Nana - der Tod traegt Pink
normale Situation.«
Die Ursache, so die Psycho-Onkologin, liegt oft in der eigenen Unsicherheit. Nicht zu wissen, wie man mit Todkranken umgehen soll. Wie redet man nur mit der betroffenen Person? Das ist natürlich auch verknüpft mit der eigenen Befangenheit, der Scheu vor der Konfrontation mit dem Thema Sterben, Krankheit und Tod. Mancher fühlt sich völlig überfordert, weil er glaubt, Unterstützung anbieten zu müssen, ohne dazu in der Lage zu sein. Und, so Serap: »Es gibt immer noch Menschen, die glauben, Krebs sei ansteckend, die konkret Angst davor haben, selbst zu erkranken.«
Humor und Tumor
»Nase« ist Nanas älteste und beste Freundin, schon aus der Grundschulzeit. Sie weiß am 21.10.2010, dass Nana bei einer wichtigen Untersuchung ist, und erfährt deren schockierendes Ergebnis am gleichen Tag per SMS.
»Nase«, die eigentlich Natalie heißt, trägt ihren Spitznamen seit der zweiten Klasse, ausgedacht von Nana. Da Nase mit Nachnamen Vasic heißt, favorisierte Nana zunächst »Vase«, entschied sich dann doch für »Nase«. Der Name setzte sich schnell durch, die Lehrer damals übernahmen ihn, der gesamte Freundeskreis, und heute nennt sie sogar ihr Chef so.
Als Nase die SMS mit der Krebsdiagnose liest, möchte sie Nana umgehend sehen, doch ihre Freundin braucht etwas Zeit. Besuche sind in den ersten
Wochen nur dem engsten Familienkreis erlaubt. Zu schlecht fühlt sich Nana, als dass sie sich so zeigen möchte.
Als endlich das erste Treffen ansteht, ist Nase entsprechend aufgewühlt. Ihre Mutter, die im Klinikum Großhadern arbeitet, berichtet immer wieder, wie schlimm es um Nana steht. Nase ist ratlos:
Ich konnte mir das alles gar nicht vorstellen und hatte keine Ahnung, wie ich damit umgehen sollte. Ich wusste ja, wie Nana war! Mitleid wäre das Letzte gewesen, was sie hätte haben wollen. Irgendwas musste ich mir überlegen, um nicht zu heulen. Wenn Nana weinen würde, wäre das natürlich was anderes, aber ich durfte es auf keinen Fall! Beim Hinfahren im Auto habe ich nachgedacht im Aufzug immer noch. Mir ist einfach nichts eingefallen!
Als ich die Tür aufmache und sie da liegen sehe, sie schaut so, ich merke, dass sie sich richtig freut, mich zu sehen – da sage ich ganz spontan: ›Ja, Frau Stäcker, guten Tag, Sie haben Krebs! Na, überrascht?‹ Genauso näselnd und nuschelnd wie Helge Schneider in seinem Film ›Praxis Dr. Hasenbein‹. Und sie hat es so dermaßen zerrissen vor Lachen, dass sie fast aus dem Bett gepurzelt wäre.
Wir haben uns umarmt und Nana meinte: ›Genau das hat mir die letzten Wochen gefehlt, genau das habe ich jetzt gebraucht. Jemanden, der es endlich ausspricht. Der es dann auch noch so bescheuert sagt wie du und sich mit mir darüber lustig macht.‹ Von da an haben wir beide so ziemlich ständig Witze über den Krebs gerissen.«
Guten Tag, Sie haben Krebs! Na, überrascht?
Dieses Helge-Schneider-Zitat etabliert sich als fixe Begrüßungsformel zwischen den beiden Freundinnen. Wann immer Nase Nana besucht – egal, ob in der Klinik oder bei Stäckers zu Hause –, es kommt einfach automatisch.
Todeslustig. Bis in den Tod
Humor. Rabenschwarzer Humor. Böse, frech, abgründig. Ein elementares Ventil für Nana, aber auch für ihre Familie. Nana entwickelt ihren Galgenhumor zwar nicht erst mit der Krankheit, aber sie kultiviert ihn. Bis zum Schluss. Eine beliebte Reaktion, wenn man sie um einen Gefallen bittet:
Was? Ich soll dir ein Glas Wasser bringen?! Geht ja gar nicht. Ich hab doch Krebs!«
Nach der Ausstellung ihres Schwerbehindertenausweises mit Merkzeichen G (Einschränkung des Gehvermögens) hat Nana ein neues Objekt der Belustigung gefunden. Sie ist absolut begeistert:
Leute mit nur einem Bein kriegen 50 Prozent, und ich hab volle 100 Prozent! Sogar mit Merkzeichen G! Da kann ich in der Bahn auf dem Behindertensitzplatz mit anderen Betroffenen ›Schwerbehindertenausweis-Quartett‹ spielen! Wer von uns die höchste Zahl hat, gewinnt!«
Bild 13
Shooting bei Frank Jagow (17.12.2011). Diesmal Nanas Part: Lichtdouble für ein anderes Model. Frank stellt daraus diese Nanamakes-faces-Serie zusammen.
Bild 51
Nana via Facebook an Nase
(19.11.2011):
»Ui ui ui, habe es voll verplant, dir zu schreiben, weil ich ja sooo beschäftigt bin mit Krebshaben ... sorry!«
Und als im November 2011 ein Brief mit der Nachricht zur Insolvenz von Nanas gesetzlicher Krankenkasse eintrifft, ist ihr erster Kommentar:
Kein Wunder, dass die pleite sind.
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