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Narben

Narben

Titel: Narben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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wegen Trafficant nachzuforschen?«
    »Sicher, wenn ich schon mal dabei bin.«
    »Die arme Lucy. Noch mehr Probleme.«
    »Ja. Irgendwie scheint sie sie anzuziehen.«
    Auf dem Weg zurück nach Malibu fiel mir eine Neonreklame mit einem Pfeil Richtung Strand auf: THE SAND DOLLAR - GANZTÄGIG WARME KÜCHE. Kurzentschlossen bog ich ab.
    Die Straße führte zu einem geräumigen Parkplatz. Das Restaurant war ein holzverschindeltes Gebäude auf einem Privatstrand. Ein Banner über der Tür versprach Sonderpreise während der flauen Stunden. Die Wand zur Strandseite war voll verglast. Auf dem Strand verloren sich ein paar Touristen. Der riesige Speisesaal war fast leer, und die meisten Gäste sahen wie Einheimische aus.
    Zwei Kellnerinnen bedienten, die eine jung und rothaarig, die andere Mitte Fünfzig, mit breitem Gesicht und grauer Dauerwelle.
    Der Besitzer war ein alter Mann mit einer Nase, die fast seine Oberlippe berührte. Als er mich bemerkte, unterbrach er seine Unterhaltung mit einem Küchenjungen und führte mich zu einem Fenstertisch. Ein paar Minuten später erschien die ältere Kellnerin und nahm meine Bestellung auf: frittiertes Fischfilet, Eier, Röstkartoffeln, Orangensaft und Kaffee. Es schmeckte nicht schlecht, und ich gab mir Mühe, langsam zu essen. Bis ich fertig war, hatte sich das Restaurant fast geleert. Die Kellnerin war nirgendwo zu sehen. Schließlich entdeckte ich sie rauchend vor dem Fernseher an der Bar. Ich winkte ihr zu.
    Sie kam griesgrämig zu mir herübergewatschelt. Auf ihrem Namensschild las ich DORIS. Ich gab ihr eine Zwanzigdollarnote. Während sie das Wechselgeld holte, ging ich auf Bests Zettel das Restaurant-Personal durch.
    Doris Reingold?
    Als sie zurückkam, sagte ich: »Behalten Sie die fünf als Trinkgeld.«
    Sie schenkte mir ein warmes Lächeln.
    »Ausgezeichnet. - Ziemlich ruhig heute, nicht wahr?«
    »Ach, es geht auf und ab. Sonntags bekommen Sie hier nur einen Platz, wenn sie vorher reserviert haben. Das ganze Hollywoodvolk kommt hierher. Sie verbringen die Wochenenden in ihren Strandhäusern. Ich sage immer zu Marvin, er soll die Preise erhöhen, aber er will nicht.«
    »Warum?«
    Sie zuckte die Schultern. »Es war eben nie teuer hier. Nächstes Jahr ist wahrscheinlich sowieso Schluß. Marvins Gesundheit ist nicht mehr die beste, und alle Welt ist hinter dem Grundstück her. Es ist ein Vermögen wert.«
    »Schade. Ich werde öfter kommen, solange Sie noch geöffnet haben.«
    »O ja, Kunden wie Sie kann ich immer gebrauchen.« Sie lachte. »Wohnen Sie in der Gegend?«
    »Ja, seit kurzem.«
    »Am Strand?« Ich nickte.
    »Schön. Ich wohne drüben in Ventura. Haben Sie gemietet oder gekauft?«
    »Gemietet.«
    »Ich auch. Man muß schon Millionär sein, wenn einem hier etwas gehören soll, nicht wahr?«
    »Das kann man wohl sagen. Arbeiten Sie schon lange hier?« Sie zog die Augenbrauen hoch. »Sieht man mir das etwa an?
    Wie lang genau, werde ich Ihnen nicht verraten, also fragen Sie lieber erst gar nicht.«
    Ich erwiderte ihr Lächeln. »Was werden Sie denn tun, wenn der Besitzer hier zumacht?«
    »Ich weiß noch nicht. Vielleicht mache ich wieder Partyservice. Es gibt so viele Firmen, die das jetzt machen, daß man immer was findet. Nicht daß ich mich darauf freuen würde…«
    »Es würde Ihnen keinen Spaß machen?«
    »Bestimmt nicht. Es ist eine ziemliche Plackerei. Ich hab es vor Jahren schon mal gemacht. Eine Freundin von mir, die auch hier gearbeitet hat, hat solche Jobs an Land gezogen. Gutes Geld für schlechte Arbeit.« Sie zwinkerte mir zu. »Marvin mochte es gar nicht, wenn wir nebenher arbeiteten. Wir mußten es hinter seinem Rücken machen.«
    »Ich dachte an eine Einweihungsparty bei mir und könnte einen guten Service gebrauchen. Wo finde ich Ihre Freundin?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Die macht das nicht mehr. Die ist reich geworden und hat jetzt ihr eigenes Geschäft.« Sie lächelte mich an. »Sie leben also in der Nachbarschaft? Was machen Sie denn?«
    »Ich bin Psychologe.«
    »Aha.« Sie zwinkerte mir wieder zu. »Dann sollte ich besser gar nicht mit Ihnen reden.«
    »Keine Sorge, ich bin außer Dienst.«
    »Ich hätte nie gedacht, daß Sie Psychologe sind. Ich hätte auf Anwalt getippt oder auf Musikgeschäft oder die Richtung.« Sie faßte in die Schürzentasche, in die sie mein Trinkgeld gesteckt hatte.
    »Ich habe früher in einer Band gespielt«, sagte ich, »in Cocktailbars. Ich weiß, was es heißt, wenn man auf die Großzügigkeit der Leute

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