Narben
das Seitenfenster herunter.
»Ich war heute in dem Surferladen der Sheas«, fiel mir noch ein. »Ich hab mir eine neue Badehose gekauft und sah zufällig, wie Gwen mit ihrem Sohn ankam. Er ist spastisch gelähmt und braucht permanente Pflege. Tom Shea fährt einen neueren BMW 735, und Gwen hat einen umgebauten Ford-Bus, in dem sie den Jungen transportiert, und sowohl Best als auch Doris Reingold erzählen, die Sheas hätten ein Haus in La Costa, direkt am Strand. Auch vor Jahren konnten sich das nur Leute mit solidem Geld erlauben. Und dann die Arztrechnungen für den Jungen… Der Laden sieht nicht gerade wie eine Goldgrube aus, doch sogar wenn das täuscht: Wie kommen ein Barmann und eine Kellnerin an das Kapital, ein solches Geschäft überhaupt erst aufzumachen? Wir vermuten, daß Barnard plötzlich zu Geld kam, eventuell durch Erpressung; vielleicht war er nicht der einzige.«
»Gwen war offenbar eine geschäftstüchtige Frau, wenn sie Arbeitskolonnen für Partys organisiert hat. Vielleicht hatte sie noch andere Dinge laufen.«
»Trotzdem, ist es nicht ein ziemlicher Sprung von ein bißchen Schwarzarbeit zu einer Villa am Strand? Eine kleine Kapitalspritze vor einundzwanzig Jahren würde das alles verständlicher machen. Ich wüßte gern, was in der Zeit zwischen dem Umzug der Sheas und ihrer Rückkehr passiert ist. Und warum sind sie überhaupt weggegangen? Wenn der einzige Grund war, daß sie von Simon Best belästigt wurden, dann kann das doch nur bedeuten, daß etwas dran war an seinen Vorwürfen.«
»Abwarten, Alex. Ich habe Barnards Witwe eine Menge Informationen hinterlassen. Malibu ist immer noch ein Kaff, wo eine Menge geklatscht wird. Mal sehen, was dabei herauskommt.«
»Du willst die Raubtiere aus ihren Höhlen locken?«
Er machte mit der Hand eine Pistole nach und zielte auf die Windschutzscheibe. »Bumm.«
»Ich kriege vielleicht auch etwas Großes vor die Flinte. Ich habe mich mit Lucy geeinigt, daß ich Lowells Einladung annehmen sollte.«
Er ließ die Hand sinken. »Wo triffst du dich mit ihm?«
»Im Sanktum.«
»Wühl ja nicht im Dreck und such nach versteckten Gräbern.«
»Nein, Papi, bestimmt nicht.«
»Hör zu, ich kenne dich… Soll ich inzwischen mit Doris Reingold reden, oder möchtest du das lieber selbst noch mal versuchen?«
»Laß mich das lieber machen. Ich bin schon fast ihr Freund. Noch ein dickes Trinkgeld, vielleicht öffnet sie mir dann ihr Herz. - Ich hoffe übrigens, ich kann meine Spesen mit der Polizei abrechnen.«
»Noch so ein Witz, und ich verhafte dich.«
24
Am nächsten Morgen erwachte ich mit Jagdfieber und rief im Sanktum an. Es antwortete dieselbe Frau wie bei meinem ersten Anruf dort. Ich brauchte mich nicht mehr vorzustellen, sie schnitt mir das Wort ab: »Bleiben Sie dran.«
Nach mehreren Minuten kam sie zurück. »Er wird Sie morgen um eins empfangen. Wir sind schwer zu finden, schreiben Sie besser mit«
Sie gab mir durch, wie ich zu fahren hatte, und legte auf.
Ich holte Trafficants Buch aus dem Schlafzimmer und suchte nach einer Erwähnung des Lektors, doch im Impressum war er nicht aufgeführt. Ich rief beim Verlag an, und eine verwirrte Telefonistin verkündete: »Wir haben hier keinen Trafficant.«
»Das weiß ich. Er ist einer Ihrer Autoren.«
»Belletristik oder Sachbuch?« Gute Frage. »Belletristik.«
»Augenblick.«
Als nächstes kam ein Mann an den Apparat. »Redaktion.«
»Ich versuche, den Lektor ausfindig zu machen, der für Terrence Trafficant zuständig war.«
»Terrence wer?«
»Terrence Trafficant. Vom Hunger zum Zorn .«
»Ist das auf unserer aktuellen Liste?«
»Nein, es ist vor einundzwanzig Jahren erschienen.« Klick. Dann eine Frau: »Restauflagen.«
Ich wiederholte meine Anfrage.
»Nein, das ist nicht mehr auf unserer Backlist. Wann ist es denn erschienen?«
»Vor einundzwanzig Jahren.«
»Dann ist es bestimmt längst in der Papiermühle gelandet. Versuchen Sie es doch mal in einem Antiquariat.«
»Hinter dem Buch bin ich gar nicht her. Ich suche den Lektor.«
Klick, zurück in die Redaktion. Der Mann dort war nicht erfreut, meine Stimme wieder zu hören. »Ich habe leider nicht die geringste Ahnung, wer das war. Es ist doch ein ständiges Kommen und Gehen hier.«
»Gibt es denn keine Möglichkeit, so etwas herauszufinden?«
»Nicht daß ich wüßte.«
»Könnten Sie mich vielleicht mit dem Redaktionsleiter verbinden?«
»Das ist Bridget Bancroft«, sagte er, als wäre die Sache damit
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