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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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war für ihn eine Quantité négligeable. Hier gehört Wein zu den täglich genossenen Lebensmitteln.«
    »Haben Sie eine Ahnung, ob sich Kirschner bereits endgültig aus der Wissenschaft zurückgezogen hatte oder ob er nach wie vor an etwas forschte?«
    »Darüber haben Paul und ich auch bereits gesprochen«, sagte Sina nachdenklich. »Aber ich halte es für das Beste, Sie unterhalten sich mit dem Vorstand des Instituts für Geschichte, Professor Wilhelm Meitner. Er war bis zuletzt ein alter und guter Freund Kirschners. Wenn jemand diese Frage beantworten kann, dann er.«
    »Ist Ihnen an Kirschner etwas aufgefallen? Wirkte er unruhig, nervös, worüber sprachen Sie beide?«, setzte Ruzicka nach.
    »Ich habe Kirschner zum ersten Mal seit langer Zeit wiedergesehen«, antwortete der Wissenschaftler, »und könnte es Ihnen nicht sagen, wenn er anders als sonst gewesen wäre. Es wäre mir einfach nicht aufgefallen.« Sina überlegte kurz. »Gesprochen haben wir vor allem über alte Zeiten, gemeinsame Bekannte an der Universität und unsere Abenteuer bei der Suche nach dem kaiserlichen Geheimnis Friedrichs III. im vergangenen Jahr. Meist habe ich erzählt und Kirschner hat zugehört.«
    Der Kommissar nickte. »Hatte eigentlich Professor Kirschner Sie eingeladen oder haben Sie mit ihm Kontakt aufgenommen?«
    Sina lächelte dünn. »Ich habe nun rund ein Jahr immer wieder von Professor Meitner vorgehalten bekommen, dass ich mich seit dem Ende meiner Studienzeit nie wieder bei Kirschner gemeldet habe. Steter Tropfen höhlt den Stein …«, gab der Mittelalterforscher achselzuckend zu. »Aber ich hatte das Gefühl, dass Kirschner und Meitner ständig in Kontakt standen, auch und vor allem privat.«
    Ruzicka sagte nichts und wartete.
    »Dann habe ich Kirschner angerufen und wir haben das Treffen heute – nein –«, Sina verbesserte sich, »gestern Abend vereinbart. Er schien irgendwie erleichtert gewesen zu sein, als der Termin feststand.«
    »Haben Sie jemanden rund um das Haus bemerkt, bevor Sie den alten Herrn verlassen haben?«, fragte Ruzicka und nahm seine Brille ab, um sie mit einem Taschentuch umständlich und ausgiebig zu polieren.
    »Nein, abgesehen von einem jungen Paar, das Hand in Hand durch den Garten schlich, niemanden. Aber die hatten bestimmt keinen Mord im Sinn …«
    »Und wie ich ihn kenne, ist Georg nach vier Viertel Wein nicht mehr wirklich in der Lage, genauere Beobachtungen anzustellen«, setzte Paul fort. Georg warf ihm einen indignierten Blick zu, Ruzicka unterbrach das Polieren seiner Brille und fixierte Wagner.
    »Was uns zu unserem rasenden Reporter bringt und seinem überraschenden Auftauchen am Tatort«, hakte der Kommissar sofort ein. »Der Liste der Anrufe auf Ihrem Handy habe ich entnommen, dass Professor Sina Sie wenige Minuten vor halb ein Uhr nachts angerufen hat. Wo waren Sie da?« Paul wurde klar, dass man Ruzicka keinen Augenblick lang unterschätzen durfte. Deshalb blieb er mit seiner Antwort so nah wie möglich an der Wahrheit und schilderte seine Fahrt und sein Eintreffen in Nussdorf, die Entdeckung der Leiche im Garten und die Ankunft der Polizei.
    Ruzicka sagte lange kein Wort. Er setzte seine Brille wieder auf, drehte sich wortlos um und trat aus dem Eingang des Wartehäuschens hinaus auf den kleinen Platz, wo er vor dem gemauerten weißen Kreuz stehen blieb, den Kopf zurücklegte und zu den geheimnisvollen Buchstaben hinaufschaute.
    Als Sina und Wagner zu ihm traten, meinte er leise: »Ich habe die Skizze auf dem Weinetikett gesehen und ich weiß, dass Sie nicht gleich die Polizei angerufen haben. Berner hat mir erzählt, wie Sie Motorrad fahren. Also waren Sie früher da, als Sie mir weismachen wollen, und haben sich im Haus umgesehen. Ich bin zwar alt, aber nicht völlig vertrottelt. Haben Sie irgendetwas gefunden? Und überlegen Sie sich gut, was Sie antworten …«
    Sina und Wagner schüttelten nur stumm die Köpfe.
    Als sich Ruzicka umdrehte, hatte er einen seltsamen Blick in seinen Augen, den der Reporter erst nicht deuten konnte. »Fahren Sie nach Hause, ich brauche Sie hier nicht mehr.« Die Handbewegung, mit der Ruzicka sie entließ, hatte etwas Resignierendes. »Die Spurensicherung arbeitet noch, aber der Gerichtsmediziner war bereits mit seinem ersten Befund fertig, als ich mich auf die Suche nach Ihnen gemacht habe.« Der Kommissar machte eine Pause, steckte die Hände in die Hosentaschen und ging mit gesenktem Kopf zwischen Paul und Georg hindurch in Richtung

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