Nana - der Tod traegt Pink
ist. So entgegnet sie lediglich: »Axel, das musst du jetzt akzeptieren, so hart wie es ist. Das ist klug von deiner Tochter. Bei allem, was ich weiß und gesehen habe, kann ich sagen, dass es das einzig Wahre ist. Nur Nana kann beurteilen, wie es sich anfühlt. Und wenn sie sagt, sie will nach Hause, dann müsst ihr diesen Weg gehen.« Dass Axel sich so schwer mit der Entscheidung tut, liegt mit daran, dass man Nana in Großhadern trotz massiver Verschlechterung weitere Therapien in Aussicht gestellt hat. Ihn quält die Frage, ob die Schulmedizin nicht doch noch Hoffnung in sich birgt.
Wie sich im Nachhinein herausstellen wird, ist Nanas Körper zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig von Metastasen durchsetzt. Sie weiß und spürt, dass
ihr keiner mehr helfen kann. Die behandelnden Ärzte planen dennoch, am 2.1.2012 mit einer Chemotherapie in Kombination mit einer sogenannten Hyperthermiebehandlung zu beginnen. Doch Nanas Entscheidung steht fest, so Chris:
Als sie gemerkt hat, die bieten ihr jetzt diese zwei Möglichkeiten an, die bisher in Deutschland zwei- oder dreimal getestet worden waren, klang das wie ein Experiment. Da hat sie gewusst, sie will nicht allein im Dunkeln auf der Intensivstation sterben, sondern zu Hause bei uns. Weil sie diesen Scheißladen einfach gehasst hat. Das ist auch kein Wunder. Man hört ja, wie es da drin aussieht, nur macht man sich keine Vorstellung davon, wie es wirklich ist.«
Jetzt heißt es, Nanas Wunsch, den sie von Anfang an artikuliert hat, zu erfüllen: »Wenn es sein sollte, dann müsst ihr mich irgendwie heimkriegen.« Gleich nachdem er von seinen Eltern informiert worden ist, fährt Nanas Bruder Michael mit seiner Freundin Sabrina ins Krankenhaus:
Obwohl ich nicht bestreiten will, dass sie noch viele tolle, geniale und auch glückliche Momente hatte, war es das erste Mal in diesem Jahr, dass ich bei ihr wieder einen guten, zufriedenen Gesichtsausdruck gesehen habe. Sie war glücklich mit ihrer Entscheidung. Sie wusste, dass sie jetzt aufhören und in Ruhe gehen durfte – und das allein aus sich heraus, ohne irgendwelche Verpflichtungen ihrer Familie gegenüber.«
Schließlich kann auch Axel Nanas Entscheidung annehmen:
Ja, es ist mir schwergefallen. Aber das war meine eigene Befindlichkeit, die musste ich erst hinten anstellen. Man gibt eben einfach die Hoffnung nicht auf, bis zum Ende – sogar auf so etwas Unwahrscheinliches wie eine Spontanheilung!«
Nana hatte abgeschlossen, sie war die Einzige, die das wirklich entscheiden konnte. Hätte ich versucht, sie von anderem zu überzeugen – das wäre nicht fair gewesen. Und es hätte den Prozess, den sie für sich geplant hat, gestört.«
Bild 63
April 2011: Nana als Braut. Auf ihrem Kopf: ein alter Vorhang, der zum Tischläufer bei Oma wurde und schließlich in Barbaras Stoffsammlung wanderte.
Silke, die seit vielen Jahren in einer Klinik arbeitet, ist das Dilemma dieser ausweglosen Situation nicht fremd:
Ärztliches Ziel ist primär die Heilung, dafür haben wir ja studiert. Bisweilen kann dieses Grundverständnis speziell in der Onkologie zu einem Nicht-auf-hören-können führen. Man befindet sich geradezu in einer Art Maschinerie. Wenn es aber irgendwann nicht mehr nur um Heilung geht stellt sich die Frage:Wie gestalte ich die restliche Zeit? Gefesselt an eine Therapie oder frei im gewohnten Lebensumfeld?
Diesbezüglich ist Nana ein Paradebeispiel im Erlernen der Bereitschaft aller, die verbleibende Zeit eines Menschen bereichernd zu nutzen.«
Nana & Chris – will you?
Aus unserer Hochzeit ist leider nichts geworden, weil Nana immer gesagt hat, sie möchte das erst wenn sie sich wieder schön fühlt. Verlobt haben wir uns in einem Moment, in dem sie sich wahrscheinlich am hässlichsten gefühlt hat. Recht viel Zeit hatte ich nicht mehr, deshalb musste es ganz schnell sein.«
Während Axel und Barbara durch Silke von Nanas finaler Entscheidung erfahren, trifft auch Chris eine Entscheidung:
Als wir uns wieder ein bisschen gefangen hatten, habe ich Nana gefragt, ob sie mich heiraten will. Sie hat sich das immer gewünscht! Das tat dann schon weh, weil es eigentlich etwas ist, worüber du dich freuen solltest.Auch ihr ist eigentlich erst da bewusst geworden, was das heißt, und sie hat angefangen, über ihre Wünsche und Träume zu reden, die sie noch hatte – und die jetzt weg sind.«
Als Barbara und Axel, die Nanas Entscheidung einvernehmlich mittragen wollen, ins Krankenzimmer
Weitere Kostenlose Bücher