Narkosemord
Schlüsseln, während Jeffrey nervös mit der Hand auf das Wagendach schlug.
»Du hast sie!« schrie Kelly, sich schlagartig erinnernd.
Jeffrey stutzte, fühlte in seiner Tasche und zog die Schlüssel hervor. Er warf sie Kelly über das Wagendach zu. Kelly schloß die Tür auf, sprang hinein und öffnete Jeffrey die Beifahrertür. Sie ließ den Motor an und gab Gas. Sekunden später waren sie auf dem Storrow Drive. Kelly jagte den Wagen auf hundert hoch. Wenige Minuten später erreichten sie das Ende des Storrow Drives, und Kelly tauchte in das Labyrinth der engen Innenstadtstraßen ein.
»Was, in aller Welt, geht hier vor?« fragte Kelly scharf, als sie wieder zu Atem gekommen waren.
»Wenn ich das nur selbst wüßte!« brachte Jeffrey hervor. »Ich habe keine Ahnung. Ich glaube, sie haben sich um mich gestritten!«
»Und ich laß mich von dir zu solch einem Wahnsinnsplan überreden!« sagte Kelly gereizt. »Ich hätte wieder mal besser auf meine Intuition hören sollen.«
»Wie hätten wir denn ahnen können, daß so was passiert?« verteidigte sich Jeffrey. »Der Plan war nicht schlecht. Etwas sehr Merkwürdiges geht da vor. Das ergibt alles irgendwie überhaupt keinen Sinn, außer, daß die einzige Person, die mich hätte entlasten können, jetzt tot ist.« Jeffrey schauderte, als er an das grausige Bild dachte, wie Harding mit dem Loch in der Stirn zurücktaumelte.
»Jetzt müssen wir zur Polizei gehen«, sagte Kelly.
»Das können wir nicht.«
»Aber wir haben gesehen, wie ein Mann erschossen wurde!«
»Ich kann nicht hingehen, aber wenn du meinst, du müßtest es, dann geh«, sagte Jeffrey. »Nach allem, was ich bis jetzt erlebt habe, würde mich nicht wundern, wenn sie mir den Mord an Trent Harding auch noch anhängen würden. Das wäre dann der Gipfel der Ironie.«
»Was willst du tun?« fragte Kelly.
»Wahrscheinlich das, was ich schon vor ein paar Tagen tun wollte«, antwortete Jeffrey. »Das Land verlassen. Mich nach Südamerika absetzen. Jetzt, da Harding tot ist, bleibt mir wohl kaum was anderes übrig.«
»Laß uns zu mir fahren und die ganze Sache erst einmal in Ruhe überdenken«, schlug Kelly vor. »Wir sind jetzt beide nicht in der Verfassung, um so eine wichtige Entscheidung zu treffen.«
»Ich glaube nicht, daß wir zu dir zurückkönnen«, wandte Jeffrey ein. »O’Shea muß uns von deinem Haus aus gefolgt sein. Er muß wissen, daß ich bei dir untergeschlüpft bin. Ich denke, du setzt mich besser an einem Hotel ab.«
»Wenn du ins Hotel gehst, dann geh’ ich auch«, sagte Kelly.
»Bist du sicher, daß du noch immer bei mir bleiben willst, nach dem, was vorhin passiert ist?«
»Ich habe mir geschworen, diese Sache durchzustehen.«
Jeffrey war gerührt, aber er durfte sie nicht noch mehr in Gefahr bringen, als sie es ohnehin schon war. Gleichzeitig wünschte er sich nichts sehnlicher, als sie gerade jetzt in seiner Nähe zu haben. Sie waren zwar erst seit wenigen Tagen zusammen, aber schon jetzt wußte er nicht, was er ohne sie machen würde.
In einem Punkt hatte sie zweifellos recht: Er war im Moment nicht in der Verfassung, irgendeine Entscheidung zu treffen. Er schloß die Augen. Er war völlig mit den Nerven fertig. Zuviel war in den letzten Tagen auf ihn eingestürmt. Er war gefühlsmäßig total leer, regelrecht ausgebrannt.
»Wie wär’s, wenn wir raus aus der Stadt fahren und irgendwo in einem kleinen Gasthof absteigen?« schlug Kelly vor, als Jeffrey nichts sagte.
»Prima Idee.« Er war mit den Gedanken schon wieder bei der schrecklichen Szene auf der Bühne der Hatch Shell. Er erinnerte sich, daß O’Shea einen der beiden Männer erkannt hatte. Wie hatte er ihn noch gleich genannt? Richtig, Frank Feranno. Jeffrey vermutete, daß sie allesamt Kopfgeldjäger waren, die sich untereinander wie die Aasgeier um die fette Belohnung zankten, die auf seinen Kopf ausgesetzt war. Doch warum hatten sie Harding getötet? Das ergab keinen Sinn, es sei denn, sie hatten ihn ebenfalls für einen Kopfgeldjäger gehalten. Aber seit wann brachten sich Kopfgeldjäger gegenseitig um?
Jeffrey schlug die Augen wieder auf. Kelly bahnte sich mühsam einen Weg durch den Verkehr.
»Kannst du noch fahren?« fragte Jeffrey.
»Es geht schon«, antwortete Kelly.
»Wenn du Probleme hast, sag Bescheid, dann fahr’ ich.«
»Ich glaube, nach alldem, was du vorhin erlebt hast, solltest du lieber versuchen, dich zu entspannen«, erwiderte Kelly.
Jeffrey nickte. Dem konnte er nichts
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