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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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verzierten Wänden hingen seltene, kleinformatige Ölbilder.
    An Stehtischen und in eleganten Polstermöbeln standen und saßen Männer und Frauen unterschiedlichen Alters. Ihre Gesichter waren unter reich verzierten, venezianischen Karnevals- und Commediadell’Arte-Masken verborgen. Als die junge Frau mit einer einladenden Handbewegung Georg weiter bat, unterbrachen sie ihre Konversation und nickten ihm einen Gruß zu.
    Die Stumme brachte Georg über eine weiße Marmortreppe mit schwarzer Granitbalustrade in den ersten Stock und dann in einen Salon, wo sie ihm bedeutete, einen kurzen Moment an der Türe zu warten. Sie ging zu einer voll besetzten Sitzgarnitur und beugte sich zu einer blonden Frau hinunter.
    Die Dame im langen roten Abendkleid erhob sich sofort und kam direkt auf Georg zu. Ihre farblich auf das Kleid abgestimmte Maske hielt sie sich mittels eines goldenen Stabes vors Gesicht. Vor Georg angekommen, senkte sie ihre Hand und gestattete ihm so einen kurzen Blick auf ihr Gesicht.
    »Wie passend«, lächelte Georg sie an, »die Zeit vergeht, die Liebe bleibt.«
    »Das finde ich auch«, erwiderte Irina Sharapova. »Willkommen im Tempel der Lustbarkeiten«, ergänzte sie. Dann nahm sie seinen Arm und hängte sich bei ihm ein.
    »Komm«, hauchte sie und führte ihn über einen mit Rosenblüten bedeckten Marmorboden, auf dem in unregelmäßigen Abständen silberne Leuchter mit schwarzen Kerzen standen und ein gelbliches Licht spendeten.
    Die Vorhalle im ersten Stock der Villa lag im Halbdunkel, und doch konnte Georg die riesigen Ausmaße des Raumes erahnen. Hohe, klassizistische Säulen trugen die bemalte Decke. Vor jeder stand unbeweglich ein mit einer Moretta maskiertes, nacktes Mädchen, das eine kleine Fackel trug. Schatten irrlichterten durch die Halle und leise Klaviermusik bildete einen Klangteppich, dicht gewebt aus klassischen und modernen Melodien. Verführerisch und lasziv zugleich. Georg legte seinen Arm um Irina und wie aus dem Nichts stand plötzlich ein Kellner im Frack neben ihnen und bot mit einer eleganten Handbewegung Drinks an.
    »Ich glaube, daran könnte ich mich gewöhnen«, murmelte Georg Irina ins Ohr und tauchte in eine Wolke ihres schweren Parfüms ein, das ihn an ihr gemeinsames Erlebnis am Vormittag erinnerte.
    »Das sollst du auch«, erwiderte sie augenzwinkernd und reichte ihm ein schmales, hochwandiges Glas, in dem eine bernsteinfarbene Flüssigkeit goldbraun schimmerte. »Wenn ich mich recht erinnere, dann ist Hennessy Richard Cognac genau das Richtige für den fortgeschrittenen Abend.«
    »Wäre ich eine Katze, dann würdest du mich jetzt schnurren hören«, gab Georg zurück und blickte sich um. Das Einzige, das ihn jetzt noch störte, war die Maske, deren Sehschlitze sein Sichtfeld einengten.
    Irina schien seine Gedanken lesen zu können. »Du kannst sie leider nicht abnehmen, hier im Haus ist es Pflicht, sie zu tragen. Sie soll dich vor den neugierigen Blicken der Außenstehenden schützen und dient als Erkennungszeichen …« Sie zögerte und suchte nach den passenden Worten. »Wir sitzen alle im selben Boot. Der Einzelne tritt hinter der gemeinsamen Idee zurück, vereint uns zu einem Ganzen … Trotzdem liegt die Entscheidung bei dir.« Sie kicherte kokett.
    Im Hintergrund tanzten einige Paare zu der einschmeichelnden Klaviermusik und angesichts der eleganten Abendgarderoben war Georg erstmals froh über seinen schwarzen Anzug. Irina nahm ihn mit leichtem Druck am Arm und zog ihn weiter, weg von den Marmortreppen, über die bereits wieder neue Gäste in den ersten Stock strömten.
    »Wird das eine große Soiree?«, fragte er die Russin und Irina nickte.
    »Diese Abende werden regelmäßig abgehalten und die meisten der Gäste kennen sich seit langen Jahren. Sie haben oft auch im täglichen Leben miteinander zu tun. Man kennt sich, man schätzt sich und man schläft miteinander«, sagte Irina leichthin, »wenn auch nicht immer mit denselben.« Sie lächelte wieder und Georg fand, sie sah dabei bezaubernd aus.
    Die Mädchen vor den Säulen sahen aus wie griechische Göttinnen, makellos und unbeweglich. Der Schein der Fackeln skulptierte ihre Körper, und Schatten zeichneten jede Linie nach. Georg war fasziniert und erregt zugleich.
    »Wo kann man ein Dutzend so perfekter Geschöpfe auftreiben, die eine ganze Nacht lang als Lichtträgerinnen fungieren?«, fragte er Irina verwundert.
    »Das Reservoir an gut aussehenden Mädchen ist unerschöpflich«, lächelte sie und

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