Narkosemord
Versicherungsgesellschaft.«
Jeffrey dachte einen Moment nach. »Ich halte diese Idee für zu sehr an den Haaren herbeigezogen. Natürlich profitieren die Versicherungen von solchen Fällen, aber erst auf lange Sicht. Kurzfristig gesehen machen sie dabei Verluste, und zwar ganz gewaltige. Sie können die Verluste, die ihnen solche kostspieligen Regulierungen einbringen, erst sehr langfristig wieder reinholen, indem sie die Prämien für Ärzte erhöhen.«
»Aber letztendlich würden sie doch ihren Schnitt machen«, beharrte Kelly. »Und wenn Versicherungen von solchen Fällen profitieren, dann finde ich, sollten wir diesen Gedanken bei unseren Überlegungen zumindest im Hinterkopf behalten.«
»Na ja, ganz so abwegig ist er sicher nicht«, sagte Jeffrey skeptisch. »Ich möchte dich ja wirklich nicht gerne in deinem Gedankenflug bremsen, aber jetzt, da Harding von der Bildfläche verschwunden ist, sind das alles ohnehin nur noch rein akademische Fragen. Ich meine, wir haben noch immer keinerlei Beweise für irgendwas. Wir haben nicht nur keinen Beweis dafür, daß Harding der Täter war, wir können nicht einmal beweisen, daß überhaupt ein Toxin im Spiel war. Und so groß Seiberts Interesse an der Sache auch ist, es kann durchaus sein, daß wir nie einen Beweis kriegen.«
Jeffrey erinnerte sich an die Spritze, mit der Harding ihn auf der Bühne bedroht hatte. Hätte er in dem Moment doch nur genügend Geistesgegenwart gehabt, sie aufzuheben. Dann hätte Seibert eine ausreichende Menge für seine Tests. Aber Jeffrey wußte, daß er nicht so hart mit sich ins Gericht gehen durfte. Schließlich hatte er in dem Moment berechtigterweise schreckliche Angst gehabt, getötet zu werden.
Plötzlich fiel ihm Hardings Apartment ein. »Warum hab’ ich da nicht eher dran gedacht?« rief er aufgeregt und schlug sich an die Stirn. »Wir haben immer noch eine Chance, Hardings Beteiligung an den Morden und die Existenz des Toxins zu beweisen. Hardings Apartment! Irgendwo in der Wohnung muß das Zeug versteckt sein.«
»O nein, Jeffrey Rhodes«, stieß Kelly aus und schüttelte langsam den Kopf. »Sag mir nicht, du hast allen Ernstes vor, noch einmal in seine Wohnung zu gehen.«
»Es ist unsere einzige Chance. Laß uns da hinfahren. Diesmal brauchen wir uns ganz bestimmt keine Sorgen zu machen, daß uns Trent Harding in die Quere kommt. Und die Polizei taucht vor morgen ganz sicher nicht dort auf. Wir müssen noch heute nacht da rein. Je früher, desto besser.«
Kelly schüttelte ungläubig den Kopf, aber sie ließ den Wagen an und wendete.
Frank Feranno fühlte sich scheußlich. Was ihn betraf, so war das der schlimmste Abend, den er je erlebt hatte. Und dabei hatte er doch so vielversprechend angefangen. Er und Tony sollten zehn Riesen dafür kriegen, daß sie einen blonden Burschen namens Trent Harding wegpusteten und einen Doktor namens Jeffrey Rhodes in Tiefschlaf schickten. Danach brauchten sie nur noch zum Logan Airport zu fahren und den Doktor in einen wartenden Learjet zu setzen. Der Job würde ganz leicht sein, ein Kinderspiel, da der Bursche und der Doktor sich um halb zehn an der Hatch Shell auf der Esplanade treffen würden. Zwei Fliegen mit einer Klappe. Einfacher ging es wirklich nicht mehr.
Aber es war nicht so gelaufen wie geplant. Daß Devlin O’Shea plötzlich auftauchen würde, damit hatten sie wahrlich nicht rechnen können.
Feranno kam aus Phillips’s Drugstore am Charles Circle und stieg in seinen schwarzen Lincoln Town Car. Er klappte die Sonnenblende herunter und benutzte den Schminkspiegel, um die Schramme an seiner linken Schläfe mit dem Alkohol abzutupfen, den er gerade gekauft hatte. Es brannte höllisch, und er biß sich auf die Zunge. Devlin hätte ihn um ein Haar erwischt. Bei dem Gedanken, wie knapp er dem Tod entronnen war, wurde ihm jetzt noch ganz mulmig im Magen.
Er schraubte die Flasche mit dem Maalox auf, die er ebenfalls in dem Drugstore gekauft hatte, entnahm ihr zwei Tabletten und schluckte sie. Dann griff er zum Hörer seines Autotelefons und wählte die Nummer seiner Kontaktperson in St. Louis.
Es rauschte und knisterte ein wenig im Hörer, als sich die Stimme des Mannes meldete.
»Matt«, sagte Feranno. »Ich bin’s, Feranno.«
»Einen Moment«, bat Matt.
Feranno konnte hören, wie Matt seiner Frau sagte, er würde den Anruf im anderen Zimmer annehmen, und sie solle auflegen, sobald er den Hörer abgenommen habe. Eine Minute später hörte Feranno, wie Matt seiner
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