihrer Stute Lane nach; sie hatte ihr mehr als zehn Jahre treu gedient und nun hatte sie am Festland zurücklassen müssen. Hoffentlich wird sie gut versorgt.
»Ryan, du bist groß geworden«, sagte Raven zu ihm und wuschelte dem Jungen durch die Haare, während dieser nach Atem rang. Der kurze Sprit hatte ihn sehr angestrengt.
»Du solltest in dieser Kälte nicht so sehr rennen, Ryan. Ich will nicht, dass meine Schwester dich ausschimpft, wenn du krank wirst«, sprach er weiter. Ryan fand sich nach einer Weile wieder und sah nun zu Raven auf.
Der Junge umarmte Raven stürmisch und schloss ihn in die Arme. »Ich hab dich vermisst, Onkel. Mama hat in letzter Zeit oft von dir gesprochen«, erklärte er dem Älteren. »Wie geht es deinem Vater?«, fragte sein Onkel und er ließ Ryan los. »Papa ist mit Onkel Henry und Felix auf Robbenjagd«, erklärte er breit. »Bis auf Nico sind alle auf der Jagd«, fügte Ryan noch schnell hinzu.
Erst jetzt fiel Ryans Blick auf die anderen Neuankömmlinge. »Wer ist das?«, fragte er laut und die vier Gefährten stellten sich einer nach den anderen vor. Ryan lächelte und nickte. »Ich bin Ryan, einer von Ravens Neffen.«
Der Junge drehte sich um. »Wir sollten langsam nach Hause gehen, Onkel. Die anderen werden sich freuen, dich zu sehen.« Raven lächelte und stieg wieder auf seinen Widder.
»Dann weise uns den Weg, Ryan«, sagte Efal nun laut, denn er wollte nicht, dass die beiden erneut ein Gespräch begannen. Der Junge grinste breit und führte sie in sein Zuhause.
Das Dorf, in dem Raven aufgewachsenen war, passte perfekt in das Bild der Tundra. Insgesamt zwei Dutzend Iglus standen in einem Kreis um eine große Feuerstelle herum. An jedem Haus lehnte ein Stapel Holz. Naminé wunderte sich, wie sie in dieser Landschaft an den Rohstoff kamen.
Einige Menschen wuselten zwischen den Häusern hin und her und unterbrachen ihre Arbeiten erst, als sie Raven und die anderen sahen. Eine Frau, die um die vierzig sein musste, rannte aufgeregt auf sie zu. »Ryan!«, rief sie und noch einige andere Worte, die Efal und der Rest nicht verstanden.
Es musste sich wohl um ihre Heimatsprache handeln. Raven gab den vier ein Zeichen zu warten und ritt zu Ryan, der mit der Frau diskutierte. Als sie Raven sah, erstarb das Gespräch und sie sah ihn entgeistert an. Vorsichtig stieg er von dem Widderrücken ab und trat neben seinen Neffen.
Die Frau ging auf ihn zu. Raven sagte etwas zu ihr, worauf sich ihre Miene wütend verzerrte, sie ihre rechte Hand hob und Raven eine Ohrfeige verpasste.
»Idiot!«, schrie sie wütend und redete weiter auf
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