Narrenspiel: Peter Nachtigalls dritter Fall (German Edition)
Abend klingelten, dachte ich ernsthaft, ich wäre nun eine Mörderin – eine Gattenmörderin, Giftmörderin. Es fühlte sich entsetzlich an – obwohl ich mir nichts sehnlicher gewünscht hatte als seinen Tod! Und während ich noch überlegte, wie Sie so schnell auf mich kommen konnten und die Brotreste im Müll verschwinden ließ, erzählten Sie eine ganz andere Geschichte. Und auf einmal dachte ich nur, ›was soll denn nun werden? Ich habe nicht einmal Geld, um morgen einkaufen zu gehen! Wir werden verhungern!‹ Was man für einen Blödsinn denken kann in so einem Moment.«
»Ich könnte Sie jetzt wegen versuchten Mordes verhaften, Frau Mehring.«
»Nein. Das können Sie nicht. Ich werde diese Geschichte kein zweites Mal erzählen – und beweisen können Sie gar nichts. Niemand weiß, was er mir alles angetan hat – ich werde aussagen, dass er ein guter Mann war, manchmal ein bisschen schwierig wie alle Männer. Ich habe jetzt die Chance, mein Leben zu genießen – und die werde ich mir nicht mehr nehmen lassen.«
»Und Ihre Söhne?«
Ihr Gesicht wurde weicher.
»Markus wird eine Jugendstrafe bekommen, nicht wahr? Er ist doch noch so unreif. Gut, er hat zwei Morde begangen – für den an seinem Vater wird man bedingt Verständnis aufbringen können, für den Mord an Rolf wohl eher nicht. Und eine Therapie wird ihn bestimmt heilen. Wenn er entlassen wird, kann er vielleicht neu anfangen, ohne diesen Neid und diese Eifersucht auf andere. Und Paul? Na, der wird seinen Weg gehen. Da habe ich keine Bedenken.«
»Wie kommen Sie nach Münster?«
»Meine Tante hat mir das Geld für die Reise und alles Weitere geschickt. Morgen breche ich auf – in ein neues Leben«, verkündete sie mit neuem Selbstbewusstsein.
Peter Nachtigall warf ihr einen kritischen Blick zu. Sie wird es nicht schaffen, dachte er, sie sucht schon händeringend nach der nächsten Abhängigkeit. Aber vielleicht würde diese Tante sie wenigstens gut behandeln.
Hin- und hergerissen zwischen dem schrecklichen Gefühl, einen Mörder laufen gelassen zu haben, und dem hoffnungsvollen Gedanken, dass diese Frau bestimmt nicht noch einmal versuchen würde, jemanden zu vergiften, weil die Tat ihrer Verzweiflung geschuldet war, fuhr Nachtigall nach Hause zurück.
Er tippte Connys Handynummer, doch erreichte wieder nur die Mailbox.
Jule war mit ihrem Traumprinzen am Ostseestrand auf Usedom – blieb ihm nur ein Nachmittag mit Casanova im Garten unter einem schattigen Baum. Seufzend bog er in seine Einfahrt.
Der Kater war wohl mit irgendeiner Katzenschönheit unterwegs, stellte er fast beleidigt fest. Alle hatten wohl beschlossen, sich von ihm fern zu halten – sonst kam er ihm zur Begrüßung immer entgegen, wenn er den Wagen parkte. Gut, dachte er trotzig, dann würde er sich eben allein in den Garten unter den Baum setzen, er war alt genug und konnte auch ganz gut allein sein. Und so würde er wenigstens zum Lesen kommen.
Vor der Haustür saß Conny, zu ihren Füßen lag Casanova, den Bauch in den Himmel gereckt und ließ sich kraulen.
»Conny!«
Erleichtert, glücklich, verliebt ließ sich der große Hauptkommissar neben ihr auf die Stufe plumpsen.
»Es tut mir leid – ehrlich. Ich habe mich einfach furchtbar dumm benommen. Aber ich bin von der Situation einfach überrumpelt worden«, sprudelte er hervor.
Sie schwieg und kümmerte sich um den ekstatisch schnurrenden Kater.
»So wie er kann ich es natürlich nicht zeigen!«, maulte Nachtigall leise, »Katzen haben Männern in dieser Beziehung etwas voraus!«
»Es würde auch nicht so wirken wie bei ihm, wenn du dich vor mir schnurrend herumwälzen würdest – aber es käme im Zweifelsfall auf einen Versuch an!«, lachte sie.
Sie sprach wieder mit ihm!
»Ich kenne da einen kühlen Platz in meinem Garten, wo wir das ausprobieren könnten«, schlug er vorsichtig vor, rappelte sich auf und streckte ihr seine Hand entgegen. Dabei entdeckte sie den Verband.
»Was hast du denn während der letzten Tage getrieben?«
»Das ist ein weites Feld!«, antwortete er mit Fontane und zog sie an seine Brust. Sie wehrte sich nicht, schmiegte sich an ihn. Nur der Kater grunzte vorwurfsvoll.
»Ich glaube, ich muss mich auch entschuldigen«, flüsterte sie. »Ich hätte nicht so biestig sein müssen. Kein Telefon, kein Wort. Aber eines muss ich dir sagen: Dass du nicht in meine Praxis geschneit bist, hat mir imponiert. Sogar in der Krise hast du dich an die Absprache gehalten!«
»Ich hatte
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