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Narrentod

Titel: Narrentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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der Jäger gesiegt. Hat im Wechselspiel Beat Dummermuth als erlegtes Wild klein beigeben müssen ?« , frage ich.
    Und mein Assistent mutmaßt: »Hätte er in einer nächsten Runde dann nicht genauso gut zum Jäger werden können ?«
    »Schon denkbar. Was hat sich hier bloß für eine makabere Treibjagd abgespielt ?«
    Ich rolle die Lippen nach innen und nicke mit dem Kopf, als wollte ich auch die Gedanken ins Rollen bringen.
    »Erzähl weiter, Jüre. Mal sehen, ob sich eine Lösung abzeichnet .«
    »Um 7.30 Uhr findet auf dem Rathausplatz die erwähnte Fahnenübergabe statt. Ein kurzer Umzug beendet den Auftritt der Kadettenmusik am Vormittag .«
    »Jüre, bitte nur, was den Fulehung betrifft .«
    »Für den geht’s jetzt richtig los. Er rennt und jagt die Jungmannschaft kreuz und quer durch die engen Gassen der oberen und unteren Hauptgasse, über den Rathaus- und Mühleplatz und durchs ganze Bälliz hinunter .«
    Ich unterbreche meinen Assistenten erneut. »Hast du das alles vom Stadtarchivar ?«
    »Nein, aus dem Internet, sorry. Hatte noch keine Zeit für ein Treffen .«
    »In fünf Jahren wird seine Stelle ohnehin durch einen Wikipedia-Administrator ersetzt«, scherze ich.
    Der Archivar würde mich für diese Bemerkung vermutlich bei lebendigem Leib in Leder einbinden, mit einer Doppelnull versehen und im allerhintersten Kellerloch verstauben lassen.

12

     
    Jüre liest in rasendem Tempo die relevanten Textpassagen vor, gerade so, als würde er höchstpersönlich vom Teufel gejagt.
    »Unerwartete Richtungswechsel des Narren sorgen für panikartige Tumulte. Gekreische und Gejohle mischen sich in einer wilden Hetzjagd, der der Fulehung aber in unregelmäßigen Abständen geschickt zu entkommen weiß. Er verschwindet in den Altstadthäusern, um sich zu erholen. Anschließend stellt er sich in ein offenes Fenster hoch über den Köpfen der wartenden Menge und wirft ihnen Süßigkeiten zu. Das ist die freundliche Seite seiner Rolle .«
    »Gut. Jetzt zum Hysterischen«, fordere ich Jüre auf.
    Die Kellnerin schrammt an unserem Tisch vorbei. Bevor sie für weitere endlose Dekaden aus unserem Einflussbereich entschwindet, bestelle ich »Nochmals dasselbe«. Sie packt mit einer Hand wortlos unsere leeren Gläser, ohne uns auch nur eines Blickes zu würdigen, und hastet weg. Ist halt viel los.
    Jüre berichtet weiter. »Bis es jeweils so weit ist, dass er Naschereien verteilt, skandiert die laute Meute vor den vermeintlichen Verstecken des Narren: ›Fu-le-hung, Fu-le-hung, Fu-le-hung !‹
    Nicht immer erscheint er aber an den Fenstern derjenigen Häuser, in denen er vermutet wird. Nicht immer wird die Menge besänftigt .«
    »Richtig. Das gefällt mir an ihm. Er verarscht seine Verfolger«, erinnere ich mich mit unverhohlener Schadenfreude.
    »Das sieht sein Mörder bezüglich unserer Verfolgung hoffentlich nicht genauso .«
    Ich schaue Jüre nur verduzt an.
    Er berichtet weiter: »Er nutzt geheime Durchgänge, unbekannte Seitengässchen und inoffizielle Querverbindungen, um der wartenden Horde das eine Mal in den Rücken zu fallen und sie das andere Mal vergeblich warten zu lassen. Während er vielleicht längst schon im Fenster eines Gebäudes steht, durch dessen Hintereingang er gar nie verschwunden ist. Voilà. Das wär’s«, schließt Jürg Lüthi sein Blitzreferat.
    »Botz Heimatland«, lobe ich meinen Angestellten. »Das hast du ja rasanter vorgetragen als die telegene Wetterfee des Schweizer Fernsehens ihre schlechten Prognosen für die nächste Woche .«
    Jüre lehnt sich zurück, trinkt und nimmt das Lob gelassen entgegen.
    »Übrigens erinnert mich die Sache mit der Täfelitour an eine Episode aus meiner Jugend .«
    »Erzähl«, fordert mich Jüre auf. Er kennt mich. Ich warte nur darauf.
    »Ich hatte als Teil der jugendlichen Horde stundenlang den Gehörnten gejagt und wartete jetzt mitten in der Menschenmenge vor der Confiserie Steinmann auf Süßigkeiten. Tatsächlich zeigte sich wie erhofft der Fulehung in einem Fenster der ersten Etage. Er stellte sich waghalsig auf das Fensterbrett und begann aus einem großen Jutesack Bonbons über die wartende Meute auszustreuen. Nach jedem Wurf entstand unten auf der Gasse ein wüstes Gerangel. Die Wartenden versuchten, Schleckzeugs zu erhaschen. Auch ich reckte immer wieder meine Arme wie eine durstige Blume in die Höhe. Bisher allerdings vergeblich. Entweder flog der süße Hagel nämlich in eine ganz andere Richtung, oder er verfehlte meinen Standort in der

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