Narben
daß ich die Enten nicht füttere.«
Eine Viertelstunde später war ich da und entdeckte ihn auf einer Bank an einem braun veralgten Planschbecken. Ein Spaniel schnüffelte im Gras herum, aber es waren weder Menschen noch Enten in Sicht. Ich zeigte ihm Bests Merkzettel und den Zeitungsartikel, den ich kopiert hatte, und machte ihn auf das Datum der Party aufmerksam.
»Du hast dich wirklich mit ihrem Vater getroffen?«
»Auf seinen Wunsch.«
»Was macht er für einen Eindruck?«
»Hartnäckig. Fast besessen.«
»Das heißt, du hast dich gut mit ihm verstanden.«
»Ja, ich nehme an, es gibt einen Draht zwischen uns.« Ich berichtete ihm, was Best mir über seine Suche nach Karen und seinen Verdacht gegen die Sheas erzählt hatte.
»Und was soll das mit Lowell und Trafficant zu tun haben? Ist Paradise Cove nicht meilenweit weg von Topanga?«
»In Paradise Cove hat sie gearbeitet, aber ihr Zimmer hatte sie in der Nähe von Topanga Beach. Ich bin dort vorbeigefahren. Es ist nur einen Steinwurf von der Topanga Canyon Road entfernt. Und dann haben wir die zeitliche Übereinstimmung und die äußerliche Ähnlichkeit zwischen Karen und dem Mädchen im Traum.«
Er schüttelte den Kopf. »Der Vater gefällt mir nicht. Wie er diesen Leuten nachgeschlichen ist…«
»Er behauptet, er hätte sie seit Jahren in Ruhe gelassen.«
»Auch das finde ich seltsam: Er weiß, daß sie in derselben Stadt leben wie er; er glaubt immer noch, daß sie etwas wissen. Und trotzdem unternimmt er nichts.«
»Es könnte mit seiner Arbeit zusammenhängen. Er verbringt seine Tage mit guten Taten.«
»Essen für die Armen, hast du gesagt?«
»Ja. Vielleicht bin ich naiv, Milo, aber mich überzeugt seine Wohltätigkeit. Die Religion hat ihm über seinen Verlust hinweggeholfen. Beunruhigend fand ich nur das Bibelposter über seiner Spüle. Er starrte es an, während er abwusch. Eine Entführungsszene aus dem Ersten Buch Mose - Dina und Sichem. Dina war Jakobs Tochter. Sichem war ein Kanaaniter, der sie entführte und vergewaltigte. Zwei ihrer Brüder rächten sie, indem sie ihn und sein ganzes Dorf massakrierten.«
»Eine hübsche Meditationsvorlage für einen Gottesmann.«
»Du siehst, warum ich ihn nicht anstacheln will.«
»Welches Szenario stellst du dir also vor? Sie ging spazieren, landete zufällig bei Lowell und wurde prompt zu der Party eingeladen?«
»Das wäre nur denkbar, wenn sie an längere Fußmärsche gewöhnt war. Doch sie könnte auch per Anhalter gefahren sein. Stell dir vor: Sie geht die Straße lang; ein Superschlitten hält neben ihr an, und ein Prominenter erzählt ihr, es gäbe irgendwo eine heiße Party mit jeder Menge anderer Hollywoodtypen, ›Steig doch ein‹. Welches junge Mädchen, das gern Schauspielerin werden möchte, könnte da nein sagen?«
»Das mag plausibel klingen, vorausgesetzt, die Party versammelte sich schon einen Tag, bevor es richtig losging. Aber es bleibt dabei: Bis jetzt haben wir nur einen Traum und ein vermißtes Mädchen.«
»Ein Mädchen, das jede Woche zu Hause anrief und dann plötzlich nicht mehr. Nie mehr.«
»Ich bezweifle auch nicht, daß sie tot ist. Die Frage ist nur, ob du nachweisen kannst, daß sie auf Lowells Grundstück gestorben ist. Mir macht etwas anderes Sorgen, Alex: Lucys Bruder Peter. Der Junge verreist nie, nur als sie den Kopf in den Backofen steckt, ist er zufällig nicht in der Stadt. Er ist arbeitslos, und dann soll er plötzlich zu beschäftigt sein, um zurückzukommen? Er macht sich die Mühe, Dr. Embrey anzurufen und einen Halbbruder, den er seit zwanzig Jahren nicht gesehen hat, findet aber nicht die Zeit, sich bei seiner Schwester zu melden? - Wenn das nicht seltsam ist. Und dann kommt Lucy mit der Geschichte heraus, jemand hätte in ihrer Unterwäsche gewühlt, wo Peter der einzige ist, der einen Schlüssel zu ihrer Wohnung hat.«
»Du meinst, er steckt dahinter?«
»Ich meine, er scheint vor etwas auf der Flucht zu sein, vielleicht vor seinen eigenen Gefühlen. Er könnte ihr auf eine Weise nahestehen, die ihm angst macht. Deshalb zieht er sich in die Wüste zurück, weit weg von ihr, allein mit seinen schmutzigen Gedanken.«
Ich versuchte mich an Peter zu erinnern, an unsere einzige Begegnung. Das blasse Gesicht, die schläfrige Stimme, der dicke Pullover an einem heißen Tag. Seine Eile, ins Auto zurückzukommen; wie er auf seinen Schoß schaut…
»Vielleicht läuft er vor etwas anderem weg.« Ich beschrieb meinen Eindruck von dem jungen Mann.
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