Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Narrenspiel: Peter Nachtigalls dritter Fall (German Edition)

Narrenspiel: Peter Nachtigalls dritter Fall (German Edition)

Titel: Narrenspiel: Peter Nachtigalls dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
Vom Netzwerk:
blieb abrupt stehen. Er sah Nachtigall direkt ins Gesicht und sagte: »Meine Mutter bringt niemanden um!«
    »Hat Ihr Bruder Ihnen noch nichts von dem Gift erzählt?«
    »Nein. Er rief nur an, um mir von Großvaters Unfall zu berichten. Wir haben uns schon lange nicht mehr viel zu sagen.«
    »Schade, meinen Sie nicht?«
    »Er lebt sein Leben und ich meins. Vielleicht werden wir eines Tages auf der Straße aneinander vorbeigehen und uns nicht einmal mehr erkennen. Er ist für mich genauso wenig zu verstehen wie mein Vater. Manchmal habe ich den Eindruck, mein Bruder lebt gar nicht in dieser Welt. Und manchmal mache ich mir herbe Vorwürfe: Ich bin sein älterer Bruder – ich hätte ihn nicht sich selbst überlassen dürfen.«
    »Weil Ihr Vater ein Sadist war?«
    »Sagt Markus das? Gut möglich, ja. Vielleicht war mein Vater ein Sadist.«
    »Haben Sie ihm das Gift gegeben?«
    »Nein!«, er warf Nachtigall einen empörten Blick zu.
    »Wer dann?«
    »Sie sind die Polizei! Finden Sie’s raus. Ich muss jetzt zu einer Sitzung.«
    »Sie haben mir nichts von den Drohbriefen erzählt, den Mord an Ihrer Katze verschwiegen – wer weiß, was Sie mir jetzt eigentlich dringend noch erzählen sollten!«, mahnte Nachtigall eindringlich.
    »Das ist wahrscheinlich Ihre ganz persönliche Berufskrankheit. Sie müssen lernen zu akzeptieren, dass die Menschen Ihnen nicht immer alles verraten! Sonst wird Ihre Arbeit zu einfach!«, spöttisch verzog Paul das Gesicht.
    Damit ließ der Mind Watcher Nachtigall stehen und hastete zu seiner Wohnung zurück.
     
    Bei Conny brannte kein Licht. Nur die Außenbeleuchtung, die auf seine Bewegungen reagierte, schaltete sich ein, als er klingelte. Der Rest des Gartens blieb im Dunkel. Trübsinnig trottete Peter Nachtigall zu seinem Auto zurück und schob sich hinter das Lenkrad. »Und nun, Herr Hauptkommissar?«, fragte er sich, »was wirst du als Nächstes unternehmen?« Träge fischte er ein belegtes Baguettebrötchen aus einer Papiertüte, biss ohne Appetit ab und spülte mit einem Schluck Mineralwasser nach. Wo konnte Conny nur hingegangen sein? Er lächelte bei dem Gedanken, sie könnte, genau wie er, in ihrem Auto sitzen und dabei das Haus in Sielow im Auge behalten, um herauszufinden, ob er seine Ex nun vor die Tür gesetzt hatte oder nicht. Vielleicht biss sie jetzt auch gerade von einem Brötchen ab. »Quatsch«, wies er sich zurecht. Conny war sicher noch beim Sport oder saß mit Freunden im ›Mosquito‹ am Altmarkt, war fröhlich und lachte.
    Peter Nachtigall versuchte, Bildern den Zutritt zu seinem Bewusstsein zu verwehren, die ihm Conny an der Seite eines anderen zeigen wollten, mit dem sie sich über die letzte Enttäuschung mit Kriminalhauptkommissar Nachtigall hinwegtröstete, aber es gelang ihm nur schlecht.
    Müde lehnte er den Kopf gegen das Seitenfenster. Ob Birgit wenigstens daran gedacht hatte, Casanova zu füttern? Sein letzter Gedanke galt der Frage, ob der Kater wohl Charakter genug haben würde, sich von Birgit fern zu halten – oder ob er jetzt schnurrend bei ihr lag und sich von ihren Fingern kraulen ließ. Hatte ihn selbst der Kater verraten und verlassen? Ein wenig ratlos registrierte er, dass ihm der haarige Hausgenosse fehlte. Normalerweise saßen sie um diese Zeit im Wohnzimmer auf der Couch und Casanova genoss das Gespräch mit seinem Hauptkommissar. Und nun saß er, Peter Nachtigall, hier einsam in seinem Auto und hatte überhaupt niemanden zum Reden.
    Dann schlief er ein.

27
    Paul Mehring hatte darüber nachgedacht, die Sitzung heute einfach abzusagen. Jeder hätte dafür Verständnis gehabt, schließlich war sein Vater ermordet worden und sein Großvater lag nach einem Mordanschlag im Krankenhaus. Die Polizei hielt auch ihn für gefährdet, hatte ihm sogar Polizeischutz angeboten, was er abgelehnt hatte. Doch dann beschloss er seine Kameraden, die gerade jetzt eine schwere Zeit durchmachten, jetzt nicht auch noch ohne Führung sich selbst zu überlassen. Allerdings kam er sich hier auf dem relativ einsamen Parkplatz sehr verwundbar vor und zögerte das sichere Auto zu verlassen. Nach einer Weile riss er sich zusammen und stieg schwungvoll aus. Sein Kopf schmerzte und bestrafte ihn für die schnelle Bewegung. Die Gehirnerschütterung brachte sich immer wieder in Erinnerung und er tastete vorsichtig über das inzwischen violett und grün verfärbte Auge. Das Pflaster von der Stirn hatte er abgelöst und nun war die leuchtend rote Strieme deutlich zu sehen. Vier

Weitere Kostenlose Bücher