Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Narrenspiel: Peter Nachtigalls dritter Fall (German Edition)

Narrenspiel: Peter Nachtigalls dritter Fall (German Edition)

Titel: Narrenspiel: Peter Nachtigalls dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
Vom Netzwerk:
wünschen?«, fragte Nachtigall und wandte sich um. Wenn man sich nur so langsam bewegen konnte, schienen sich die Wege hinzuziehen. Das Büro war Lichtjahre entfernt.
    Verblüfft sah Skorubski ihm nach und fragte sich, wie das wohl gemeint war.

47
    Peter Nachtigall beschloss, Frau Mehring noch einen Besuch abzustatten, um ein paar Fragen, die ihm keine Ruhe ließen, zu klären.
    »Oh, da kommt der Mann, der mir meinen Sohn genommen hat!«, begrüßte sie ihn und warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
    »Ihr Sohn hat sich Ihnen selbst genommen.«
    »Vielleicht haben Sie recht«, räumte Sie nach einigem Zögern ein.
    Überrascht registrierte er die veränderte Atmosphäre im Haus. Musik spielte und war so laut, dass man sie sicher in allen Räumen hören konnte, Evergreens aus den Achtzigern, Balladen. Die Vorhänge waren von den Fenstern verschwunden und hell fiel das Licht in die Räume.
    »Tja – wo setzen wir uns?«
    »Sie haben schon so gut wie alles ausgeräumt?«
    »Ja. Ich werde dieses Haus sowieso verlassen, egal, was am Ende mit der Anfechtung der Testamentsbestimmungen wird. Ich habe hier die unglücklichsten Jahre meines Lebens verbracht – es wird sich alles zum Guten wenden.«
    Sie trug die Haare hochgesteckt, was sie jünger und ihr Gesicht offener wirken ließ. Die Augenbrauen waren nachgezogen, die Wimpern getuscht und ein Hauch Rouge belebte ihre blassen Wangen. Ein fröhlich buntes Kleid erweckte den Eindruck von Leichtigkeit und Ausgeglichenheit.
    »Gehen wir in den Garten?«, schlug sie vor und brachte sogar ein Lächeln zustande.
    Nachtigall nickte.
    »Die Sachen werden alle abgeholt. Ich persönlich habe kein Interesse an Erinnerungsstücken an Hans-Jürgen oder meine Ehe. All das wird schon morgen hinter mir liegen!«
    So eine rasche Wandlung – wie war das nur möglich. Gerade noch hatte sie schluchzend beim Notar gesessen ohne Hoffnung für die Zukunft und nun das!
    »Sie sehen so erstaunt aus, Herr Nachtigall.«
    Die Hollywoodschaukel stand noch am alten Ort und sie setzten sich.
    »Nun ja. Ich hatte gedacht, Sie würden länger brauchen, um über all das hinwegzukommen«, räumte er ein.
    »Ich glaube, es war bei der Testamentseröffnung. Als ich ihn so fies grinsend all diese schrecklichen Dinge sagen hörte. Ich kam hierher zurück und wusste, ab jetzt würde ich mein Leben selbst in die Hand nehmen müssen und es sollte ein schöneres Leben werden. Als Erstes zog ich die schwarzen Sachen aus. Ich trauere nicht um ihn. Dann fing ich damit an, seine Kleidung in Säcke zu verpacken und vor die Tür zu stellen. Mit jeder Hose, jedem Hemd, jeder Unterhose ja jeder Socke wurde mir leichter ums Herz. Bei den Möbeln hat mir der Sohn eines Nachbarn geholfen, den ich einfach angesprochen und darum gebeten habe. Dafür hätte Hans-Jürgen mich früher sofort bestraft.«
    »Wohin werden Sie gehen?«
    »Zu einer Tante von mir in Münster. Sie hat ein großes Haus und sehnt sich nach Gesellschaft. Eine Arbeit irgendwo in einem Haushalt werde ich schon finden.«
    »Frau Mehring – ich glaube, Sie wissen, warum ich hier bin.«
    »Nein, es ist doch alles geklärt. Markus hat den grauenvollen Mord gestanden. Gut, ich habe ihn vielleicht gedeckt – ich habe früher als Sie geahnt, dass er etwas damit zu tun haben könnte. Leider hat er viel von seinem Vater – er sollte eine Chance zu einer Therapie bekommen.«
    »Warum?« Ihre neue sachliche Art zu sprechen war für Nachtigall gewöhnungsbedürftig.
    »Diese Jacke. Er hatte sie aus dem Altkleidercontainer. Ich weiß das, weil die Jacke früher Bartel gehört hat. Als er eine Sturm-und-Drang-Periode hatte. Ich habe ihn oft hier vorbeiradeln sehen und musste immer wegen der Jacke lachen. Er sah aus, als sei er mit Gas gefüllt.«
    »Ihr Sohn wird sich auch wegen Mordes an Rolf Bartel vor Gericht verantworten müssen.«
    »Wie?« Ihre Gelassenheit verschwand.
    »Bartel hat seine Jacke auf dem Video erkannt und er wusste, dass Ihr Sohn sie inzwischen besaß. Er rief bei Markus an und versuchte ihn zu erpressen. Sie trafen sich am Mühlbach und Markus erschlug Rolf Bartel mit einem Baseballschläger.«
    »Er hat also zwei Menschen getötet? Kaltblütig. Das macht mir Angst, aber wenn Sie das mit dieser Überzeugung sagen, haben Sie sicher schon genug Beweise?«
    Nachtigall überlegte, ob sie vielleicht regelmäßig ein Beruhigungsmittel einnahm. Bisher hatte sie schon bei weniger dramatischen Ereignissen heftiger reagiert. Sie wirkte entrückt, so,

Weitere Kostenlose Bücher