Narben
läßt ihm die Sache mit Karen durchgehen, nur damit man besser an sein Geld kommt?«
»Du setzt voraus, daß man ihm wegen Karen überhaupt etwas anhängen kann. Sei lieber dankbar, daß wir das Kokain gefunden haben, denn Karens Tod ist immer noch kein Mordfall.«
»Aber man hat doch die Knochen gefunden.«
»Okay, sie ist tot, aber das heißt nicht, daß sie einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Graydon-Jones sagt, sie wäre an einer Überdosis gestorben.«
»Glaubst du ihm etwa?«
»Als er es dir erzählte, hatte er alle Trümpfe in der Hand und keinen Grund zu lügen. Sein Problem ist der Mordversuch an Lucy, Nova und dir; und daß Ape damit zu tun haben soll, werden wir nie beweisen können.«
»Wenn es ein Unfall war, warum haben sie Karen dann nicht einfach liegenlassen, bis irgend jemand sie gefunden hätte? Okay, die Presse, aber eine Überdosis war damals doch nichts Besonderes mehr. - Nein, es ergibt einfach keinen Sinn, Milo. Wir haben es hier mit üblen Kerlen zu tun und wahrscheinlich mit Vergewaltigung. Graydon sagte, Karen wäre noch Jungfrau gewesen. Sie gaben ihr Drogen, und dann geriet alles außer Kontrolle.«
»Mag ja sein, aber nur anhand der wenigen Knochenstücke, die wir ausgegraben haben, wirst du das nie beweisen können.
- Wenigstens haben wir genug Zähne gefunden, um sie mit Sicherheit identifizieren zu können.«
»Hast du ihren Vater schon benachrichtigt?«
»Ja, ich bin heute früh persönlich bei ihm gewesen.«
»Wie hat er es aufgenommen?«
»Als hätte er damit gerechnet. Er bedankte sich und ging weiter seiner Arbeit nach.« Milo rieb sich das Gesicht.
»Und was ist mit den Morden an Mellors und Barnard?«
fragte ich.
»Das gleiche Problem: Ohne schlüssige Beweise, die die beiden Fälle mit Karen Best in Verbindung bringen, sind es nur zwei voneinander unabhängige, längst ad acta gelegte Morde. Wir wissen nur, daß Ape das Motel gehörte und die Hälfte der Versicherungsfirma, die Graydon-Jones betreibt. Aber keiner von beiden macht den Mund auf.«
»Warum läßt du sie nicht glauben, du hättest etwas gegen sie in der Hand? Treib einen Keil zwischen die beiden.«
Leah Schwartz kam aus dem Büro ihres Vorgesetzten. Sie sah wütend aus. Wir gingen zusammen den Korridor hinunter.
»Politiker!« sagte sie nach einer Weile. »Wenn wir in den nächsten zwei Tagen nichts vorweisen können, wandert der Fall Best ans Ende der Liste. Das heißt, es gibt keine Anklage, und die Herren von der Drogenbekämpfung haben freie Bahn.«
»Genau zwei Tage?« fragte Milo.
»Wahrscheinlich kann ich es auf fünfzig Stunden ausdehnen, wenn wir bis dahin etwas in der Hand haben.«
»Na gut. Rom ist doch auch in zwei Tagen erbaut worden, oder?«
Sie lachte. Bis dahin hatte sie noch nicht einmal gelächelt.
Fünfzehn Stunden waren inzwischen vergangen. Graydon-Jones tuschelte noch immer mit seinem hageren, weißhaarigen Anwalt namens Jeff Stratton, dessen Anzug den gleichen Grauton hatte wie die Gefängniskleidung seines Klienten.
Jeff Stratton schob seinen Stuhl zurück, hob einen Finger und sagte, sie seien jetzt bereit. Seine Stimme kam aus einem Lautsprecher auf unserer Seite der Spiegelwand. Leah Schwanz steckte ihren Miniempfänger ins Ohr und ging mit Milo weg. Kurz darauf erschienen sie auf der anderen Seite der Scheibe und setzten sich Stratton und Graydon gegenüber an den Tisch.
»Also, Jeff«, begann Leah.
»Wir hören uns an, was Sie zu sagen haben, werden aber nicht antworten«, sagte Stratton.
Um zu dem Entschluß zu kommen, hatten sie eine Stunde gebraucht.
Leah überließ Milo die Eröffnung.
»Mr. Graydon-Jones, nach den Unterlagen zu urteilen, scheinen Sie ein intelligenter Mann zu sein.«
»Moment mal«, unterbrach Stratton freundlich, »wird das nicht etwas persönlich?«
»Wird es das nicht immer, Jeff?« fragte Leah und schaute auf ihre Uhr. »Hör zu, ich bin wirklich in Eile. Wenn wir das hier nicht schnell erledigen können, dann vergessen wir es lieber und Ihr Klient muß bis zur Verhandlung warten.«
»Nicht doch, Leah, es besteht kein Anlaß zur Unfreundlichkeit.«
Leah schaute Milo an. »Also, Detective, achten Sie auf Ihren Ton, in unser aller Interesse.« Milo hob die Augenbrauen.
»Machen Sie weiter«, sagte sie ungeduldig.
»Also, Mr. Graydon-Jones, Sie haben eindrucksvolle Referenzen und gelten als Kanone auf Ihrem Gebiet. Deshalb sind wir ein wenig verblüfft, daß Sie Mr. Ape so davonkommen lassen.«
Graydon schaute seinen
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