Narrenspiel: Peter Nachtigalls dritter Fall (German Edition)
Gift macht sie natürlich verdächtig. Wenn sie von seinem fortgesetzten Ehebruch wusste, verstärkt das die Motivlage zusätzlich«, bestätigte Nachtigall. »Haben wir eigentlich die Rechnung einer Firma Rattex in den Geschäftsunterlagen der Spedition gefunden?«
»Die Unterlagen haben wir schon wieder nach Kahren zurückgebracht. Moment mal.« Michael Wiener rollte zu seinem Schreibtisch und tippte etwas ein. »Hier ist es schon. Es gibt eine solche Firma. In Sachsendorf. Aber du glaubst nicht, dass die Ehefrau ihn erstochen hat«, stellte er fest.
»Es fällt mir jedenfalls schwer, das zu glauben. Um die Rattenvernichter kümmere ich mich morgen.«
»Und wie sieht es mit Paul Mehrings Motiv aus? Er war jähzornig – aber das allein reicht nicht aus, um ihn als Verdächtigen auf die Liste zu setzen«
»Der Vater erklärte ihm, ein echter Mann zeuge seine Nachkommen selbst. Ein echter Mann übernähme keine Kinder von anderen. Vielleicht unterstellte er ihm sogar, er sei nicht in der Lage, selbst für Nachkommenschaft sorgen – das hat der Bruder allerdings nicht so deutlich erwähnt. Und wir gehen davon aus, dass Paul annehmen musste, der eigene Vater habe seine Katze ermordet und ihm vor die Tür gelegt. Vielleicht war das der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.«
»Das ist ja interessant. Ein echter Mann zeugt ...«
Emile wurde vom Klingeln des Telefons unterbrochen.
Peter Nachtigall nahm das Gespräch an.
Das Team konnte beobachten, wie sein Gesicht immer blasser wurde und sich Schreck und Betroffenheit in seinen Zügen ausbreitete.
»Was?!«
»Wie ist das passiert?«
»Und wo genau, an welcher Ecke?«
Er bedankte sich und legte auf. Dann stützte er seinen schweren Körper mit ausgestreckten Armen auf dem Tisch ab und erklärte:
»Wilhelm Mehring liegt im Krankenhaus. Er wurde vor ungefähr drei Stunden dort eingeliefert und liegt jetzt auf der Intensivstation. Die Anruferin ist eine Bekannte von ihm, die sich während seiner Abwesenheiten immer um die Blumen kümmert und den Anrufbeantworter abhört. Wilhelm Mehring wurde von einem Unbekannten an der Haltestelle Stadthalle vor die Straßenbahn gestoßen!«
26
Peter Nachtigall saß im Wagen und starrte durch die Windschutzscheibe. Er konnte sich nicht entschließen den Motor zu starten und genoss die Abgeschiedenheit und das Alleinsein. Hier auf dem Parkplatz vor der Polizeiwache Bonnaskenplatz konnte er wenigstens in Ruhe über seinen Fall nachdenken, ohne dauernde Störungen. Warum sollte jemand Wilhelm Mehring umbringen wollen? Er hatte doch mit der Spedition nichts mehr zu tun. Auch die Salmonellenvergiftungen fielen nicht mehr in seine Verantwortung. Warum also?
Weil er der Vater dieses Mannes war, der Frauen sexuell genötigt hatte? War der Täter der Auffassung, er hätte seinen Sohn besser erziehen müssen und sei deshalb mitschuldig? Nachtigall fragte sich betroffen, ob er den Anschlag nicht hätte verhindern können, wäre er aufmerksamer gewesen.
Heute Abend konnte er nichts mehr tun, aber für morgen war er mit der Anruferin von vorhin verabredet. Traudl Hoffmann. Ein Team der Spurensicherung würde ihn begleiten und sollte es einen Drohbrief zu finden geben, dann würden sie ihn auch finden, schwor er sich. Dr. März hatte den Durchsuchungsbeschluss schon unterzeichnet, er knisterte bei jeder Bewegung in seiner Brusttasche. Bei seiner Nachfrage im Krankenhaus hatte er nur erfahren, Wilhelm Mehring sei schwer verletzt und nicht bei Bewusstsein, müsse zudem künstlich beatmet werden. Er hatte seine Nummer hinterlassen und man versprach ihm, ihn anzurufen, falls sich am Zustand des Patienten etwas ändere.
Die Nachfrage bei den Kollegen, die als Erste am Unfallort eingetroffen waren, hatte ergeben, der Verletzte sei noch ansprechbar gewesen, erklärte, ein junger Mann habe ihn angesprungen und dabei sei er vor die ankommende Bahn gestürzt. Danach verlor er das Bewusstsein. Der Fahrer konnte nicht befragt werden, er stand unter Schock, weitere Zeugen gab es nicht. Andere wurden erst auf das Geschehen aufmerksam, als der Mann schon auf den Schienen lag.
Ein Mord im Stadion und nun ein Anschlag auf offener Straße. Offensichtlich fürchtete der Täter nicht, entdeckt zu werden. Nachtigall seufzte und legte die Arme über das Lenkrad. Markus und Paul Mehring wirkten nicht ängstlich, als er ihnen klar zu machen versucht hatte, sie seien eventuell auch in Gefahr. Polizeilichen Schutz hatten sie abgelehnt.
Warum will
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