Nana - der Tod traegt Pink
Denen hab ich mit meiner teuren Behandlung eben den Rest gegeben!«
Den schrägen Blick auf dramatische Situationen zu behalten, verschafft Nana heitere Verschnaufpausen und bietet zugleich die Chance, auf humoristischer Ebene über ernste Themen ins Gespräch zu kommen. Auch mit Nase:
Manchmal sind wir aufs Sterben gekommen, und Nana hat sich ihre Beerdigung ausgemalt. Sie wünschte sich eine geile Metalband, die eine richtige Party schmeißt. Alle sollten in Schwarz kommen, mit langen Haaren, wenn nötig mit Perücke, damit man ordentlich headbangen kann. Und geschminkt wie in einem Splatterfilm, voller Kunstblut. Jedes Mal, wenn wir über das Sterben geredet haben, war es anfangs noch ernst ist aber dann mutiert.«
Sich Dinge ausmalen. Nana Lieblingsbeschäftigung, um Zeit zu überbrücken. Im tristen Krankenhausambiente stellt sie sich farbliche Veränderungen vor: etwa einen Infusionsständer in ihrer Lieblingsfarbe Pink, übersät mit Glitzersteinchen und saisongemäß geschmückt. An Ostern könnten dort ein paar bunte Eier neben dem Infusionsbeutel baumeln.
Olga, eine Arbeitskollegin von Barbara, die Nana oft in Großhadern besucht, ist von Nanas Leichtigkeit bisweilen richtiggehend überwältigt. Denn Olga fühlt sich Nana gegenüber in einer emotionalen Zwickmühle:
Das letzte Jahr mit Nana war für mich das reinste Gefühlschaos. Ich war zu dem Zeitpunkt schwangen. In meinem Bauch entstand neues Leben, und Nana war so schwer krank! Durch die Gespräche am Arbeitsplatz wusste ich um die Schwere ihrer Krebserkrankung. Einerseits fühlte es sich für mich irgendwie falsch an, mich auf das Baby zu freuen. Auf der anderen Seite – wenn ich Nana sah, wie stark und tapfer sie war, erschien es mir wieder ok.«
Hallo, neues Leben!
Nana hat Olga gegenüber keinerlei bitteren Gefühle. Im Gegenteil, sie rechnet gemeinsam mit ihr aus, wann Geburt und Chemotherapie zusammentreffen müssten, um zeitgleich im Krankenhaus sein zu können. Und tatsächlich kommt es exakt so. Also feuert Nana am Tag der Geburt vom oberen Stockwerk aus die unten in der Entbindungsstation liegende Olga per SMS an: »Drück, drück, du machst das schon, Olga!« Als das Mädchen auf der Welt ist, kommt Nana gleich vorbei. Olga erzählt:
Nana war die Erste, die uns besuchte – wie sehr freute sie sich über meine Valentina! Und was war sie stolz, dass sie mit ihrem Flaum entschieden mehr Haare hatte als die Kleine!«
Albern, bis der Arzt kommt
Besonderen Spaß hat Nana an Spitznamen, auch für ihre Ärzte. Einer heißt bald »Dr. Angst« – er musste sehr schmerzhafte Untersuchungen vornehmen. Andere nennt sie »Gollum«, »Professor Brinkmann« und »Opossum Heidi«. Bei großem Schmerzmittelbedarf sucht sie nicht ihren Arzt auf, sondern ihren »Dealer«.
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Nanas Fotokommentar auf Facebook(19.11.2011): »Haha, ja, es ist ein Lolly, aber so ein schleimiger Speichelfaden wäre irgendwin auch geil XD. Nächstes Mal rotx ich ein bisschen rum...«
Oft entsteht Situationskomik. Nanas Bruder Michael erzählt:
Wenn ein makabrer Witz in der Luft und jedem im Raum der entsprechende Spruch auf der Zunge lag, sich aber keiner traute, ihn zu sagen, dann — hat Nana ihn gebracht«
Nanas Faible für Schrägheit spiegelt sich auch in ihren Bildern. Schon als Kind liebte sie es, Grimassen zu schneiden, speziell wenn ein Fotoapparat in ihrer Nähe war. Daran hat sich nichts geändert: An einem Tag im September 2011, mitten in einer Chemotherapiewoche. Nana ist zu schwach für ein Shooting außer Haus. Mutter und Tochter bauen kurzerhand im Wohnzimmer ein Set auf und knipsen verrückte Grimassen. Für Barbara ist das typisch Nana:
Immer hat sie Fratzen geschnitten! Es konnte ihr noch so schlecht gehen, sie lag im Krankenbett oder auf dem Sofa — plötzlich macht Nana ein blödes Gesicht, und alle lachen.«
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Ein glatzköpfiger Griesgram in der Glotze. Fragt Axel: »Warum hat der denn so schlechte Laune?« Ruft Nana: »Na, ist doch klar! Der hat Krebs!«
Auch nach ihrem Tod bringen all die Anekdoten, die kleinen lustigen Erinnerungsstücke ihre Familie zum Schmunzeln. Selbst in der Trauer sorgen absurde und kuriose Umstände oft für entsprechende Lacher. Für Barbara ist das vollkommen normal:
Wir haben viel gelacht. Während der Krankheit in der Woche, als Nana zum Sterben nach Hause kam — und sogar in ihrer letzten Nacht. Für mich hatte das immer auch etwas Befreiendes. Oft entsteht Komik erst dadurch, dass
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