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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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der verbeulte Typ nicht einmal eine Kamera«, zischte Karla.
    Paul fixierte die Fernsehjournalistin und streckte seine rechte Hand aus. »Deal?«
    Irgendetwas im Blick Wagners sagte Karla, dass sie es nicht bereuen würde. Sie schlug ein. Dann drehte sie sich um, und an einen der Sicherheitsleute gewandt, keifte sie befehlsgewohnt: »Zeit im Bild! Live-Schaltung! Drei Journalisten, Licht, Ton, Kamera. Das Übliche. Lassen Sie uns durch! Wir sind spät dran.«
    Die Security gab den Durchgang frei. Aufatmend stürmten Georg, Paul und das Nachrichtenteam mehrere Stufen auf einmal nehmend die Treppe hinauf, dann über glattes Parkett und durch hohe Flügeltüren in die Räume des Bundespräsidenten.
    Wolfgang Ebner stand neben der großen, goldenen Prunkuhr vor den scharlachroten Tapisserien. Genau hier, an diesem Platz, hatte er vor zwei Jahren die letzte demokratisch gewählte Bundesregierung der Republik Österreich angelobt. So wäre er auch gerne den Menschen in Erinnerung geblieben. Auf den heutigen Auftritt hätte er nur allzu gerne verzichtet. Der Bundespräsident wirkte, trotz der mühsam professionell aufrechterhaltenen Fassade, blass, winzig und eingefallen im Scheinwerferlicht der Kameraleute. Blitzlichter zuckten, Auslöser klickten und in allen Sprachen Europas und der Welt tönten die Moderationen der Journalisten zu ihm herüber.
    Ein junger Mann mit tadelloser Frisur und im dunklen Anzug trat an ihn heran, übergab ihm ein Blatt mit dem vorbereiteten Wortlaut. Der Bundespräsident überflog die ersten Zeilen, verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf. »Das ist ein schwarzer Tag in der Geschichte Österreichs. Warum muss ausgerechnet ich …«, murmelte er. Am liebsten hätte er das Papier zerknüllt und dem Gecken vor die Füße geworfen.
    »Denken Sie an das Senfgas …«, raunte ihm der junge Mann lächelnd zu, der den Bundespräsidenten keine Sekunde aus den Augen ließ. »Sie werden jetzt den Nationalrat auflösen und den neuen Regierungsauftrag offiziell erteilen. Dann erfolgt Ihre formelle Abdankung und dann ist das Ende dieser Republik gekommen …«
    Ebner warf dem jungen Mann einen vernichtenden Blick zu. Zum ersten Mal sah er ihm dabei direkt ins Gesicht. »Moment, ich kenne Sie doch, Sie sind der Kabinettschef von …«, aber der junge Mann legte den Zeigefinger auf seine Lippen und deutete auf die hohe Flügeltür. »Es ist so weit, er kommt!«, brachte er den Bundespräsidenten zum Schweigen.
    Die weißen, goldverzierten Flügel schwangen auf und Finanzminister Manfred Wegscheider, makellos frisiert und mit einem triumphierenden Lächeln auf den Lippen, betrat samt seinem Gefolge den Saal. Überall im Raum standen Gewährsleute, die sofort enthusiastische Begeisterung mimten und als Claqueure fungierten. Applaus brandete auf. Wegscheider schien sogleich um zwei Köpfe zu wachsen und sonnte sich in den dargebrachten Ovationen und im Licht der Scheinwerfer.
    »Wer hätte das gedacht …«, flüsterte Sina und Wagner nickte stumm. »Der Vizekanzler und Finanzminister selbst. Jetzt bekommt er den Auftrag zur Bildung der Regierung, gleich darauf folgt die Vereidigung, seine Minister hat er ja praktischerweise gleich mitgebracht. Damit ist die Verfassungsänderung beschlussfertig. Bei seinen Umfrageergebnissen wäre eine Volksbefragung reine Formsache …«
    »Sieht ganz so aus …«, brummte Wagner. »Aber so einfach werden wir ihm das nicht machen, keine Angst.«
    Die zukünftigen Minister stellten sich in einer Reihe auf, an ihrer Spitze, neben dem Bundespräsidenten, Manfred Wegscheider, der seine Rolle als Bundeskanzler und Kaiser von Österreich zum Greifen nahe sah.
    Wolfgang Ebner begann zu sprechen. Die Worte kamen nicht leicht über seine Lippen. Seine Ansprache war bei Weitem nicht so flüssig, wie man es zu Neujahr von ihm gewohnt war. Wegscheider warf dem Staatsoberhaupt dafür einen tadelnden Blick zu. Bevor Ebner den »korrekten« Namen und sämtliche Titel des neuen Regierungschefs vorlesen konnte, stockte ihm vollends der Atem. Er musste sich räuspern. Das kann doch nicht sein Ernst sein, schoss es ihm durch den Kopf.
    Wegscheider begann beim Anblick des Bundespräsidenten, der sprachlos auf das Blatt in seiner Hand starrte, nervös auf und ab zu wippen.
    »Ach was! Wozu noch länger warten?«, fluchte Wagner laut. »Das ist doch eine Farce. Sie müssen das nicht tun, Herr Bundespräsident! Die Depots sind entschärft!«, rief Paul nach vorne und alle Augen richteten sich auf

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