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Narkosemord

Titel: Narkosemord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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wieder die Erinnerung an das Drama mit Patty Owen wach. Als wäre es gestern gewesen, konnte er ihr Gesicht vor sich sehen, als sie ihn hilfesuchend angestarrt hatte, unmittelbar bevor die Krämpfe sie zu schütteln begonnen hatten.
    »Es war grauenhaft«, fuhr Kelly fort. »Sie hatte diesen Anfall, oder wie immer man es nennen will, in ihrer Badewanne. Dabei ist sie so hart mit dem Kopf gegen die Armaturen geschlagen, daß sie sich eine Schädelfraktur zuzog.«
    »Wie schrecklich«, sagte Jeffrey. »Ist sie daran gestorben? An der Fraktur?«
    »Die hat ihr sicherlich nicht geholfen«, sagte Kelly. »Aber sie war nicht die Todesursache. Von dem Moment an, als die Sanitäter in ihre Wohnung kamen, hatte sie Arrhythmien. Das Erregungsleitungssystem war schwer gestört. Auf der Intensivstation hatte sie dann einen Herzstillstand. Wir kriegten das Herz mit einem Schrittmacher noch einmal kurz in Gang, aber es war nur noch ein Stolpern. Das Herz war einfach zu schwach.«
    »Einen Moment mal«, sagte Jeffrey. Er war bestürzt über die Ähnlichkeit zwischen Kellys Schilderung vom Verlauf der Symptomatik bei der Krankenschwester und dem, was er bei Patty Owen erlebt hatte, nachdem er ihr das Marcain injiziert hatte. Er wollte sicher sein, daß er sie richtig verstanden hatte.
    »Du sagst, eine der OP-Schwestern wurde eingeliefert nach einem Anfall mit anschließenden Herzrhythmusstörungen?« fragte er.
    »Richtig«, sagte Kelly. Sie öffnete die Tür des Geschirrspülers und begann, die schmutzigen Teller und Bestecke hineinzupacken. »Es war so schrecklich traurig. Es war so, als ob einer aus der Familie stirbt.«
    »Gab es irgendeine Diagnose?«
    Kelly schüttelte den Kopf. »Nein. Sie dachten zuerst an einen Hirntumor, aber bei der Kernspintomographie fanden sie nichts. Sie muß wohl irgendeinen unerkannten Herzfehler gehabt haben, eine Entwicklungsstörung oder so was. Das hat mir jedenfalls einer der Stationsärzte von der Inneren gesagt.«
    »Wie hieß die Krankenschwester?« wollte Jeffrey wissen.
    »Gail Shaffer.«
    »Weißt du irgendwas über ihr Privatleben?« fragte Jeffrey.
    »Ein bißchen«, antwortete Kelly. »Wie gesagt, wir waren recht gut befreundet.«
    »Erzähl mir von ihr!«
    »Sie war Single, aber soviel ich weiß, hatte sie einen festen Freund.«
    »Kennst du den Freund?«
    »Nein. Ich weiß nur, daß er Medizinstudent war«, antwortete Kelly. »Warum interessiert dich das eigentlich so?«
    »Ich bin nicht sicher«, sagte Jeffrey, »aber gleich nachdem du angefangen hast, mir von Gail Shaffer zu erzählen, mußte ich unwillkürlich an Patty Owen denken. Es war der gleiche Verlauf. Erst der Anfall und dann Erregungsleitungsstörungen.«
    »Du willst doch nicht etwa andeuten…« Kelly konnte ihren Satz nicht vollenden.
    Jeffrey schüttelte den Kopf. »Ich weiß, ich weiß. Ich klinge langsam wie einer von diesen Verrückten, die hinter allem und jedem eine Verschwörung sehen. Aber es ist so ein ungewöhnlicher Verlauf. Ich glaube, ich bin an einem Punkt, wo ich einfach unheimlich sensibel auf alles reagiere, was auch nur entfernt verdächtig klingt.«
     
    Als es auf elf zuging, fand O’Shea, daß es Zeit war, für heute Feierabend zu machen. Es war jetzt zu spät, um noch erwarten zu können, daß die Leute einem wildfremden Mann die Tür aufmachten. Außerdem hatte er heute wahrlich genug getan, und er war müde und erschöpft. Allmählich begann er sich zu fragen, ob sein intuitives Gefühl, daß dieser Christopher Everson irgendwo im Gebiet von Boston sein mußte, ihn nicht doch getrogen hatte. Er hatte alle Eversons in den südlichen Vororten von Boston abgeklappert, ohne irgendein greifbares Ergebnis bekommen zu haben. Außer der älteren Dame in Newton hatte noch einer gesagt, er glaube, schon mal etwas von einem Dr. Christopher Everson gehört zu haben, aber er hatte weder gewußt, wo er wohnte, noch, wo er arbeitete.
    Da er jetzt wieder in der Innenstadt von Boston war, entschloß sich O’Shea, noch einmal kurz bei Michael Mosconi vorbeizufahren. Er wußte, daß es spät war, aber das interessierte ihn nicht. Er fuhr zum North End und parkte seinen Wagen in zweiter Reihe auf der Hanover Street. Von dort aus ging er zu Fuß durch die engen Straßen zur Unity Street, wo Mosconi ein bescheidenes dreistöckiges Haus besaß.
    »Ich hoffe, Ihr später Besuch verheißt gute Nachrichten für mich«, sagte Mosconi, als er O’Shea öffnete. Er trug einen rotbraunen Bademantel aus Kunstfaser, der bei

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