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Narben

Narben

Titel: Narben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Fragen - aber nein, das macht nichts. Ich habe wirklich keine Ahnung, was seine Fälle waren. Felix hat nie darüber geredet. Ich glaube, es gab gar nicht so viele Fälle, besonders gegen Ende nicht. Ich weiß noch, daß er manchmal für Anwälte gearbeitet hat, aber fragen Sie mich bitte nicht nach den Namen. Das ist wirklich zu lange her. Ich hatte außerdem meinen eigenen Job. Ich bin keine Feministin, aber ich hab immer gearbeitet. Wir hatten keine Kinder. Wir gingen beide unserer Wege und machten unsere Arbeit. Aber im Grunde war er ein netter Kerl. Er hat mich nie angeschrien, nicht mal wenn wir Streit hatten.«
    »Und er hat nie über Karen Best geredet?«
    »Nie. Er hat überhaupt nicht viel geredet. Wir hatten jeder seinen eigenen Rhythmus. Ich stand um sechs auf, führte die Hunde spazieren - wir hatten Zwergpudel -, und um acht war ich im Büro, bis fünf. Felix schlief gern lange. Er sagte immer, er müßte oft nachts arbeiten, und vielleicht stimmte das sogar. Jedenfalls war er oft weg, wenn ich zu Hause war, und umgekehrt. Vielleicht haben wir es auf die Weise geschafft, einunddreißig Jahre zusammenzubleiben.«
    Sie grinste, wurde jedoch schnell wieder ernst. »Trotzdem, der Mord war das Schlimmste, was mir je passiert ist nach dem Tod meiner Eltern. Als Sie anriefen, wollte ich erst nicht darüber reden, aber Sie sind ein Gentleman, Mr. Sturgis, und dann sagten Sie ja, daß Felix vielleicht gar nicht wegen Hurerei umgekommen ist. Es wäre so schön, wenn das stimmte.«

23
    Sie zeigte uns zwei Fotos von Felix und ihr.
    »Das sind die einzigen, die ich noch habe. Wenn man in so einen Wagen zieht, muß man sich von vielem trennen.«
    Das erste war ein Hochzeitsfoto: das junge Paar vor einem gemalten Hintergrund mit Trevi-Brunnen. Sie war ein hübsches, dunkelhaariges Mädchen gewesen, doch schon mit neunzehn hatte sie diesen argwöhnischen, schlauen Ausdruck in den Augen. Felix war nicht viel größer als seine Braut, ein magerer Mann mit angeklatschtem Haar und Clark-Gable-Ohren. Er hatte auch den gleichen dünnen Schnurrbart wie Clark Gable, doch da endete die Ähnlichkeit.
    Das andere Foto war ein Schnappschuß, zwei Jahre vor Barnards Tod. Der Schnurrbart war verschwunden. Sein Rücken war gekrümmt, das Gesicht voller Falten, das Toupet peinlich auffällig. Mo hatte sich das Haar bleichen lassen und etwas Gewicht angesetzt, trotzdem sah sie noch jung genug aus, daß sie als seine Tochter durchgehen konnte. Das Foto war in einem Garten aufgenommen worden, im Schatten eines großen Apfelsinenbaums.
    »Da haben wir gewohnt, als wir noch in Santa Monica waren. Ich hab es jetzt vermietet. Von der Miete und meiner Pension kann ich einigermaßen leben.«
    Milo fragte, ob er das neuere der beiden Fotos ausleihen dürfte, und sie stimmte sofort zu. Wir bedankten uns und gingen hinaus. Als wir vor dem Wohnwagen standen, sagte sie:
    »Viel Glück. Halten Sie mich auf dem laufenden, falls Sie was herausfinden.«
    »Eine nette Frau«, bemerkte ich auf dem Weg zu unseren Wagen. »Wie hast du rausbekommen, daß Barnard ermordet wurde?«
    »Bei der Sozialversicherung war er als verstorben geführt; also sah ich in den Sterberegistern nach und stieß auf die Todesursache: Mord. Du kannst dir vorstellen, wie überrascht ich war. Laut Autopsiebericht hat man ihn in den Hinterkopf geschossen, in diesem Motel, wie Mo gesagt hat. Was sie nicht weiß, ist, daß er die Hosen herunter hatte, als er starb, aber es gab keinen Hinweis auf sexuelle Aktivität, keine Ejakulation kurz vor dem Tod, nichts.«
    »War es ein regelrechtes Bordell?«
    »Nein, aber es war so ungefähr alles erlaubt dort. Ich kannte den Laden gut von meinen Streifenfahrten: Drogen, Schlägereien, alles mögliche, auch Prostitution. Die Beamten, die den Mord bearbeiteten, schätzten Barnard als einen Freier ein, der an die falschen Leute geraten war.«
    »Hat jemand den Schuß gehört?«
    »Nein. Der Portier entdeckte die Leiche beim Saubermachen. Bis die Polizei kam, hatten sich alle anderen Gäste aus dem Staub gemacht.«
    »Ein tauber Portier?«
    »Es ist eine belebte Straße, oder sein Fernseher lief mit voller Lautstärke, wer weiß? Damals gab es jedenfalls keinen Anlaß, irgend etwas anderes zu vermuten, als daß Barnard den falschen Ort und die falsche Zeit für sein kleines Rendezvous erwischt hatte.«
    »Und heute?«
    »Vielleicht ist wirklich nicht mehr daran. Ich habe dich nur angerufen, weil die Tatsache, daß er ermordet wurde, deine

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