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Narrentod

Titel: Narrentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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ich fest, »am Hinterkopf prangt ein dunkler Blutfleck .«
    Hauptmann Geissbühler nickt. »Vermutlich Schädelbruch.«
    »Was meinen Sie? Trug er die Maske noch, als er erschlagen wurde ?« , frage ich.
    »Eher ja. In der Maske hatte Dummermuth ein eingeschränktes Sehfeld. Dem Täter wurde der Angriff dadurch erleichtert«, erklärt Geissbühler.
    Ich versuche mir den Tathergang vorzustellen: Der Fulehung tritt ahnungslos ins Haus, deponiert in aller Ruhe Schyt und Söiplatere auf dem Blumentischchen und wendet sich dann nach rechts, um die Treppe zur Garderobe hinunterzusteigen. In dem Moment tritt der Täter aus einem der Schulzimmer von hinten an ihn heran. Er schnappt sich das Schyt vom Tischchen, holt aus und schlägt zu. Der arglose Narr wird völlig überrumpelt. Nach mehreren harten Hieben geht er zu Boden. Unglücklicherweise stürzt er dabei vornüber und fällt die Steintreppe hinunter. Fragt sich jetzt nur: Waren bereits die Schläge tödlich oder bricht er sich beim Sturz das Genick? Der Gerichtsmediziner wird es uns sagen. Der Mörder macht sich anschließend keine Mühe, die Tatwaffe verschwinden zu lassen, sondern lässt sie einfach zu Boden fallen und haut unerkannt ab.
    Oder wird er allenfalls doch gestört? Gibt es eventuell Zeugen? Ist zur Tatzeit sonst noch jemand im Haus? Entsprechende Abklärungen sind unumgänglich.
    »Und das Schyt ?« , erkundige ich mich weiter.
    »Ist ziemlich sicher die Tatwaffe«, antwortet der Hauptmann.
    »Ja, ich weiß. Aber, wo befindet es sich jetzt ?«
    »Bereits im Labor.«
    »Aha. Was denken Sie, Herr Geissbühler? Braucht es viel Kraft, um mit diesem Holzstock jemanden zu töten ?«
    »Nein. Wenn man dumm preicht, nicht. Jeder könnte damit einen Menschen erschlagen .«
    »Hm. Und mit so was jagt unser Stadtidol seit Menschengedenken die lieben Kinderlein ?«
    »Bisher gab es meines Wissens keine ernsthaften Verletzungen«, entgegnet der Hauptmann.
    »Der Holzstock ist aber schon umstritten. Haben Sie Frau Murers Artikel im Tägu gelesen ?«
    »Pha, diese Hostess. Die kann man doch nicht ernst nehmen. Die braucht Publicity für die nächsten Stadtratswahlen. Das ist alles«, ereifert sich Geissbühler.

5
    Ich mache eine kurze Denkpause und schaue zu Jürg Lüthi, der die ganze Zeit wortlos danebengestanden hat. Der strohblonde Hüne mit den blauen Augen und der gut proportionierten Figur erinnert an ein schwedisches Fotomodell. Beneidenswert. Das Gejammer über seine Kondition: rein akademisch. Er trägt Bluejeans, weiße Turnschuhe, ein enges, weißes T-Shirt mit V-Ausschnitt und einen schwarzen Leinenkittel. Er gehört glücklicherweise zu jenen Männern, die sich nichts auf ihr Äußeres einbilden. Seit sieben Jahren prallen die schmachtenden Blicke der hiesigen Frauenwelt von ihm ab. Seit ebenso vielen Jahren hält er treu zu seiner lieben Gattin. Bei so viel Treue und Perfektion ist man geradezu darauf erpicht, doch irgendwo einen Makel zu entdecken. Bisher allerdings ohne Erfolg. Bei Jüre sucht man vergeblich nach verschwiegenen Seitensprüngen, heimlichen Abenteuern und halbseidenen Episoden.
    Er steht einfach da. Ganz bescheiden und unauffällig. Unter dem linken Arm trägt er eine schwarze Kunstledermappe mit Notizblock wie ein Jusstudent im dritten Semester. In der rechten Hand hält er einen billigen Kugelschreiber, dessen Schreibmine er ab und zu heraus- und hineinschnellen lässt. Trotz dieses Klickens und der eindrücklichen Körpergröße des Verursachers passiert es mir regelmäßig, dass ich vergesse, Jüre in die Gespräche einzubeziehen. Ihn scheint das weniger zu stören als mich. Jetzt weist er wortlos mit dem Kopf zur Leiche und schaut mich dazu fragend an.
    Ich wende mich an den Hauptmann: »Können Sie uns bitte einen Blick auf die Leiche werfen lassen ?«
    »Kein Problem. Wachtmeister Stucki, entfernen Sie bitte die Folie .«
    Der Angesprochene steigt die Treppe hinunter, bückt sich, packt die Plache und zieht sie mit einem einzigen, eleganten Ruck hoch, wie ein Matador die rote Muleta. Und da liegt das Opfer in einer Blutlache. Ein eigenartiger Anblick. Ein berührender Augenblick. Stille herrscht.
    Jetzt verstehe ich Rüfes Rührung, als er mir am Telefon den Vorfall geschildert hat. Auch Jüre schluckt leer. Nicht nur unser Fulehung, nein, ganz Thun liegt am Boden!
    Beat Dummermuth hängt kopfunter in der Linkskurve. Er steckt in einem hellbraunen Kostüm, das aus zwei Teilen besteht, einer langärmligen Jacke und einer langen

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