Narben
am Flughafen ab, und dann nahm er den nächsten Flug nach Mexiko«, fuhr ich fort.
Travis hielt die Dose hoch und stieß einen Schrei aus. Gwen sah ihn an, zuerst wütend, dann traurig. Dann brach sie in Tränen aus.
»Ich verstehe nicht, was Sie von mir wollen. Ich fühle mich wie eine Kriminelle, dabei habe ich nichts verbrochen.«
»Wieviel Geld hat Lowell Ihnen später noch gegeben?«
»Keinen Cent.«
»Wie oft haben sie ihn seitdem getroffen?«
»Nie mehr.«
»Wirklich? Obwohl er nur acht Kilometer von Ihnen entfernt wohnt?«
»Ja! Wir waren nie bei ihm, und er ist nie zu uns gekommen.«
»Eine einmalige Zahlung von fünftausend Dollar, und das war’s dann?«
»Ja. Wir wollten nichts mehr damit zu tun haben.«
»Und Sie haben sich nie gefragt, was aus Karen geworden ist, nachdem Sie fünftausend Dollar in einer Tüte kassiert hatten?«
»Was war denn schon dabei? Er wollte einfach kein Aufsehen. Ist das nicht verständlich? Er ist reich und berühmt. Fünftausend sind ein Taschengeld für ihn. - Ich gebe zu, ich war vielleicht naiv. Aber ich war fünfundzwanzig und hatte immer arbeiten müssen. Was sollte ich denn tun? Das Geld zurückgeben, zur Polizei rennen und sagen, ich hätte ein ungutes Gefühl? Meinen Sie, die hätten auf mich gehört? Wenn Sie gesehen hätten, wie der Hilfssheriff sich benommen hat, als er ins Sand Dollar kam, würden Sie das bestimmt nicht denken. Es war ganz klar, daß er die Sache nicht ernst nahm. Er wollte nur seinen Kaffee und sein Stück Kuchen. Er meinte, sie hätte sich wahrscheinlich mit einem Kerl aus dem Staub gemacht. Was sollte ich denn sagen?«
»Aber Sie wußten doch, was Doris gesehen hatte.«
»Doris! Die sieht alles mögliche!«
»Okay. Nach den Auszahlungen hatten Sie also noch etwas über dreitausend Dollar übrig. Können Sie mir erklären, wie Sie es damit zu einem eigenen Laden und einer Villa am Strand gebracht haben?«
»Wir hatten auch noch unsere Ersparnisse von fünf Jahren. Manche Leute arbeiten eben hart.«
»Wer hat Felix Barnard von der Party erzählt?«
»Niemand.«
»Wie hat er dann davon erfahren?«
»Was weiß ich? Wahrscheinlich ist er von selbst darauf gekommen. Marvin hatte mit ihm über Karens Arbeitsmoral geredet, daß sie oft gefehlt hat und daß er vorhatte, sie zu feuern, weil er sie in Verdacht hatte, sie würde was nebenher machen.«
»Wissen Sie das von Marvin?«
Sie nickte. »Er erzählte es mir als Warnung. Barnard kam eines Tages ins Sand Dollar. Ich bediente ihn, und dann gab er mir seine Geschäftskarte und fing an, mich über Karen auszuhorchen. Ich sagte, ich wüßte nicht, wo sie sei - was auch stimmte. Marvin haßte es, wenn wir mit Kunden plauderten, also kam er herüber und schickte mich an einen anderen Tisch, und dann setzte er sich selbst mit Barnard zusammen. Als Barnard weg war, kam er zu mir und fragte mich, ob ich wüßte, wo Karen war. Er sagte, der Schwachkopf, der eben rausgegangen wäre, dächte, der Kleinen wäre etwas zugestoßen, aber er selbst war sicher, sie vergnügte sich irgendwo oder machte andere Jobs.«
»Hat Barnard Sie danach je wieder angesprochen?«
»Nein, nie wieder.«
»Haben Sie Lowell gewarnt, daß Barnard herumschnüffelte?«
»Nein! Ich sage doch, ich hatte nichts mehr mit ihm zu tun, nachdem er uns das Geld gegeben hatte!«
»Fingen Sie nicht an, sich über Lowells Geschichte Gedanken zu machen, als Barnard auftauchte? Fünftausend Dollar, nur um die Publicity zu vermeiden? Haben Sie das wirklich geglaubt, Gwen?«
Sie versuchte, meinem Blick auszuweichen, aber ich ließ nicht locker.
»Na gut«, sagte sie schließlich. »Ich dachte, sie wäre an einer Überdosis verreckt, aber was sollte ich machen? Sollte ich zur Polizei rennen? Sie war sowieso tot!«
»War Karen denn drogenabhängig?«
»Sie hat ein bißchen Gras geraucht, sonst nichts.«
»Und was gab es auf der Party?«
»Gras, Hasch, LSD - was Sie wollen. Viele Leute nahmen Drogen, das war offensichtlich. Sie ließen die Kleider fallen und hüpften im Wald herum.«
Das hieß, das Begräbnis mußte in sicherem Abstand von der Menge stattgefunden haben.
»War Karen der Typ, der sich auf so etwas einlassen würde?«
»Was weiß ich? Sie war vielleicht kein Hippie, aber eine Nonne war sie auch nicht. Die Party war das Aufregendste, was sie je erlebt hatte.«
»Haben Sie sie mit jemandem weggehen sehen?«
»Nein.«
»Auch nicht mit Lowell?«
»Nein, mit niemandem. Ich habe nicht darauf geachtet, mit wem
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