Naminé - Liebe Deinen Feind
Stein.
»Ist alles hier so eintönig?«, fragte Naminé ihre Führerin plötzlich. »Ja. Unsere Götter lehren uns, ohne Hab und Gut zu leben, das von Wert ist. Wir besitzen nur Dinge, die wir brauchen.«
Na ganz toll! , dachte Techi und zupfte an ihrer Robe, die Naminé und sie trugen. Der Stoff kratzte wie die Hölle. »Wie sieht es mit Freigang aus?«, fragte die Magierin nun und warf ihr rotes Haar, das sie zusammengebunden hatte, nach hinten.
Die Priesterin blieb plötzlich stehen und sah sie aus großen Augen an. »Freigang? Als Novizen?« - »Ja«, antwortete Techi und wurde langsam ungeduldig. »Nein. So etwas gibt es nicht! Ihr müsst euch zuerst vor unseren Göttern und vor uns anderen Priestern beweisen. Erst dann dürft ihr wieder hinaus.« Die Magierin sah die Priesterin geschockt an. Ihr Gesicht entgleiste und sie war kurz davor, einen Zauber zu wirken und sich auf die Frau zu stürzen. Doch Naminé hinderte sie daran. Sanft, fast zögerlich schon, umfasste die Waldelbin ihre rechte Hand und drückte sie.
»Beruhige dich, Techi. Wir schaffen das«, flüsterte sie ihr zu und die Priesterin sah die beiden argwöhnisch an. Sie merkte, dass etwas nicht stimmte.
Techi schloss die Augen und atmete tief durch. Sie nickte. Die Priesterin drehte sich um und setzte ihren Weg fort. Die Hochelbin riss sich von Naminé los und folgte der Frau.
Naminé tat es ihr gleich.
»Hier im Tempel werdet ihr andere Namen tragen«, verkündete die Frau, als sie vor einem Zimmer ankamen, das die beiden miteinander teilen sollten.
»Und welche?«, fragte Techi und man sah ihr an, dass sie mit ihrer Fassung kämpfte. Die Priesterin sah die beiden eindringlich an. »Du wirst den Namen Ourea tragen«, sagte sie zu Naminé, »und dich werde ich ab sofort Kyane nennen«, sprach die Frau zu Techi.
Die beiden unterschiedlichen Gefährtinnen nickten. »Ich werde euch zum Abendessen rufen lassen.«
Techi – Kyane - ließ einen wütenden Schrei von sich, als die beiden in ihrem Zimmer waren. Voller Hass schlug sie mit der Faust gegen die Steinwand. Naminé zuckte zusammen, als sie einige Risse in der kalten, grauen Wand ausmachen konnte. Der Raum war klein; er reichte gerade aus für zwei Personen.
Zwei Betten befanden sich in diesem und an der Wand hing etwas, was Naminé nicht genau deuten konnte. Es war ein Kreis in dessen Mitte sich drei Striche trafen. Um die Striche herum waren zwei silberne Drähte, die aussahen wie Wellen. Ein kleiner blauer Stein ragte dort hervor, wo die Striche sich in der Mitte trafen.
»Was ist das?«, fragte Naminé die Hochelbin, die sich auf ihr Bett gesetzt hatte und leise fluchte. Techi sah auf und folgte Naminés Blick.
»Das Zeichen des Tempels. Sie beten unter diesem Ding! Es soll für die drei Götter stehen, die unsere Welt erschaffen haben«, erklärte sie Naminé. »In deinem Reich ist es nicht unüblich, dass über diesen Kult so wenig bekannt ist. Ihr verehrt Waldgeister, richtig?«
Naminé nickte. »Die drei Götter haben keine Namen. Angeblich wachen sie über uns und unsere Taten und bestrafen unsere Seele, wenn sie sich von unserem Körper löst.«
Techi lachte kalt auf. »Ich glaube diesen Schwachsinn nicht! Magier lehren von Anfang an, dass die Seele nach dem Tod ihres Körpers diesen verlässt und umherwanderte. Es gibt keine Gnade und auch kein Reich, in das unsere Seele nach dem Tod fährt! Wir sind für immer hier auf dieser Welt gefangen!«
Naminé hatte ihr geduldig zugehört. Das, was Techi erzählt hatte, passte ein wenig zu ihrer Religion. »Wir glauben daran, dass unsere Ahnen als Waldgeister wiederkommen und bei uns bleiben, damit wir sie um Rat bitten können«, erklärte sie Techi schließlich. »Glaubst du, dass dein Bruder auch einer geworden ist?«
Naminé zuckte zusammen u nd ihre Mine versteinerte sich. »Ich wünsche es mir. Doch ich weiß nicht, ob seine Seele stark dafür ist«, erklärte sie Techi und lächelte schwach. Die Hochelbin sah sie stumm an. »Ich habe deinen Bruder zwar nie kennengelernt, doch er muss dir sehr wichtig gewesen sein, wenn du seinen Tod so rächen willst. Ich bewundere dich dafür, Naminé. Ich hätte nicht den Mut - die Kraft – dazu, jemanden zu rächen, den ich so geliebt habe. Ich glaube daran, dass seine Seele in deiner Heimat auf dich wartet und dich freudig empfanden wird.«
Naminé sah die Elbin an. Noch nie hatte sie nette, freundliche Worte aus ihrem Mund gehört! Die Waldelbin spürte, dass eine Träne ihre rechte
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