Naomi & Ely - die Freundschaft, die Liebe und alles dazwischen
nach einer dieser blöden Metaphern sucht. Ich weiß nicht, ob sie sich wünscht, ich wäre tot, aber sie hat mir ziemlich deutlich klargemacht, dass sie auf meine Existenz verzichten kann.
DU SOLLST NICHT
Du sollst nicht an Samstagen die Waschküche benutzen.
Du sollst nicht zum Aufzug gehen, ohne vorher durch den Spion in der Wohnungstür überprüft zu haben, ob ich zufällig im Flur bin.
Du sollst dich nicht neben mich stellen, sondern nach deiner Post sehen, wenn du bemerkst, dass ich in der Eingangshalle auf den Aufzug warte.
Du sollst nicht neben mir stehen bleiben, sondern zum Aufzug weitergehen, wenn du bemerkst, dass ich nach meiner Post sehe.
Du sollst nicht folgende Starbucks aufsuchen: Astor Place (der auf dem Dreieck, nicht neben St. Marks), Broadway zwischen Bowery und Houston, University zwischen Eighth und Ninth.
Und so weiter und so weiter. Sie hat es nur etwas anders formuliert. Bei ihr lautete es so:
Wasch am Samstag keine Wäsche.
Schau durch den Spion, um sicher zu sein, dass ich nicht draußen auf dem Flur bin, wenn du zum Aufzug gehen willst. Ich werde das auch so machen.
Guck nach deiner Post, wenn du siehst, dass ich in der Eingangshalle auf den Aufzug warte; geh direkt zum Aufzug, wenn du siehst, dass ich nach meiner Post gucke. Ich werde das auch so machen.
Hier ist die Liste der Starbucks, in die ich gehen möchte; bitte such dir andere raus.
Sie hat mir die Zehn Gebote durch Bruce den Ersten überbringen lassen und sogar er wirkte dabei etwas verlegen. Ich habe sie Bruce dem Zweiten nicht gezeigt, denn ich weiß, dass er sich dann nur schuldig und traurig fühlen würde. Er fühlt sich so schon schuldig und traurig genug.
Ich bin wie vernagelt. Ich begreif das einfach nicht. Ich begreife nicht, warum sie das tut. Ich begreife nicht, wie etwas, das so lange Zeit so stark gehalten hat, so schnell wegbröseln kann. Ich meine, doch nicht wegen einem Jungen.
Ich hab sie angerufen. Hab ich. Am nächsten Morgen. Am Nachmittag. Am Tag danach.
Ich dachte, wir müssten beide erst etwas runterkommen, und dann gäbe es uns wieder. Naomi & Ely.
Stattdessen: verbrannte Erde.
Ich würde nicht ankommen und sagen: Hey, tut mir leid. Denn es gab für mich keinen Grund zu sagen, dass es mir leidtat, außer wegen der Sache mit Bruce dem Zweiten. Aber ich war mir ziemlich sicher, dass es nicht um die Sache mit Bruce dem Zweiten ging. Der Witz daran war - Bruce und ich waren nicht plötzlich Kondompartner geworden. Nein, in jener ersten Nacht lagen wir angezogen auf dem Bett. Und als wir dann eingeschlafen sind... ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll. Es fühlte sich so an, als hätte jemand ein Nachtlicht brennen lassen. Da war so ein kleines Leuchten.
Das ist jetzt eine Woche her - und um ehrlich zu sein, wenn ich diesen Tag wie einen Jahrestag begehen sollte, dann wäre es der Tag der verbrannten Erde zwischen Naomi & Ely und nicht der Tag der Beziehung zwischen Bruce & Ely. Ich hab nie was anbrennen lassen - ich meine, warum lange warten? -, aber ich glaube, weil es zwischen Naomi und mir so geknallt hat, ein schneller, heftiger Frontalzusammenstoß, lassen Bruce und ich uns ganz viel Zeit. Es ist alles verlangsamt. Wie in einem Genesungsheim. Oder in einer Entbindungsklinik. Viel reden, sanft streicheln. Erst mal keine heftigen Bewegungen.
Ich bin bei ihm ganz behutsam und vorsichtig, ohne zu wissen, warum. Vermutlich spüre ich einfach, dass es so besser ist.
Er hat mich bisher nicht gefragt, ob ich mal zu ihm ins Wohnheim kommen möchte, und ich bin mir nicht sicher, ob es deswegen ist, weil er nicht möchte, dass die anderen wissen, er ist mit einem Jungen zusammen, oder ob er nicht möchte, dass sie wissen, er ist mit mir zusammen. Ist auch unwichtig. Mein Bett ist bequemer als alles, was die NYU in dieser Hinsicht zu bieten hat - ich hab da meine Stichproben gemacht. Naomi hat Wohnheimbetten schon immer mehr gemocht als ich.
Wir gehen abends ins Chat ’n Chew essen und gucken uns danach am Union Square einen Film an. Danach ist es fast Mitternacht, und er hat am nächsten Morgen schon früh eine Vorlesung, deshalb beschließen wir, es damit gut sein zu lassen. Vor seinem Wohnheim kommt dann dieser süße Augenblick, wo deutlich zu merken ist, dass er sich von mir einen Abschiedskuss wünscht, und er selber ist immer noch viel zu nervös, um mir einen Abschiedskuss zu geben, deshalb beuge ich mich vor, und dann küssen wir uns. Nur kurz, denn Bruce ist immer noch so
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