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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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er sie im Halbkreis abstellte. Er zählte kurz nach und verglich die Zahlen mit einer Liste auf einem fleckigen Zettel. Noch war er sich nicht ganz klar darüber, wie viel Sturm und Federweißen er für den Verkauf abfüllen sollte. Er kratzte sich mit dem Bleistift am Kopf und dachte nach. Da klingelte sein Handy und grummelnd hörte er seiner Frau zu, die ihn zum dritten Mal ermahnte, endlich nach Hause zu kommen und die Arbeit für heute sein zu lassen. Er verzog das Gesicht und brummte zum Abschied noch etwas Unverständliches, dann legte er auf, knipste das Licht im Keller aus und machte sich missmutig auf den Heimweg. Vielleicht war es besser, darüber zu schlafen und die Entscheidung morgen zu treffen.
    Als er durch die Kellertür ins Freie trat, war die Nachtluft kühl, es roch ein wenig nach Moder und Wald. Er blieb kurz stehen, atmete tief durch und sperrte dann ab. Die einzelne Laterne der Außenbeleuchtung begann zu flackern und ging schließlich ganz aus. Ärgerlich hob er den Kopf und blickte nach oben. Da glaubte er, einen schwarzen Schatten über die Gleise huschen zu sehen.
    »Heda! Ist da wer?«, rief der Bauer laut und legte einen grimmigen Unterton in seine Stimme. »Verflixte Rotzbuben!« Er lauschte in die Nacht. Nur die Stille antwortete ihm. »Bestimmt schmieren sie wieder so ein Graffiti irgendwo hin. Fangen sich damit nur Ärger ein und werden doch nicht gescheiter …«, brummelte er halblaut. »Und diese Energiesparlampe hat auch keine zwei Monate lang durchgehalten. Moderner Firlefanz.«
    Der Mann im schwarzen Tarnanzug kaum zwanzig Meter entfernt sprang zurück in seine Deckung.
    »Hat er dich gesehen? Wenn ja, ist er fällig«, zischte der zweite, der im Gestrüpp neben den Schienen kauerte, eine große dunkle Tasche vor sich. Er holte, ohne zu zögern, eine Pistole mit Schalldämpfer hervor.
    »Und wenn schon«, beruhigte ihn der andere und legte ihm die Hand auf den Arm. »Hast du nicht gehört? Der hält uns für die rebellische Dorfjugend …«
    »… und wenn du deinen Mund hältst, vielleicht sogar für ein Reh. Die gibt es hier wie Laub an den Bäumen, habe ich mir sagen lassen. Es sind so viele, dass sie bei Tag und Nacht aus der Deckung kommen. Das Anfüttern für die Jagdgesellschaften hat sie vollkommen degeneriert«, flüsterte ein dritter aus der Dunkelheit. Die drei Männer blieben flach auf dem Bauch liegen und lauschten.
    Nach einigen Minuten hatte die Müdigkeit über das Misstrauen gesiegt und der Weinbauer machte sich auf den Heimweg. Seine dumpfen Schritte hallten im Viadukt wider, dann verloren sie sich im Dunkel der Nacht.
    Vorsichtig glitt eine der dunklen Gestalten an den Rand des Bahndamms und spähte über die Böschung auf die Straße hinunter. »Na bitte, da geht er hin. Geradewegs ins warme Bettchen«, kommentierte er sarkastisch. »Und du wolltest ihn schon umlegen und die ganze Überraschung damit verderben«, setzte er verärgert in Richtung seines Kameraden hinzu, der die Pistole wieder in seinem Kampfanzug verschwinden ließ.
    »Zwei heikle Aufträge in einer Nacht … Da kann man ja nervös werden, oder nicht?«, murmelte dieser und seine Hand verschwand wieder in der großen Umhängetasche. Dann zog er ein seltsam geformtes Päckchen heraus und wartete.
    »Nervös werden ist eines, die Mission gefährden das andere«, knurrte der größte der drei. »Wir haben heute nur noch das letzte von drei Paketen abzuliefern. Und wenn die Überraschungseier korrekt positioniert sind, kannst du dir von mir aus in die Hosen machen vor Anspannung und Müdigkeit, aber nicht vorher. Ist das klar, Soldat?«
    Keine Erwiderung war zu hören und die Gestalten huschten lautlos wie drei Gespenster über die Bahntrasse. Schließlich gingen sie in die Knie, gruben mit einem Klappspaten eine Grube in den Schotter und klemmten das erste Päckchen unter einer Nahtstelle der Schienen fest.
    »Wir sind nicht tot, weil wir schweigen!«, flüsterte der Anführer der drei kryptisch, und seine Augen glitzerten vor Begeisterung. Die anderen zwei sahen erst ihn und dann einander fragend an, wobei sie nur ihre rätselnden Blicke durch die Sehschlitze ihrer Gesichtsmasken wahrnehmen konnten. Sie dachten beide das Gleiche: Langsam wurde ihnen der Typ unheimlich.
    Als der vor dem Paket kauernde Mann einen Knopf drückte, ertönte ein Pfeifton und die Zahlen einer Digitalanzeige rasten über ein schwach erleuchtetes Display, bevor sie auf 3:00 stehen blieben und grellrot aufleuchteten. Fast

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