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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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Treppe hinab und grölte unbeirrt fort:
    »Zwei Hörner hört man blasen
sie klingen hell und laut
da freut sich manche Mutter
da freut sich manche Braut
Sie warten vor den Toren
und alles man vergisst
denn jede hofft zu finden
was ihr am liebsten ist
Es flattert keine Fahne
kein Tambour schlagt den Streich
so ziehen sie zur Heimat
so müde und so bleich
Zwei Hörner hört man blasen
im dumpfen Trauerton
wir sind die letzten sieben
vom Jägerbataillon.«
    Dann riss er den Arm mit der Champagnerflasche hoch und fügte noch einen Schlachtruf hinzu: »Jawohl! Wir leben noch! Wir brunzen und wir scheißen, und pudern woll’n wir auch!«
    Das wiederum motivierte den Adjutanten zu einem neuerlichen Anlauf.
    »Bitte, Kaiserliche Hoheit, jetzt ist es aber wirklich genug … Der Kaiser hat ausdrücklich untersagt …«, stammelte der Adjutant und zwang diesmal den zappelnden Erzherzog in seine Uniformjacke.
    »Der Kaiser hat … Der Kaiser hat …«, äffte der Adelige ihn nach. Aber als er sich dem arretierenden Griff des Leutnants nicht mehr entziehen konnte, knurrte er:
    »Du gehst mir so was von auf die Nerven, du Moralapostel, weißt du das?«
    Der Adjutant war Kummer gewöhnt und nickte nur, ohne eine Miene zu verziehen. Er knöpfte die Jacke zu und vergaß gänzlich, dass sein Schützling keine Hose anhatte.
    Der Erzherzog warf entnervt den Kopf in den Nacken und trat nervös auf dem Stand. Da bemerkte er den amüsierten Blick des Thronfolgers und riss sich los, stürmte nur mit der Uniformjacke bekleidet durch den Raum und baute sich mit vorgerecktem Kopf vor Rudolph auf.
    »Was is, was schaust so deppert?«, fuhr er ihn an und nahm die Fäuste hoch, als ihn von hinten der alarmierte Adjutant ansprang und wie ein Ringer zu Boden riss.
    »Kaiserliche Hoheit, Majestät hat Schlägereien ausdrücklich untersagt«, stöhnte der Leutnant und setzte sich mit seinem ganzen Gewicht auf den heftig Widerstand leistenden Erzherzog. »Außerdem schauen Sie bitte, wer das ist, bevor Sie …«
    »Wer soll des scho sei?«, gurgelte der Halbnackte unter ihm. »Der Alte is net … Und alle anderen können mich am Arsch lecken! Die schieß ich über den Haufen …«, brummte der Wütende und kniff die Augen zusammen.
    »Nein, Otto, der Alte nicht, aber dafür der Junge …«, lächelte Rudolph und fügte hinzu: »Was für eine hübsche Singstimme du hast. Wir sollten dich für die Hofoper interessieren …«
    Der am Boden Liegende zog nochmals die Brauen zusammen und versuchte sein Gegenüber durch den Champagnernebel zu erkennen.
    »Jessas, der Rudi. Das ist aber eine Freude, dich hier zu treffen!«, rief Otto aus. »Lass mich los, du Kanaille!«, kommandierte er barsch seinem Adjutanten, der von ihm heruntersprang und sich den Schweiß abwischte. »Jetzt is der ganze Champagner verschüttet wegen dir, du Pfeifendeckel, du blöder … du Regimentstrottel«, schrie er ihn vorwurfsvoll an und dann noch lauter: »Der Otto hat Durscht, her mit dem Schampus!«
    Sofort eilte ein livrierter Kellner herbei, der auf einem Silbertablett einen wohlgefüllten Sektkübel und ein Dutzend Gläser brachte.
    »Die Becher kannst dir g’halten«, lallte der betrunkene Offizier, zog seinen Säbel und köpfte die Flasche Dom Perignon mit einem Hieb. Dann ließ er sich das überschäumende Nass in seine Gurgel und über seine Uniformjacke rinnen. Der Adjutant schaute Rudolph verzweifelt an und zuckte die Schultern. Otto setzte die Flasche ab und dachte kurz über die letzten Worte Rudolphs nach.
    »Aber ich bin doch eh andauernd in der Hofoper«, wunderte er sich und schwankte besorgniserregend. Der Adjutant sprang hinzu, um den Erzherzog aufzufangen.
    »Ja, aber nur um die Ballettratten zu vögeln«, murmelte Rudolph und hatte Angst, sein Cousin würde gleich der Länge nach hinschlagen. Er machte zwei große Schritte und stützte ihn.
    »Das, lieber Bolla, ist nicht ganz das, was ich meine …«, fügte er dicht am Ohr seines Gegenübers hinzu.
    Kurz starrte Cousin Otto ins Leere, dann lachte er auf und klopfte dem Kronprinzen mit der flachen Hand auf die Stirn.
    »Du hast den Kopf wirklich voller krauser Sachen. Der Alte hat recht, wir müssen dich ein bisschen ablenken und aus dem Studierstübchen ins Leben zurückholen …« Der Erzherzog hielt sich die Hand vor den Mund und rülpste. »Immer nur Politik und Naturwissenschaften machen dich noch schwindsüchtig …«
    »Danke, Er kann sich zurückziehen«, wandte sich der Thronfolger mit einem

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