Narkosemord
Haus herumgegangen und hat versucht, über die Veranda hereinzugelangen.«
»Als ich vorhin reinkam, war draußen niemand zu sehen.«
»Bist du sicher?«
»Ziemlich sicher«, antwortete Kelly. »Aber vielleicht schau’ ich besser doch noch mal nach.« Sie wollte zur Tür gehen, aber Jeffrey packte sie hastig beim Arm. Erst da sah sie, wie verängstigt er war.
»Er ist wahrscheinlich bewaffnet.«
»Soll ich die Polizei anrufen?«
»Nein.« Jeffrey wußte nicht, wie sie sich verhalten sollten.
»Weißt du was?« sagte Kelly. »Du versteckst dich wieder in der Speisekammer, und ich seh’ mich draußen um. Okay?«
Jeffrey nickte. Die Vorstellung, daß Kelly O’Shea allein gegenüberstand, schmeckte ihm zwar überhaupt nicht, aber da er derjenige war, hinter dem O’Shea her war, würde O’Shea sie wahrscheinlich in Frieden lassen. Irgendwie mußten sie jedenfalls herauskriegen, ob O’Shea sich noch immer auf dem Grundstück herumtrieb. Jeffrey kehrte zurück in die Speisekammer.
Kelly ging zur Haustür und schaute vor dem Haus und auf der Straße nach. Dann schlich sie einmal ums Haus. Sie fand ein paar schmutzige Fußabdrücke auf der Veranda, aber das war auch alles. Wieder im Haus, sagte sie Jeffrey, er könne herauskommen. Sobald er draußen war, huschte Delilah hinein.
Immer noch nicht ganz überzeugt, machte Jeffrey behutsam seinen eigenen Rundgang um das Haus. Kelly ging hinter ihm her. Er war echt verblüfft. Warum war O’Shea wieder abgezogen? Nicht etwa, daß es ihm nicht recht gewesen wäre…
Als sie wieder drinnen waren, sagte Jeffrey: »Wie, zum Teufel, hat er mich finden können? Ich habe niemandem erzählt, daß ich hier bin - du vielleicht?«
»Nicht einer Menschenseele.«
Jeffrey ging ins Gästezimmer und zog seine Reisetasche unter dem Bett hervor. Kelly stand im Türrahmen. »Was machst du?« fragte sie.
»Ich muß von hier verschwinden, bevor er wiederkommt.«
»Jetzt warte doch erst mal«, sagte Kelly. »Laß uns darüber reden. Vielleicht sollten wir uns erst mal beraten, bevor du so mir nichts, dir nichts entscheidest abzuhauen. Ich dachte, wir ziehen diese Sache gemeinsam durch.«
»Ich darf auf keinen Fall hier sein, wenn er wiederkommt«, entgegnete Jeffrey.
»Bist du sicher, daß O’Shea überhaupt weiß, daß du hier bist?«
»Das liegt doch wohl auf der Hand«, antwortete Jeffrey, und seine Stimme klang fast gereizt. »Oder glaubst du vielleicht, er klappert jetzt ganz Boston ab und klingelt an jeder Wohnungstür?«
»Kein Grund, gleich sarkastisch zu werden«, sagte Kelly geduldig.
»Entschuldige. Ich bin nicht allzu taktvoll, wenn ich Angst habe.«
»Ich glaube, es gibt einen Grund, warum er hier war und geklingelt hat«, sagte Kelly. »Du hast Chris’ Aufzeichnungen in deinem Hotelzimmer liegenlassen. Da stand überall sein Name drauf. Er ist wahrscheinlich einfach dieser Spur nachgegangen und wollte mir ein paar Fragen stellen.«
Jeffreys Augen verengten sich, als er über diese Möglichkeit nachdachte. »Meinst du wirklich?« fragte er. Der Gedanke war gar nicht so abwegig.
»Je mehr ich darüber nachdenke, desto plausibler erscheint mir diese Erklärung. Warum hätte er sonst wieder wegfahren sollen? Wenn er gewußt hätte, daß du hier bist, hätte er sich einfach draußen in seinen Wagen gesetzt und abgewartet, bis du rauskommst. Jedenfalls hätte er bestimmt nicht so schnell aufgegeben.«
Jeffrey nickte. Kellys Argument machte durchaus Sinn.
»Ich glaube, daß er wiederkommen wird«, fuhr Kelly fort. »Aber ich glaube nicht, daß er weiß, daß du hier bist. Das bedeutet, daß wir ab jetzt noch vorsichtiger sein und uns irgendeine Erklärung ausdenken müssen, warum du Chris’ Aufzeichnungen bei dir hattest, falls er mich danach fragt.«
Jeffrey nickte wieder.
»Hast du irgendeinen Vorschlag?« fragte sie.
Jeffrey zuckte mit den Schultern. »Wir sind beide Anästhesisten. Du könntest sagen, Chris und ich hätten zusammen an einem Forschungsprojekt gearbeitet.«
»Wir müssen uns schon was Besseres einfallen lassen«, erwiderte Kelly. »Aber es ist zumindest ein Gedanke. Jedenfalls bleibst du hier, also tu deine Reisetasche wieder unters Bett.« Sie machte auf dem Absatz kehrt und verließ das Gästezimmer.
Jeffrey seufzte vor Erleichterung. Er hatte eigentlich nie wirklich weggehen wollen. Er schob die Reisetasche unters Bett und folgte Kelly.
Das erste, was Kelly tat, war, die Rollos im Eßzimmer, in der Küche und im Wohnzimmer
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