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Narrenspiel: Peter Nachtigalls dritter Fall (German Edition)

Narrenspiel: Peter Nachtigalls dritter Fall (German Edition)

Titel: Narrenspiel: Peter Nachtigalls dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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den Rängen lassen die Zuschauer ihren Gefühlen freien Lauf, bewerfen Spieler, zünden Feuerwerkskörper an, prügeln. Die Cottbuser Fans, oder was sich so nennt, sind nicht zimperlich.«
    »Es ist eben ein archaisches Spiel. Der wahre Fan passt immer auf, damit die Sache nicht ausufert«, startete Nico Lobedan einen Rettungsversuch und wischte sich seine schweißfeuchten Hände, wie er hoffte unauffällig, an den Oberschenkeln ab.
    »Vor und nach dem Spiel ist ein großes Polizeiaufgebot vonnöten, um eine direkte Auseinandersetzung zwischen den Fangruppen zu vermeiden. Abgesehen von den immensen Kosten, die wir Steuerzahler dafür aufbringen müssen und die sinnvoller in die Bildung geflossen wären – haben Sie sich je gefragt, was für Vorbilder Brüder und Väter dabei abgeben?«
    Lobedan zog die Schultern ein wenig hoch und dachte unglücklich, dass solche Statements den meisten Zuschauern von LTV wohl nicht gefallen würden. Dieses Gespräch konnte mit Sicherheit nicht zur Deeskalation beitragen.
    »Also geht es Ihrer Sekte um Gewaltverzicht?«, versuchte er einen neuen Anlauf.
    »Ja, auch. Ein gesunder Geist weiß, dass Gewalt kein Mittel der Auseinandersetzung sein darf.«
    Innerlich seufzte der Moderator auf. Das war sicheres Terrain. Viele Menschen sahen das genauso. Er erlaubte sich einen kurzen Moment der Entspannung.
    »Gewaltverherrlichende PC- oder Internetspiele, Ballerspiele, sind schon vor Jahren in Verruf gekommen. Jeder weiß, wie jugendgefährdend sie sind, und doch wird so gut wie nichts dagegen unternommen. Schon kleine Kinder töten am PC lustvoll virtuelle Gegner – das kann eine Gesellschaft nicht ernsthaft gutheißen!«
    Pauls Stimme zitterte merklich. Und ehe Nico Lobedan es verhindern konnte, hatte der junge Mann den steifen Körper einer toten Katze aus der Plastiktüte gezogen und hielt sie anklagend in die Kamera.
    »Nur Menschen, deren Verstand verdummt und verroht ist, kommen auf die perverse Idee, meinen Kater Claudius zu ermorden und ihn mir auf den Fußabtreter zu legen!«
    Tränen des Schmerzes und des Zorns schimmerten in seinen Augen.
    »Wir Mind Watchers sind gegen jede Form von Gewalt gegen Mensch und Tier! Es wird Zeit, dass diese Gesellschaft ihre Fehler erkennt und umkehrt!«
    Ein lautes Surren bezeugte ein weitergehendes Interesse der Kamera, die offensichtlich näher heranzoomte.
    »Woher wollen Sie denn wissen, dass Ihr Kater ermordet wurde? Vielleicht hat auch nur einer der Nachbarn ihn tot aufgefunden und Ihnen vor die Tür gelegt.« Nico Lobedans Stimme schwankte bedenklich.
    »Nein. Es lag ein Zettel dabei«, antwortete Paul Mehring schlicht. »Er steckte unter dem Draht, mit dem er erdrosselt wurde.«
    Mit zitternden Fingern hielt er ein kleines, rot-weiß gestreiftes Blatt Papier hoch, auf dem stand:
     
    Wenn du nicht aufhörst,
    bist du als Nächster dran.
     
    Das sind doch die Farben von ›Energie Cottbus‹, registrierte Nico Lobedan, tröstete sich aber sofort mit dem Gedanken, dass das ja nicht unbedingt etwas bedeuten musste.
     

3
    Sonntag
     
    Ein großes Polizeiaufgebot bemühte sich, die feindlichen Lager auf Abstand zu halten. Durch ihre Spezialkleidung wirkten die Beamten aufgeplustert und bewegten sich wie große, tapsige Bären mit Helm und Schild. Sie waren auf einen Routineeinsatz eingestellt, wie an jedem Spieltag, doch am Stadion angekommen erkannten sie schnell, dass es diesmal nicht nur darum ging, die Fans in Schach zu halten. Die neue Sekte war auch mit von der Partie.
    Die blaugrüne Einheitstracht der Mind Watchers ließ die Gruppe größer erscheinen, als sie tatsächlich war, und dieser Eindruck verstärkte sich noch, als sie begannen, ihre Transparente zu entrollen und in Sprechchören die Fans zum Verzicht auf den Besuch des Spiels aufforderten.
    »Gebt euren Kindern ein besseres Vorbild!«
    »Fußball verdummt!«
    »Keine aggressiven Spiele!«
    »Hände weg vom Alkohol!«
    »Lesen bildet!«
    Der Einsatzleiter Norbert Hannemann warf einen entnervten Blick auf die Bilder, die die Stadionkameras auf seine Monitore übertrugen. Nervös kniff er sich in sein langes, etwas vorstehendes Kinn und strich sich dann eine schweißnasse, dunkelbraune Haarsträhne aus dem schmalen Gesicht. Tiefe Falten zogen sich von den Nasenflügeln zu den, jetzt bei Stress zuckenden, Mundwinkeln. Na, das konnte ja heiter werden. Ausgerechnet bei einem Pokalspiel. Ostderby: Da brodelte es im Stadion ohnehin und die Polizei konnte erfahrungsgemäß erst

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