Nana - der Tod traegt Pink
verrieten. Und an denen man auch mal lauthals in Lachen ausbrechen konnte.«
Letzter Halt: Waldfriedhof
So ist es denn auch nicht verwunderlich, dass Barbara und Nana oft überlegten, wo ein schöner Platz für ihre letzte Ruhestätte sein könnte. Eigentlich hatten sie sich für den Herbst, in dem Nanas Diagnose kam, vorgenommen, das gemeinsame
Familiengrab auszusuchen. Als dann die Krankheit ausbrach, legten sie diese Idee verständlicherweise auf Eis. Zuletzt wählte Nana dann doch noch, wenn schon nicht den genauen Platz, dann wenigstens ihren Friedhof aus. Den »Sendlinger« fand sie zwar im Prinzip sehr romantisch, aufgrund der angrenzenden S-Bahnstrecke aber dann doch entschieden zu laut. Ihre Wahl fiel wegen des alten Baumbestands, der unzähligen zwitschernden Vögel und der langen Spazierwege klar auf den Münchner Waldfriedhof.
Straight ahead
Dr. Silke Seitz, die Nana während ihrer Krankheit als Vertraute in medizinischen Fragen begleitete, erkennt bei der »kleinen Nana«, wie sie immer bei ihr hieß, einen Übergang zu einer Person, die zwar nicht an Körperlichkeit, aber an Aura zugenommen hatte. In Nanas Fotos visualisiert sich das für Silke wie in einem Zeitraffer:
Von der hübschen Studentin im ersten Semester hin zu einer supertoughen, hocherotischen, attraktiven Frau, die mitten im Leben steht. Das letzte Kindliche hatte sie sowohl optisch als auch kognitiv verloren. Oder besser ausgedrückt: das Erwachsene gewonnen. In ihrer Selbstbestimmtheit hat sie sich extrem verändert. Alles, was Nana zum Schluss gesagt hat hatte Hand und Fuß und bedurfte keiner Korrektur, sodass man sich dem einfach gefügt hat. Dazu kam natürlich auch diese erstaunliche Würde und Weisheit gerade in ihren letzten Tagen.«
Silkes Vater, der als Seelsorger in einer Klinik viele sterbende Kinder begleitet hat, erzählt ihr, dass ihm dieses Phänomen durchaus vertraut ist. Das für Erwachsene oft unverständlich unbefangene »Akzeptierenkönnen«, Annehmen und sogar anderen Trostspendenkönnen scheint auch eine Gabe der Kinder und
Jugendlichen zu sein. Daher sei die Aufgabe, Kinder beim Sterben zu begleiten, nicht nur von Traurigkeit bestimmt, sondern habe ebenso bereichernde Aspekte. Silke: »Kinder verblüffen uns im Umgang mit unserer Begrenztheit.« Wenn jemand im Sterben einen guten Weg finden, lässt das für den Palliativ-mediziner Dr. Berend Feddersen deutliche Rückschlüsse darauf zu, wie der Mensch zuvor gelebt hat:
Bild 21
Nana auf Facebook (Juli 2011): »Damn, I’m feeling good today... although life is tough. But I’m a vampire ... you won’t kill me!«
Wenn es im Leben passt, ist es auch im Sterben einfacher, und zwar altersunabhängig. Hat jemand im Leben sehr gehadert und gekämpft, kommt die Unzufriedenheit wohl ebenfalls in der Sterbephase hoch. Der Prozess dauert länger, es kommt vermehrt zu Verwirrungsmomenten. Insgesamt tun sich die Menschen dann schwerer damit, auch diesen Weg zu finden.«
Natürlich, so Dr. Feddersen, sei das nur eine Theorie; schließlich kenne er das Leben der Patienten nur aus den entsprechenden Erzählungen der Angehörigen:
Daraus kann ich aber doch häufig schließen, dass sich im Sterben das Leben widerspiegelt.«
Für Nanas Vater Axel ist es nur bedingt erstaunlich, mit welcher Abgeklärtheit seine Tochter ihre Lage annehmen konnte:
Eigentlich war sie schon immer so. Sehr straight bereits im Kindergartenalter. Egal, ob es ums Anziehen ging oder ums Spazierengehen. Wenn Nana nicht mehr weiterwollte, ging sie auch nicht weiter. Diese Geradlinigkeit,
Durchgängigkeit und Power hat sie eben auch nach ihrer Krebsdiagnose unter Beweis gestellt.«
Dass Nana ihr letztes Lebensjahr in jeder Hinsicht so bemerkenswert meistern konnte, liegt neben charakterlichen Grundlagen sicher auch an der Gesamtkonstellation: ein liebevoller treuer Lebensgefährte, ein wirtschaftlich stabiles Umfeld, ein belastbarer Freundeskreis, ein enges, inniges Familiengefüge. Und eine Mutter, die immer an Nanas Seite war. Serap Tari von lebensmut e.V.:
Wenn wir im Team über Nana und ihre Mutter gesprochen haben, schwang auch Bewunderung für Barbara mit: Sie hat ihre Tochter aus unserer Sicht hervorragend begleitet hat ihr die Selbstständigkeit gelassen, mit ihr gemeinsam Wege gefunden, die Krankheit auszuhalten, zu bewältigen — und Nana bis zuletzt zu begleiten. Das ist etwas Besonderes und war sicher nicht einfach.«
Nanas Freundin »Nase« sagt über Nanas
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