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Narben

Narben

Titel: Narben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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hing noch am Griff.
    Als sie damit zum Haus zurückgehen wollte, stellte ich mich ihr in den Weg.
    Sie ging um mich herum, aber ich schnitt ihr noch einmal den Weg ab.
    »Warten Sie, Lucy.«
    Sie ging weg, und ich wollte schreien: Das ist doch verrückt! Statt dessen sagte ich nur: »Tun Sie es nicht, Lucy. Er wird seine Freunde anrufen. Die werden sich auf Sie stürzen.«
    Sie ignorierte mich. Ich ging mit ihr am Haus vorbei, wieder zur Rückseite. Ich griff nach ihrem Arm, doch sie schüttelte mich ab.
    »Hören Sie mir zu, Lucy -«
    »Er wird überhaupt nichts tun. Er hat nie etwas getan, er redet nur.«
    »Er ist immer noch gefährlich.«
    »Er ist nichts .« Sie lächelte grimmig. »Nichts.«
    Die Hintertür war wieder zu. Offenbar hatte Nova auf Lowells Geschrei reagiert.
    Lucy nickte mir zu und ging vor mir durch die Büsche.
    Bald befanden wir uns in dichtem Farn, zwischen Schlingpflanzen, Brombeersträuchern und großblättrigen Gewächsen, die wie riesige Lilien aussahen.
    Lucy schob mit den Händen die Sträucher beiseite, und als das nicht mehr genügte, hackte sie mit dem Spaten den Weg frei.
    »Warum geben Sie das Ding nicht mir?«
    »Weil das hier mein Problem ist.« Sie stapfte weiter. »Wenn Sie glauben, daß es gefährlich ist, warum verschwinden Sie dann nicht?«
    »Ich kann Sie hier nicht einfach zurücklassen.«
    »Danke, aber ich komme schon zurecht.«
    Was waren meine Alternativen? Zurückfahren und versuchen, Milo zu erreichen, sie einfach packen und wegtragen, bei ihr bleiben und auf sie aufpassen, bis sich eine Gelegenheit ergab, sie in Sicherheit zu bringen?
    Ich mußte einfach bei ihr bleiben. Wenn sie das Grab jemals fand, würde sie bald feststellen, daß es über ihre Kräfte ging, die Leiche allein auszugraben.
    Vielleicht überschätzte ich die Gefahr. Lowell war ein Ungeheuer, doch auf seine Weise hatte er ihr die Hand gereicht. Wie könnte er es über sich bringen, seine Freunde anzurufen und sie damit zum Tode zu verurteilen?
    Sie war nur wenige Meter vor mir, doch die Vegetation hatte sich hinter ihr geschlossen wie eine Falltür. Ich schaute mich um. Auch das Haus war nicht mehr zu sehen. Es gab keinen eigentlichen Weg, doch während ich Lucys Spur folgte, erkannte ich allmählich, daß wir uns in einer Art Rinne bewegten.
    Ein überwachsener Pfad.
    Lucy ging so schnell, wie es das Dickicht erlaubte. Sie wußte offenbar, wohin sie wollte. Wie im Traum.
    Ich schloß zu ihr auf. Das Gehölz wurde immer mehr wie ein Urwald. Lucys Gesicht war schweißüberströmt, ihr Blick klar und entschlossen. Ich übernahm den Spaten und brachte uns etwas schneller vorwärts.
    Wir kamen an den Überresten einer kleinen Blockhütte vorbei. Es war nur noch eine Ruine, ohne Dach, versunken im Blättermeer. Lucy schaute kaum auf.
    Nach ein paar Minuten sah ich die zweite Hütte. Lucy blieb stehen und schüttelte den Kopf.
    Wir gingen weiter.
    Wir sprachen kein Wort. Unsere Wanderung führte uns an drei weiteren Hütten vorbei. Mücken und Bremsen verköstigten sich an uns, doch Lucy kümmerte sich nicht darum. Ihre Hände waren voller Kratzer von ihrem Kampf mit dem Unterholz. Ich spürte die Anstrengung, obwohl ich einigermaßen durchtrainiert war. Sie mußte inzwischen vollkommen fertig sein.
    Ich hackte weiter auf die Schlingpflanzen und das Dornengestrüpp ein und fragte mich, wie lange wir noch in Ruhe gelassen würden. Unsere Spur war nicht zu übersehen.
    »Selbst wenn Sie sie finden«, keuchte ich, »sie wird nach so langer Zeit nicht mehr wie ein Mensch aussehen. Wahrscheinlich haben Tiere die Knochen ausgegraben, und es ist gar nichts mehr übrig.«
    »Ich weiß. Das habe ich in der Verhandlung gelernt.«
    »Was wollen Sie machen, wenn Sie sie finden?«
    »Ich werde Teile davon mitnehmen, besonders die Kiefer. Damit kann man beweisen, daß es Karen war. Beweisen, sage ich. Endlich etwas Handfestes.«
    Ich hörte etwas knacken hinter uns und blieb stehen. Lucy hatte es auch gehört und schaute sich um, doch es herrschte wieder Stille. Sie wischte sich mit dem Hemdsärmel übers Gesicht und zuckte die Schultern.
    Es war schwer zu sagen, wie weit wir uns vom Hauptgebäude entfernt hatten. Wir gingen weiter, doch bald standen wir vor einer undurchdringlichen Wand aus efeuartigen Schlingpflanzen. Ich hackte möglichst tief unten, dicht an den Wurzeln, und konnte schließlich genug Triebe kappen, um das Dickicht beiseite schieben zu können.
    Dahinter sah alles ganz anders aus. Die Luft war

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