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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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schmalen Lächeln an den jungen Offizier. »Ich übernehme ab hier den Flankenschutz unseres Vetters.«
    »Kaiserliche Hoheit haben keine Vorstellung, was …«, japste der Leutnant. Aber dann besann er sich, verstummte, salutierte und stand stramm vor Rudolph, der dem erneut strauchelnden Erzherzog unter die Arme griff.
    »Was hast denn den armen Burschen wieder anschauen lassen, Bolla?«, erkundigte sich Rudolph und wurde von dem strauchelnden Betrunkenen fast mitgerissen.
    »Moi?« Otto machte ein betroffenes Gesicht und schlug sich mit der Flasche an die Brust. »Nix! Ich schwör’s.«
    »Verzeihen aufs Gehorsamste, Kaiserliche Hoheit, aber der Erzherzog wollte schon wieder …«, schaltete sich der schwitzende Adjutant ein, einen hoffnungsvollen Unterton in der Stimme.
    »Gusch!«, bellte der Erzherzog und der Leutnant verstummte indigniert. »So ein Judas … Zefix!«
    Rudolph machte eine gebieterische Handbewegung und blickte den Adjutanten auffordernd an. »Was? Was wollte der Bolla schon wieder?« Er fixierte streng seinen Vetter, der dem Blick nicht standhielt.
    »Melde gehorsamst, der Erzherzog wollte einigen Herren seine schlafende Gemahlin zu Gemüte bringen«, rapportierte der Leutnant eifrig. »Er wollte ihnen zeigen, wie eine echte Nonne aussähe …«
    Rudolph presste mit Zeigefinger und Daumen sein Nasenbein und schüttelte den Kopf.
    »Schon wieder. Sag, wirst du überhaupt nicht gescheiter, Bolla? Lass doch die arme Maria Josepha endlich in Ruh«, sagte er ruhig.
    »Ach was, ich halte diese sächsische Betschwester nicht aus«, knurrte Otto und winkte ab. »Viel zu groß, viel zu fromm, viel zu deutsch. Blond und ungeschlacht, wie eine Melkmagd, nur ohne Witz …«
    Rudolph riss die Augen auf. Ein schlanker, blonder Mann raste laut kichernd in Frauenkleidern auf einem kleinen Wagen vorbei, von zwei nackten Jünglingen gezogen. Er schwang eine Kutschenpeitsche und schrie: »Holla! Holla!«
    »Servas, Luzivuzi! Na, hast recht a Hetz?«, brüllte Otto mit erhobener Champagnerflasche hinterher.
    »War das Onkel Ludwig Viktor?«, fragte der Kronprinz verblüfft und deutete ratlos dem seltsamen Gefährt hinterher. »Sollte der nicht …? Ich meine, der Kaiser hat doch …«
    »Ja, ja, hast ja recht, er sollte … aber warum soll man ihn nicht mal rauslassen …?« Otto zuckte mit den Schultern und machte plötzlich einen überraschend nüchternen Eindruck. »Hier wird ihm keiner eine runterhauen, wenn er Avancen macht. Im Gegenteil … Und wenn er mit Nackerten baden will, wer stört sich daran? Von hier dringt nichts nach draußen«, räsonierte der Erzherzog und hakte sich bei Rudolph ein.
    »Hier darfst du alles, was dir Spaß macht. Und der Alte wird’s nie erfahren.« Otto grinste verschwörerisch.
    »Mach dir keine Illusionen, der Vater … der Kaiser erfährt alles«, erwiderte Rudolph ernst. Sein Gesicht verfinsterte sich.
    »Drauf geschissen!«, grölte Otto und zog den Kronprinzen mit sich nach oben. »Lass dir von dem Korinthenkacker nicht die Laune verderben, Rudi. Während wir hier reden, quält sich dein Alter aus seinem Feldbett und lässt sich von einem Diener den Rücken im Badezuber schrubben. Was geht uns das an? Das Leben ist kurz!«
    Bolla klopfte dem Kronprinzen auf die Schulter und entrang ihm ein müdes Lächeln.
    »Wie geht’s deiner Mutter?«, erkundigte sich der Erzherzog.
    »Mama? Ich hab keine Ahnung, wo sie …« Rudolph verstummte kurz, »… wo die Kaiserin gerade ist. Wahrscheinlich auf Korfu«, ergänzte er dann.
    »Wenigstens die weiß, wie es geht …«, kommentierte Otto trocken. »Trotzdem ganz falsche Frage … Entschuldige!«
    »Ja, schon gut, Bolla. Du kannst ja nichts dafür«, erwiderte der Thronfolger resigniert.
    »Es ist doch zum kerzengerade in die Luft Scheißen!«, ereiferte sich Bolla. »Wir sind die reichste Familie in Europa, aber … – Bei allem Respekt! – … ihr habt doch alle einen Vogel!« Der Erzherzog packte Rudolphs Oberarme und schüttelte ihn durch. »Carpe diem! Leb den Tag, Rudi. Vielleicht schon morgen ist alles vorbei. Königgrätz war die erste Posaune …«
    »Vielleicht, Bolla.« Der Thronfolger entzog sich Ottos Griff, der wieder ziemlich sicher auf den Beinen stand. »Vielleicht auch nicht … Die Zeichen der Zeit können auch …« Rudolph hielt inne und sah sich vorsichtig um. »Vergiss es, Bolla. Es macht nichts. Aber, wo du grade vom Vögeln sprichst … Willst du dir keine Hosen anziehen?«
    »Nein, will ich nicht«,

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