Narrenspiel: Peter Nachtigalls dritter Fall (German Edition)
gebrochen, bis jeder Widerstand gewichen war.«
»Und niemand hat es gemerkt?«
»Was soll sich jemand dabei denken, wenn die Frau des Hauses um Mitternacht von ihrem Mann geweckt wird. Das Bett sei voller Spinnen, beklagte er sich, darin könne er unmöglich schlafen. Ich habe eine Arachnophobie, krankhaft übersteigerte Angst vor Spinnen. Er stand neben dem Bett mit einem Eimer in der Hand. So schnell konnte ich gar nicht schreien und aus dem Bett springen, wie sich die Viecher überall verteilten. Er hatte den ganzen Eimer ins Bett gekippt und sah mir grinsend dabei zu, wie ich versuchte zu entkommen. Die Schlafzimmertür war abgeschlossen. Es blieb mir nur, die Bettwäsche irgendwie abzuziehen, während die Tiere an mir hochkrabbelten, und sie aus dem Fenster zu werfen. Danach habe ich Stunden gebraucht, um sie zu fangen, zu töten, von meinem Körper zu wischen. Es war grauenvoll. Und er stand währenddessen an den Türrahmen gelehnt da und lachte mich schallend aus. Ich bezog das Bett neu und er legte sich zufrieden schlafen. Mein Tag aber begann – die Kinder brauchten ihr Frühstück, sie hatten Schule. Den ganzen Tag beschimpfte er mich dann, es wäre eine Schande, mit einer solchen Frau verheiratet zu sein, die aussähe wie ein bleiches Wischtuch und außerdem den Haushalt nicht in den Griff bekäme, denn es tummelten sich unzählige Spinnen in unserem Schlafzimmer.«
»Und da ist Ihnen nie der Gedanke gekommen, ihn zu verlassen, seine Drohung zu ignorieren?«
»Nein. Ich war sehr jung und hatte nicht viel Ahnung vom Eheleben. Ich fürchte, eine Zeit lang habe ich gedacht, sein Verhalten sei in Ordnung und ich müsse an mir arbeiten, damit sich keine Angriffsfläche bot. Aber das war unmöglich. Wenn sich keine bot, schuf er sich eine.«
»Sie haben von seinem Ehebruch gewusst, nicht wahr?«
»Ja. Er kam eines Tages nach Hause und zerrte mich ins Schlafzimmer, ließ die Hose runter und sagte mir, er habe vor wenigen Minuten mit einer anderen geschlafen. Es sei so ein wunderbares Erlebnis gewesen – mit mir mache ihm Sex ohnehin nicht so richtig Spaß, ich sei eben zickig. Er habe beschlossen, mich an seinem Erlebnis teilhaben zu lassen. Das bedeutete: Er packte mich, drückte mich auf die Knie, fasste meine Haare, drehte mir den Kopf in den Nacken und schob mir den Penis tief in den Rachen, damit ich den Geschmack der anderen spüren sollte. Natürlich würgte ich, aber das gefiel ihm.«
»Da haben Sie beschlossen ihn umzubringen.«
»Kann sein. Vielleicht war dieser Gedanke auch schon früher da – wirklich an Mord gedacht habe ich, als er mir von Rosemarie erzählte. Da ist in mir irgendetwas zersprungen und ihn zu ermorden erschien mir plötzlich für uns alle die beste Lösung.«
»Wie sind Sie an das Gift gekommen?«
»Diese Firma, ach ja, Rattex. Haben Sie Herrn Kleber schon kennen gelernt? Na, dann kennen Sie sich jetzt mit den Gefahren, die von Schadnagern ausgehen können, bestens aus. Sie strichen das Gift aus oder zerbröckelten es. Damit ich nicht aus Versehen selbst mit dieser Substanz in Berührung kommen würde, zeigten sie mir jedes Mal, wo genau die Köder lagen. Immer, wenn mein Mann eine Tour selber fahren musste, ging ich raus und kratzte das Gift ab, sammelte es ein, hob es auf. Ich durfte nicht zuviel wegnehmen – sonst würde es für die Ratten nicht reichen – und Rattex hat die Ködermenge an den Auslegestellen täglich überprüft. Da mein Mann stöberte, war es schwierig für mich, es zu verstecken. Also bewahrte ich es in einer Gewürzdose in der Küche auf. Da es rötlich war, in einer Paprika-Chili-Dose. Er schöpfte keinen Verdacht. Dann bat ich ihn darum, ein neues Rezept für sein Brot ausprobieren zu dürfen – er wollte ja nur selbstgebackenes. Nach einigem Hin und Her stimmte er zu und ich mischte beim ersten Mal nur echte Paprika und Chilischoten in den Teig. Er war begeistert, er liebte Paprika und Chili und von uns aß das keiner. Paul ist sogar allergisch gegen Paprika und Markus mag den Geschmack nicht. Ich brauchte deshalb nicht zu befürchten, dass sich einer an diesem Brot vergreifen würde – es war ideal. Das Brot wurde leicht rötlich und durch die Feuchtigkeit des Gemüses blieb es in der Mitte ein wenig weicher. Ich fing an das Rattengift in den Teig zu rühren und er bemerkte überhaupt nichts. Aber es tat sich auch nichts. Er blieb am Leben und schikanierte mich weiter. Ich mischte von nun an in jeden neuen Teigansatz Gift. Als Sie an dem
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