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Narben

Narben

Titel: Narben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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erledigt.
    »Dann verbinden Sie mich mit ihr.« Klick. »Bridget Bancrofts Sekretariat.«
    »Ich würde gern mit Ms. Bancroft sprechen.«
    »Worum geht es?«
    »Um einen Ihrer Autoren. Mein Name ist Alex Printer. Ich vertrete den Delaware Verlag in Kalifornien. Wir dachten daran, eine Textauswahl aus Terrence Trafficants Vom Hunger zum Zorn in einer -«
    »Da müssen Sie mit unserer Lizenzabteilung sprechen.«
    »Könnten Sie mir vielleicht sagen, wer der zuständige Lektor war?«
    »Wie hieß der Autor noch?«
    »Trafficant, Vom Hunger zum Zorn , vor einundzwanzig Jahren erschienen.«
    »Das kann ich nicht sagen. Die Leute kommen und gehen.«
    »Vielleicht wüßte Ms. Bancroft darüber Bescheid.«
    »Ms. Bancroft ist in Urlaub.«
    »Würden Sie sie bitten, mich zurückzurufen, sobald sie zurückkommt?«
    »Sicher. Möchten Sie trotzdem mit der Lizenzabteilung reden?«
    »Ja, bitte.«
    Diesmal kam nur ein Anrufbeantworter. Ich hinterließ meinen Spruch und legte auf.
    Lucy kam pünktlich zu unserem Nachmittagstermin. Sie wirkte schwungvoll, und ihre Augen glänzten.
    »Ich habe so gut geschlafen letzte Nacht - ohne Alptraum -, vielleicht schaffe ich es heute, wach zu bleiben. Es ist ein bißchen komisch, in fremder Leute Betten zu schlafen, aber Ken sagt, ich würde mich daran gewöhnen. Er macht das die ganze Zeit.«
    Sie biß sich auf die Lippen. Ihr Blick wurde glasig.
    »Stimmt etwas nicht?«
    »Ach, nichts… Ich dachte nur an den Sommer, als ich für Raymond arbeitete - an das Bett. Ich haßte es. Im Geist verließ ich das Zimmer - wie unter Hypnose, nehme ich an.«
    »Wohin haben Sie sich gewöhnlich versetzt?«
    »An einen Strand.« Sie lachte. »Ist das nicht eigenartig? Und jetzt sitze ich hier und schaue auf die Wellen. Doch manchmal brach die Wirklichkeit ein, wenn ich dalag, mit jemandem auf mir. Es darf nie mehr passieren, daß ich so die Kontrolle verliere. Verstehen Sie mich nicht falsch, aber kein Mann wird das je verstehen können. Männern passiert so etwas nicht. Vielleicht kommt der Traum daher. Vor vielen Jahren sah ich, wie sie über Karen herfielen. Es blieb in meinem Gedächtnis hängen, und irgendwie…«
    Sie griff nach einem Taschentuch. »Also, Zeit für die Hypnose. Ich werde bestimmt nicht ausrasten, das verspreche ich Ihnen.«
    Ich ließ sie entspannen und aufs Meer hinausschauen, während ich ihr erklärte, daß Regression, das Zurückgehen zur Kindheit, nicht immer funktionierte oder exakt war, daß manche Menschen keinen Zugang zu ihren Kindheitserinnerungen fänden, nicht einmal in tiefster hypnotischer Trance. Und wie andere sich falsche Erinnerungen einbildeten oder bewußt vortäuschten.
    Sie nickte, schon halb in Trance. Ich begann die Induktion, und sie reagierte fast augenblicklich. Ihre Glieder wurden wie Wachs, die Haut fast unempfindlich gegen Schmerz. Ich führte sie zu ihrem »Lieblingsplatz« und ließ sie eine Weile dort. Sie schien vollkommen entspannt.
    Dann versuchte ich es. »Lucy, können Sie mit mir reden?« Ihr »Ja« klang tief und kehlig.
    »Es ist mühsam, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Aber Sie fühlen sich wohl.«
    »Ja.«
    »Und Sie wollen mit mir reden.«
    »Ja.«
    »Das Reden ist so schwer, weil Sie so entspannt sind, Lucy. Das ist gut so. Um es leichter zu machen, können Sie mir antworten, indem Sie einen Finger heben. Den rechten Zeigefinger für ›ja‹, den linken für ›nein‹. Verstehen Sie?«
    Ihre Lippen versuchten ein Wort zu formen, dann hob sie den rechten Zeigefinger.
    »Sehr gut. Nehmen Sie nun den Finger herunter. Von jetzt an brauchen Sie den Finger jeweils nur eine Sekunde oben zu lassen. Versuchen wir es mit ›nein‹, nur zur Übung - gut. Sie bleiben tief entspannt und können sagen, was Sie zu sagen haben. Verstehen Sie?«
    Der rechte Finger hob und senkte sich.
    »Möchten Sie die Hypnose jetzt beenden?« Linker Finger.
    »Sie wollen weitermachen?« Rechts.
    »Erinnern Sie sich, was ich über Regression gesagt habe?« Rechter Finger.
    »Möchten Sie das jetzt probieren?« Rechter Finger.
    »Gut. Holen Sie tief Atem und entspannen Sie sich. Sie spüren immer mehr Frieden, immer mehr Sicherheit, Selbstkontrolle. Sie hören meine Stimme, doch Sie behalten die Kontrolle über Ihre Gefühle und Empfindungen. Gut… Jetzt möchte ich, daß Sie sich vorstellen, in einem Zimmer mit einem riesigen Fernsehschirm zu sein. Ein sehr schönes, gemütliches Zimmer. Sie sitzen in einem bequemen Sessel vor dem Fernsehschirm. Sie betrachten den

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