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Narben

Narben

Titel: Narben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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allein, oder waren Mellors und Trafficant bei ihm? Wie groß war die Party überhaupt?«
    »Halt’s Maul. Grab weiter. Ihr müßt fertig sein, bevor es dunkel wird.«
    Ich spielte weiter den eifrigen Totengräber. »Es hat also direkt da drüben stattgefunden, am anderen Ufer.«
    Er sagte nichts.
    »Weit abseits vom Trubel.«
    Er drückte seinen Fuß auf Nova. Sie hatte beide Augen geschlossen. Ihr Kiefer lag in einem unnatürlichen Winkel.
    »Ape scheint es richtig zu machen. Er sitzt am Strand, und Sie machen die Drecksarbeit.«
    »Falsch. Sie machen die Drecksarbeit.«
    Er zielte auf meine Nasenspitze. Ich bewegte fleißig Erde von einer Ecke der Kuhle in die andere. Lucy tat das gleiche. Die Grube war jetzt mindestens anderthalb Meter tief. Ich fragte mich, ob wir den letzten halben Meter weiter hinauszögern konnten.
    Graydon-Jones schien dasselbe zu denken.
    Er packte Nova am Kragen und zog sie näher heran. Die Pistole schwenkte von ihrem Kopf zu Lucy und mir und wieder zurück. Es war eine Automatik. Das Magazin faßte genug Patronen für uns alle.
    »Na was, treibt ihr etwa ein Spielchen mit mir?«
    Er zielte auf Lucy und begann, den Abzug durchzudrücken. Ich warf mich auf Lucy, doch sie konnte sich aufrichten und schleuderte eine Handvoll Erde gegen seine Brust. Er drückte ab, doch der Schuß ging in die Luft. Nova ergriff die Gelegenheit, sich aufzurichten, und klammerte sich an sein Bein, worauf er nach unten schaute und auf sie eintrat. Ich nutzte die Ablenkung, holte mit dem Spaten aus und zielte auf seine Beine. Die Schneide traf sein linkes Schienbein, und er schrie auf vor Wut und Schmerz.
    Nova schaffte es nun, sich loszureißen. Sie lief auf die Hütte zu. Als Graydon auf sie zielte, hechtete ich aus meiner Grube und stürzte mich auf ihn.
    Wir gingen zusammen zu Boden. Ich fühlte die Pistole an meiner Brust, doch sein Arm war so eingeklemmt, daß er nichts damit machen konnte. Statt dessen versuchte er, mir die Nase abzubeißen. Er mußte ziemliche Schmerzen haben, doch er schaffte es schließlich, die Pistole freizubekommen.
    Im selben Moment schnellte von links etwas Braunes in mein Blickfeld und traf ihn links im Gesicht. Der Aufprall war hart und ließ seinen Kopf nach hinten fallen. Nach dem zweiten Schlag verdrehte er die Augen und brach zusammen, so daß ich ihm die Pistole abnehmen konnte.
    Der dritte Schlag mit Lucys lehmigem Schuh machte ihn vollends bewußtlos. Er atmete noch, bewegte sich aber nicht. Links an seinem Kopf wuchs eine mächtige Beule.
    Lucy stand keuchend neben mir. Ich legte meinen Arm um sie.
    Der Spaten lag neben Graydon-Jones.
    »Alles in Ordnung?« fragte ich.
    Sie nickte. Auf der anderen Seite des Teiches lief Nova durch das hohe Gras Richtung Waldrand.
    »Rufen Sie die Polizei!« rief ich ihr nach. Sie schien mich nicht gehört zu haben.

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    Ich mußte ihn irgendwie fesseln und hatte auch eine Idee.
    Ich gab Lucy die Pistole. An der Art, wie sie sie hielt, erkannte ich, daß sie noch nie eine in der Hand gehabt hatte »Wahrscheinlich wird er sich nicht rühren, aber gehen Sie auf keinen Fall näher ran. Zielen Sie auf seinen Kopf und beobachten Sie ihn. Ich bin in ein paar Minuten zurück.«
    Ich nahm den Spaten mit und folge Nova in den Wald bis zu dem Schlingpflanzenknäuel, das uns am Nachmittag den Weg versperrt hatte. Inzwischen war alles beiseite geräumt - Graydon war unserer Spur gefolgt. Ich hackte mehrere lange Triebe ab, lief zurück und band Graydon zu einem Paket zusammen. Er atmete regelmäßig, sein Puls war ebenfalls in Ordnung. Er würde einige Platzwunden haben, mächtige Kopfschmerzen und vielleicht eine Gehirnerschütterung, aber er würde es überleben.
    Wir ließen ihn liegen und gingen zu Lowells Blockhütte zurück.
    Der Jeep stand noch vor dem Haus, doch der Mercedes war verschwunden. Ein brauner Lieferwagen mit einem Leihwagen-Kennzeichen parkte zwischen Lucys Colt und meinem Seville. Er war nicht abgeschlossen, und ich schaute hinein. Der Leihvertrag war auf einen Mr. Hacker ausgestellt. Im Laderaum lagen eine Hacke, eine Säge, ein Seil, mehrere Kartons und Müllsäcke. Die Schlüssel waren unter dem Fahrersitz versteckt. Ich steckte sie in die Tasche. Frische Reifenabdrücke und Öltropfen zeigten mir, daß der Mercedes noch nicht lange weg sein konnte.
    Wir gingen ins Haus.
    Lowell lag im Bett, die Augen geschlossen. Sein Atem war flach und langsam. Er war totenbleich.
    Unter dem Bettrand sah ich eine zerbrochene Ampulle. Die

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